Schulbücher – in der BRD und in der DDR

5552.jpgDaß gerade Schulbücher immer ein ideologisches Werkzeug der jeweils herrschenden Klasse sind, ist allgemein bekannt. Und da gibt es eben – insbesondere was das politische Grundwissen anbelangt – zwischen Kapitalismus (BRD) und Sozialismus (DDR) große Unterschiede. Ohne Wissen sind die Arbeiter wehrlos; ein ungebildetes Volk läßt sich leichter regieren. Und so ist es nicht verwunderlich, daß auch die heutige Bourgeoisie als herrschende Klasse nichts mehr fürchtet, als ein gebildetes Volk. Denn ein Volk, das heute die Ursachen seiner Ausbeutung und Unterdrückung begreift, ist auch ein Volk, das sich zu wehren versteht. Was also kann durch das bürgerliche Bildungswesen anderes herauskommen, als ein ungebildetes Volk…

Gesellschaftliche Veränderungen müssen erkämpft werden

Doch die wichtigsten Erfahrungen und Erkenntnisse kommen aus der Praxis. „Die Aufklärung“, schrieb schon 1845 der frühe Kommunist Wilhelm Weitling, „hat gar nichts für uns errungen in politischer Beziehung, außer durch Revolution, und immer erst nach der Revolution wirkte die Aufklärung. Alle Länder, alle ohne Ausnahme, verdanken ihre Freiheit der Revolution. Die Aufklärung auf friedlichem Wege ist eine Illusion; was erstrebt werden soll, setzt sich nur im Kampf durch.“ [1] So hatten Staat und Kirche in allen bisherigen Klassengesellschaften nichts wichtigeres im Sinn, als die Volksmassen in Unkenntnis zu halten. Selbst die (bürgerliche) Intelligenz ist darin befangen. Das änderte sich erst 1917 mit der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution. Bekanntlich gab es in keinem anderen Land der Welt einen höheren Bildungsstand als in der Sowjetunion. Denn dort hatte die Arbeiterklasse die Macht. Die Sowjetunion war einst eine gebildete Nation.

Die volksverdummende Wirkung der Schulbücher in der BRD

In einem dieser Lehrbücher für die Sekundarstufe wird die heutige Wirtschaftsordnung so erklärt: Der Zusammenbruch der realsozialistischen osteuropäischen Länder habe die soziale Marktwirtschaft zu einer alternativlosen Form der Wohlstandserzeugung gemacht. Deren Überlegenheit sei wohl in der Fähigkeit begründet, wirtschaftliche Freiheit mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Der Wettbewerb sei der Motor des Wirtschaftens und führe zu einer Leistungssteigerung, zu hohen Wachstumsraten, zu Geldwertstabilität. Und das bringe der arbeitenden Bevölkerung letztlich einen so hohen Lebensstandard ein. Der Staat müsse nur dann und wann eingreifen, um zu krasse Vermögensunterschiede durch Umverteilung auszugleichen, das Sozialversicherungssystem auszubauen und die Vermögensbildung zu fördern. … [2] Soweit, so falsch!

Wenn man sie schon nicht überzeugen kann, so sucht man sie doch zu verwirren…

Mehr wirklichkeitsverzerrende Falschaussagen lassen sich auf diesen wenigen Zeilen wohl kaum unterbringen. Von Karl Marx erfährt man beispielsweise, daß die positive Aufhebung des Privateigentums die „Aufhebung aller Entfremdung“ bedeute – eine wahrlich treffende Zitatenwahl. Oder vom Philosophen Kant liest man, daß aus einem so krummen Holze, woraus der Mensch gemacht sei, nun ja doch nichts ganz gerade gezimmert werden könne. Mit schulamtlich verordneten Rollenspielen, saloppen Redensarten und Scheinargumenten, mit einer Vielzahl von Tabellen, Karikaturen und Zitaten wird hier Objektivität und Wissenschaftlichkeit vorgegaukelt, welche aber auch nirgendwo im Buch vorhanden ist. Nicht einmal ansatzweise. Was hier den Schülern zugemutet wird, das ist demagogisch und verlogen bis ins Mark. Immerhin handelt es sich hier um ein Lehrbuch, welches für die höheren Schulen bestimmt ist! Und nach der Lektüre des Textes wird der kluge Schüler aufgefordert, ein Mindmap-Schema zu erstellen, um so die „pluralistische Demokratie“ zu ergründen. Was soll man dazu sagen… Von Manipulation war in diesem Blog insbesondere hier schon ausgiebig die Rede.

In der DDR gab es andere Schulbücher – bessere!

Nicht nur bessere (und damit ist nicht die Papierqualität gemeint!): es waren wissenschaftlich erarbeitete und pädagogisch wertvolle Schulbücher. Und sie waren leicht verständlich und erschwinglich*. In einem Staatsbürgerkunde-Lehrbuch der DDR für die 9.Klasse von 1985 liest man zum gleichen Thema (Wirtschaftsordnung) folgendes [3]:
Stabü1985
„Marx und Engels untersuchten die Bedingungen der Arbeit der Menschen und die Beziehungen, die sich daraus zwischen ihnen ergeben, nicht so oberflächlich. Sie haben diese Verhältnisse gründlich analysiert und im Kommunistischen Manifest ihre Erkenntnisse zusammengefaßt. In den kapitalistischen Ländern gibt es eine kleine Gruppe von Menschen, die Besitzer der wichtigsten Produktionsmittel sind. Das sind die Kapitalisten. Rohstoffe, Material, Maschinen, Werkzeuge, Gebäude usw. gehören ihnen. Ohne Produktionsmittel kann niemand etwas herstellen. Deshalb bleibt die Masse der arbeitsfähigen Menschen, die keine Produktionsmittel besitzen, nichts anderes übrig, als zu den Besitzern der Produktionsmittel zu gehen und ihre Arbeitskraft, d.h. ihre Fähigkeit zu arbeiten und Werte zu schaffen, anzubieten und zu verkaufen. Sie arbeiten und erhalten dafür Lohn oder Gehalt; davon leben sie. Man nennt sie Lohnarbeiter oder Proletarier. Die Eigentümer der Produktionsmittel verfügen, weil ihnen die Produktionsmittel gehören, auch über die Lohnarbeiter. Die Klasse der Lohnarbeiter ist ökonomisch gezwungen, sich der Kapitalistenklasse unterzuordnen.“ [4]

Die Sklaven soll man nicht erkennen…

Und noch eine andere Tatsache ist bemerkenswert: „Als einmal im römischen Senat der Antrag eingebracht wurde, allen Sklaven eine besondere Kleidung zu geben, damit man sie besser von den Freien unterscheiden könne, sprach man sich gegen den Antrag aus, weil man befürchtete, die Sklaven könnten sich dadurch ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit bewußt werden.“ [5]

Und hier ist die Erklärung:
Mit der Manipulierung wird schließlich das Volk vollständig zum Objekt des Machtstrebens der Monopole verurteilt. Nicht mehr nur in der ökonomischen und politischen Sphäre ist der Mensch Objekt der Ausbeutung und Unterdrückung. Nunmehr ist er auch in seinem Denken und Fühlen wie niemals zuvor Objekt einer ihm fremden Macht. Ihm wird somit jede Möglichkeit auf Wahrnehmung seiner persönlichen Integrität, Subjekt des Geschehens zu sein, abgesprochen. Nicht zufällig nimmt die Kategorie „Anpassung“ eine zentrale Stelle in der gegenwärtigen bürgerlichen Philosophie, Soziologie, Psychologie, in Verhaltens- und Motivforschung ein. Es geht um die Formung des voll an die staatsmonopolkapitalistischen Verhältnisse Westdeutschlands angepaßten Bundesbürgers. Das Ziel ist erreicht, „wenn die prägende Matrize als gewünschte Matrize empfunden wird“ [6].

Quellen:
[1] Wilhelm Weitling, geäußert in der Londonder Diskussion 1845. Nach: Max Nettlau, Londoner deutsche kommunistische Diskussionen, in: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, 10.Jg., Leipzig 1925, S.373.
[2] vgl. Sozialkunde – Politik in der Sekundarstufe, Paderborn, 2003, S.174f.
[3] Staatsbürgerkunde, Volk und Wissen Volkseigener Verlag, Berlin, 1985, S.29.
[4] ebd. S.30f.
[5] A.W.Mischulin, Spartacus – Abriß der Geschichte des großen Sklavenaufstandes, Volk und Wissen Volkseigener Verlag, Berlin, 1952, S. 22.
[6] Manipulation, Die staatsmonopolistische Bewußtseinsindustrie, Dietz Verlag, Berlin, 1968, S.41.

* ein Staatsbürgerkundebuch für die 9.Klasse kostete in der DDR beispielsweise 1,85 M – das ist soviel wie etwa heute ein Liter Benzin…

Siehe auch:
Über die Sklaverei
Das einheitliche sozialistische Bildungssystem der DDR
Antikommunistische Manipulierung der Schuljugend in der BRD
Das beste Bildungssystem der Welt

3 Gedanken zu “Schulbücher – in der BRD und in der DDR

  1. Hier ist eine Frage offen: Die Schulbücher die Sie vergleichen, stammen aus dem Jahr 2003 und 1968. Ist durch die große zeitliche Distanz dieser Vergleich nicht sehr schwierig? Was mich aber direkt zur nächsten Frage führt. Aufgrund einer wissenschaftlichen Arbeit vergleiche ich Schulbücher aus der DDR und BDR. Jedoch fällt es mir schwer ein westliches Gegenbeispiel zu dem Buch “ Staatsbürgerkunde Einführung in die marxistisch-lenistische Philosophie, Dietz Verlag Berlin 1988 “ zu finden. Vielleicht wissen sie ja weiter?
    Ich würde mich freuen!

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  2. Das ist richtig, N.B. – zeitliche Distanz führt immer zu einer gewissen „Verschiebung“. Doch es ist anzunehmen, daß sich die heutigen Schulbücher der BRD nur unwesentlich von den damaligen unterscheiden, denn die bürgerliche Ideologie u. Methode ist dieselbe geblieben. Staatsbürgerkunde gab es in der BRD nicht, denn es bestand – ebenso wie heute – nicht das geringste Interesse, daß die Schüler und Staatsbürger das Wesen des Kapitalismus und die Grundlagen des dialektischen und historischen Materialismus begreifen. Letzteres wäre die Voraussetzung zum Verständnis der Geschichte gewesen. Während in der DDR grundsätzlich über Gesellschaftswissenschaft unterrichtet wurde, wirkt heute der Sozialkundeunterricht verwirrend. (Verwirrend sind übrigens auch andere Schulfächer.)
    Siehe auch: Das einheitliche sozialistische Bildungssystem in der DDR

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