Helmut Preißler
DIE MENSCHLICHKEIT
hat nur Gewicht,
wenn sie die Macht
der Unmenschen bricht.
Jahrtausende Hohngelächter,
in dem Märtyrer verdarben.
Und immer die Salven der Schlächter,
in denen die Duldenden starben,
und immer die Härte, die leicht
das Wehrlose, Weiche zerstört,
die Demut, die nichts erreicht,
die Bitten, die keiner erhört,
und immer ein Unten und Oben,
und die Untren gekrümmt im Leid,
und immer loben die Obren
der Getretenen Friedfertigkeit,
und sie raten: Die andere Wange
halt hin, wenn dich einer geschlagen!
Und sie nehmen die in die Zange,
die verzweifelt den Widerstand wagen.
Bei jedem Volkserheben
hört man Erbarmen! sie Schrein.
Die niemals Pardon gegeben,
mahnen nun, milde zu sein.
Und so wird das Menschlichsein
zur Krücke für Unmenschlichkeit,
und so wird mildes Verzeihn
zur Quelle für neues Leid,
Die Menschlichkeit
hat nur Gewicht,
wenn sie die Macht
der Unmenschen bricht.
Quelle:
Helmut Preißler: Erträumte Ufer, Gedichte, Verlag Neues Leben Berlin, 1979, S.33.
Foto: Wolfgang Gregor (ebd.)
Genosse Norbert, vielen Dank.
Sag den hast Du auch gekannt: Helmut Preißler war doch der Dichter vom Bezirk Frankfurt (Oder). Verse von ihm begleiten u.a. auch die Neuauflage (1979) des Bildbandes Land am Strom der Freundschaft.
Mit sozialistischen Gruß,
Nadja
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Nee, gekannt hab‘ ich ihn nicht, aber ich achte ihn sehr!!!
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Genosse Norbert,
Sag den hast Du auch gekannt: So hieß früher der Titel von Poesiealben. Diesen wurden nur von junge Mädchen geführt.
Schönes Wochenende,
Nadja
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Hallo zusammen,
H. Preißler war im Bezirk Frankfurt/Oder und darüber hinaus eine Institution als Lyriker und in der 60-gern auch als Leiter des Zirkels schreibender Arbeiter. In meinem Bücherschrank müßte sich noch eine Broschüre aus der Zeit befinden „Sieh, das ist unser Tag“.
Meine Mutter war jedes mal begeistert, wenn sie wieder aus Eisenhüttenstadt in unser Dörfchen zurückkam – der Abend in diesem Zirkel gab ihr viel Zuversicht – und machte ihr Mut, sich nicht nur mit Worten und Gedichten, kleinen Artikeln für den „Neuen Tag“ aber auch Kurzgeschichten für den „Guten alten Mond“ (der Gute-Nacht-Sendung für Radio-hörende Kinder in dieser Zeit)in dieser Gesellschaft zu engagieren.
H. Preißler hat sich nach der vKonterrevolution nicht verbiegen lassen – doch war er von vielen sog. Freunden und mehr von sog. Genossen nicht nur enttäuscht….
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Wie wahr, wie wahr und mehr denn je aktuell in dieser Zeit!!!
Ich bin begeistert und danke für den Beitrag – H. Preißler war und ist mir zwar ein Begriff (Frankfurt/Oder war für viele Jahre auch meine Heimatstadt), aber diese herrlichen Zeilen kannte ich bislang noch nicht.
Herzliche Grüße vom Wuhletal!
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Auch dieses Buch fand ich in einem Bücherhaufen. Man findet nicht mehr allzuviele wirklich gute Bücher (Weltliteratur), doch H.Preißler gehört bald dazu. So winzig, wie so ein Gedicht oft ist, so schwer wiegen seine Worte. Genial!
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