Der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag (1939)

SowjetunionEs heißt, Stalin habe Hitler den Weg zum Krieg gebahnt und mit den Nazis zusammen Polen zerstückelt, so eine allbekannte These der Antikommunisten. Betrachten wir diese Behauptung anhand der geschichtlichen Tatsachen, der Dokumente und Zeugenaussagen, die es natürlich gibt, die von den bürgerlichen Apologeten jedoch verschwiegen werden. Dazu ist es jedoch unabdingbar, die Probleme der jeweiligen Zeit und die Entwicklung verschiedener historischer Ereignisse näher zu beleuchten, bevor man einzelne konkrete Fragen behandeln kann.

Die Vorgeschichte

Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre beutelte eine schwere Wirtschaftskrise alle großen kapitalistischen Länder. Der wachsenden Unruhe der Werktätigen begegneten die Herrschenden mit einem Kurs der verschärften Unterdrückung, der verstärkten Ausbeutung und des Kampfes um die Umverteilung der Einflußgebiete der einzelnen Mächte. Die aggressivsten Kräfte waren die offen faschistischen Diktaturen Deutschland, Italien und Japan, die sich im sogenannten Antikominternpakt, der sich gegen die Sowjetunion richtete*, zusammenschlossen. In anderen Ländern hatten breite Volksbewegungen Erfolge erzielt. In Spanien gab es eine Republik, in Frankreich eine Regierung der Volksfront, in den USA das Reformregime des “New Deal” des Präsidenten Roosevelt. Und es gab die UdSSR, das einzige sozialistische Land der Welt. Anzeichen für einen großen Krieg waren nicht zu übersehen. Italiens Überfall auf Abessinien schon 1935, die Intervention Deutschlands und Italiens gegen die spanische Republik 1936, Japans Überfall auf China im Jahre 1937, die Annexion Österreichs und des Sudetenlandes durch Deutschland 1938.

Stalin: Unsere Außenpolitik ist klar!

Am 26. Januar 1934 hatte J.W. Stalin in seinem Bericht an den XVII. Parteitag der
KPdSU( B ) die Außenpolitik der UdSSR wie folgt dargelegt: “Unsere Außenpolitik ist klar. Sie ist eine Politik der Erhaltung des Friedens und der Verstärkung der Handelsbeziehungen mit allen Ländern. Die UdSSR denkt nicht daran, irgendjemand zu bedrohen, und erst recht nicht, irgendjemand zu überfallen.” (1)
StalinStalin

Entsprechend dieser Politik schloß die UdSSR in den dreißiger Jahren Nichtangriffspakte mit Italien und Frankreich, mit Finnland und Polen, mit der Tschechoslowakei, Rumänien und Jugoslawien und anderen Ländern ab. Die Beziehungen zu den USA wurden wieder aufgenommen. Japan weigerte sich, und Probleme gab es auch mit England, das in jenen Jahren das Zentrum der Politik der Feindschaft gegen die UdSSR war.

Die Machtansprüche Großbritanniens

Der Kurs der Hardliner der Konservativen Partei wurde bestimmt durch Politiker wie Neville Chamberlain und Lord Halifax, die 1937 die Führung der englischen Regierung übernahmen. Der sowjetische Botschafter in London, I.M. Maiski, charakterisierte diese führenden Kräfte der englischen Politik wie folgt: “Aus abgründiger Feindschaft gegen die Sowjetunion war die Cliveden-Clique kategorisch gegen die Schaffung einer Dreierbarriere zum Schutze der britischen Positionen vor den faschistischen Aggressoren und verfiel auf die nach ihrer Ansicht ,glückliche Idee’, Deutschland und die UdSSR aufeinander zu hetzen, um dann, nachdem sich diese beiden Mächte in einem grausamen Krieg verblutet haben, Europa einen für Großbritannien günstigen Frieden zu diktieren.” (2)

Der demagogische Begriff “Hitler-Stalin-Pakt”

Und so, wie der Kriegsdrang Hitlers immer deutlicher wurde, so klarer wurden auch die unterschiedlichen Positionen der UdSSR auf der einen und vor allem Englands, aber auch Frankreichs und der USA auf der anderen Seite. Unter diesen Bedingungen entstand der Nichtangriffspakt zwischen der UdSSR und Deutschland, der stets einer der Hauptpunkte der westlichen Propaganda gegen die Sowjetunion im Allgemeinen und gegen Stalin im Besonderen war. Nicht ohne Grund wählen sie dabei den demagogischen Begriff “Hitler-Stalin-Pakt”, der nach Lesart der Antikommunisten Hitlers Freibrief für den Krieg gewesen sei und zugleich eine Urkunde zur erneuten Aufteilung Polens zwischen zwei “Diktatoren”.

Über die Bedeutung des Nichtangriffsvertrages

Wie kam es zu diesem Nichtangriffspakt, was bedeutete er, was hatte er für Konsequenzen? Zugeständnisse an die faschistischen Staaten von Seiten Englands, Frankreichs und den USA und der Versuch dieser Staaten, Deutschlands Aggressionsdrang in Richtung Osten zu lenken, kennzeichneten die damalige Situation. Das Münchner Abkommen vom 29. September 1938 ist dafür der eindeutige Beweis. Ohne jemanden zu fragen beschlossen Hitler, Mussolini, Chamberlain und Daladier, daß die Tschechoslowakei Gebiete an Deutschland abzutreten habe. Indem die Rechte eines souveränen Staates mit Füßen getreten wurden, sollte – so Chamberlain – der Frieden gesichert werden. “In den Aggressionsplänen des deutschen Imperialismus war die Okkupation der Tschecho-slowakei eines der ersten Etappenziele, Die faschistische Henlein-Bewegung erhielt den Auftrag, die Tschechoslowakei sturmreif zu machen.” (3) Niemand, der bei klarem Verstand war, konnte glauben, daß Hitlers Pläne mit diesem Abkommen ad acta gelegt worden seien. Am 15. März 1939 marschierten Hitlers Truppen in Prag ein und besetzten die restliche Tschechoslowakei einschließlich der Karpatho-Ukraine. Am 23. März marschierte die Wehrmacht in das Memelgebiet in Litauen ein und besetzte es.

Stalin warnte vor einem Weltkrieg

Wenige Tage zuvor, am 10. März 1939, hatte J.W. Stalin in seinem Bericht an den XVIII. Parteitag der KPdSU( B ) folgendes zum bereits stattfindenden Krieg erklärt: “Ein kennzeichnender Zug des neuen imperialistischen Krieges besteht darin, daß er noch nicht zu einem allgemeinen, zu einem Weltkrieg geworden ist. Der Krieg wird von den aggressiven Staaten geführt, die die Interessen der nichtaggressiven Staaten, vor allem Englands, Frankreichs und der USA, in jeder Weise schädigen; die letzteren weichen jedoch zurück, treten den Rückzug an, machen den Aggressoren ein Zugeständnis nach dem anderen.” (4) Von dieser Einschätzung ausgehend gab es 1939 eine lange Reihe von Versuchen der Sowjetunion, einen Beistandspakt mit England, Frankreich und Polen zu erzielen. Vergeblich.

Sie glaubten, daß die Sowjetunion besiegt werden würde

Bezeichnend ist das Eingeständnis des damaligen stellvertretenden Außenminister der USA, Sumner Welles: “In diesen Vorkriegsjahren waren die Finanz- und Handelskreise der westlichen Demokratien einschließlich der Vereinigten Staaten absolut davon überzeugt, daß ein Krieg zwischen Hitlerdeutschland und der Sowjetunion nur ihren eigenen Interessen dienen würde. Sie glaubten, daß Rußland bestimmt besiegt und damit der Kommunismus vernichtet werden würde. Deutschland aber würde dann so geschwächt sein, daß auf viele Jahre hinaus die übrige Welt nicht mehr ernsthaft werde bedrohen können.” (5)

Die Arroganz der Westmächte

Der öffentliche Druck, den die unablässigen Versuche der Sowjetunion erzeugte, führte 1939 endlich zu Dreierverhandlungen zwischen Frankreich, England und der UdSSR. Dort machte die UdSSR klare und konkrete Vorschläge zur Sicherung des Friedens. Schaposchnikow erklärte, “die Sowjetunion sei bereit, gegen den Aggressor 120 Infanteriedivisionen, 16 Kavalleriedivisionen, 5000 Geschütze mittleren und schweren Kalibers, 9000 bis 10.000 Panzer, 5.000 bis 5.500 Bomben- und Jagdflugzeuge bereit zu stellen”, während das Mitglied der britischen Mission, General Heywood, von “fünf Infanteriedivisionen und eine motorisierte Division” sprach. “Allein das zeugte schon davon, daß die Vertreter Englands die Verhandlungen mit der UdSSR nicht ernst nahmen.” (6)

Vorwürfe gegen die Sowjetunion – eine Propagandalüge

Angesichts dieser Tatsachen dürfte klar sein, wer gegen Hitler kämpfen wollte und wer nicht. Angesichts solch konkreter Vorschläge kann man den Vorwurf, die Sowjetunion habe ein Doppelspiel betrieben, nur in das Reich antikommunistischer Propagandalügen verweisen. Das bestätigt auch ein Mann, dem man sicherlich keine Sympathien für den Kommunismus vorwerfen kann: Churchill. “Nicht einmal im Lichte der geschichtlichen Perspektive kann bezweifelt werden, daß England und Frankreich den russischen Vorschlag hätten annehmen müssen …” (7)
ChurchillChurchill

Ein Nichtangriffsvertrag war die einzige und beste Lösung

So war die Lage, in der sich die Regierung der Sowjetunion gezwungen sah, ein Verhandlungsangebot der deutschen Regierung zur Verbesserung der Beziehungen und zum Abschluß eines Nichtangriffsvertrages anzunehmen, aus dem letztendlich der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt entstand. (Eine sehr detaillierte Entstehungsgeschichte dieses Vertrages bietet das Buch “Der Pakt” von Ingeborg Fleischhauer, Ullstein Verlag 1990, ISBN 3-550-07655-X, wobei natürlich berücksichtigt werden muß, daß die “renommierte Bonner Historikerin” die bürgerliche Geschichtsanschauung vertritt. Das kommt besonders in ihrer Schlußbetrachtung zum Ausdruck.)

Der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag

Sehen wir uns den Wortlaut des Vertrages an:
“Die Deutsche Reichsregierung und die Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, geleitet von dem Wunsche, die Sache des Friedens zwischen Deutschland und der UdSSR zu festigen und ausgehend von den grundlegenden Bestimmungen des Neutralitätsvertrags, der im April 1926 zwischen Deutschland und der UdSSR geschlossen wurde, sind zu nachstehenden Vereinbarungen gelangt:
Artikel I: Die beiden vertragsschließenden Teile verpflichten sich, sich jeden Gewaltakts, jeder aggressiven Handlung und jedes Angriffs gegeneinander, und zwar sowohl einzeln als auch gemeinsam mit anderen Mächten, zu enthalten.
Artikel II: Falls einer der vertragsschließenden Teile Gegenstand kriegerischer Handlungen seitens einer dritten Macht werden sollte, wird der andere vertragsschließende Teil in keiner Form diese dritte Macht unterstützen.
Artikel III: Die Regierungen der beiden vertragsschließenden Teile werden künftig fortlaufend zwecks Konsultation in Fühlung miteinander bleiben, um sich gegenseitig über Fragen zu informieren, die ihre gemeinsamen Interessen berühren.
Artikel IV: Keiner der beiden vertragsschließenden Teile wird sich an einer Mächtegruppierung beteiligen, die sich mittelbar oder unmittelbar gegen den anderen Teil richtet.
Artikel V: Falls Streitigkeiten oder Konflikte zwischen den vertragsschließenden Teilen über Fragen dieser oder jener Art entstehen sollten, werden beide Teile diese Streitigkeiten oder Konflikte ausschließlich auf dem Weg freundschaftlichen Meinungsaustausches oder nötigenfalls durch Einsetzung von Schlichtungskommissionen bereinigen.
Artikel VI: Der gegenwärtige Vertrag wird auf Dauer von zehn Jahren abgeschlossen mit der Maßgabe, daß, soweit nicht einer der vertragsschließenden Teile ihn ein Jahr vor Ablauf dieser Frist kündigt, die Dauer der Wirksamkeit dieses Vertrags automatisch für weitere fünf Jahre als verlängert gilt.
Artikel VII: Der gegenwärtige Vertrag soll innerhalb möglichst kurzer Frist ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen in Berlin ausgetauscht werden. Der Vertrag tritt sofort mit seiner Unterzeichnung in Kraft.

Angefertigt in doppelter Urschrift, in deutscher und russischer Sprache.
Moskau, am 23. August 1939
Für die Deutsche Reichsregierung: v. Ribbentrop
In Vollmacht der Regierung der UdSSR: W. Molotow” (8)

Die logische Fortsetzung sowjetischer Friedenspolitik

Dieser Vertrag hinderte Hitler-Deutschland daran, sofort einen Angriff auf die UdSSR vorzunehmen und bedeutete zugleich das Scheitern der Versuche der westlichen Staaten, Deutschland und die UdSSR gegeneinander auszuspielen. Der Vertrag selbst unterscheidet sich nicht von den Texten anderer in diesen Jahren abgeschlossener Pakte, ist in dieser Hinsicht also völlig unspektakulär. Er war die logische Fortsetzung der Friedenspolitik der UdSSR und er war auch darauf zurückzuführen, daß die westlichen bürgerlichen Staaten sich einem gemeinsamen Vorgehen gegen Hitler-Deutschland entgegenstellten. Da Hitlers Kriegspläne bereits offen auf dem Tisch lagen, konnte dieser Vertrag auch keine Ermutigung für diesen sein.

Das geheime Zusatzprotokoll

Spätestens an dieser Stelle bringt die antisowjetische, antikommunistische Propaganda gewöhnlich das sogenannte geheime Zusatzprotokoll ins Spiel. Sehen wir uns auch hier den Wortlaut an:
“Aus Anlaß der Unterzeichnung des Nichtangriffsvertrags zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken haben die unterzeichneten Bevollmächtigten der beiden Teile in streng vertraulicher Aussprache die Frage der Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären in Osteuropa erörtert. Diese Aussprache hat zu folgendem Ergebnis geführt:
1. Für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung in den zu den baltischen Staaten gehörenden Gebieten (Finnland, Estland, Lettland, Litauen) bildet die nördliche Grenze Litauens zugleich die Grenze der Interessensphären Deutschlands und der UdSSR, Hierbei wird das Interesse Litauens an dem Wilnaer Gebiet beiderseits anerkannt.
2. Für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung der zum polnischen Staate gehörenden Gebiete werden die Interessensphären Deutschlands und der UdSSR ungefähr durch die Linie der Flüsse Narew, Weichsel und San abgegrenzt. Die Frage, ob die beiderseitigen Interessen die Erhaltung eines unabhängigen polnischen Staates erwünscht erscheinen lassen und wie dieser Staat abzugrenzen wäre, kann endgültig erst im Laufe der weiteren politischen Entwicklung geklärt werden. In jedem Falle werden beide Regierungen diese Frage im Wege einer freundschaftlichen Verständigung lösen.
3. Hinsichtlich des Südostens Europas wird von sowjetischer Seite das Interesse an Bessarabien betont. Von deutscher Seite wird das völlige politische Desinteressement an diesen Gebieten erklärt.
4. Dieses Protokoll wird von beiden Seiten streng geheim behandelt werden.

Moskau, den 23. August 1939
Für die Deutsche Reichsregierung: v. Ribbentrop
In Vollmacht der Regierung der UdSSR: W. Molotow” (9)

Wie war das damals mit Polen?

Um auch hier zu einer richtigen Wertung zu kommen, müssen wir uns mit der Stellung Polens in dieser Zeit beschäftigen, war doch die polnische Regierung einer der Hauptgründe für das Scheitern der Verhandlungen der UdSSR mit den westlichen Staaten über ein gemeinsames Vorgehen gegen die faschistischen Staaten. Trotz mehrfachen Drängens der Franzosen, verweigerte die polnische Regierung den sowjetischen Truppen das Durchmarschrecht im Falle eines Krieges gegen Deutschland. “Mit den Deutschen riskieren wir, unsere Freiheit zu verlieren. Mit den Russen verlieren wir unsere Seele.” (10) Das war die Antwort des polnischen Generalstabschef Marschalls Rydz-Śmigły, das war die Haltung der polnischen Regierung, die lieber die Freiheit des eigenen Volkes opfern wollte, als die Sowjetarmee durch ihr Land ziehen zu lassen.
Rydz-SmiglyRydz-Śmigły

Eine historische Feindschaft?

Die feindselige Haltung ist in der Geschichte der beiden Staaten begründet.
Nach der Oktoberrevolution 1917 fielen mit den Armeen aus vierzehn Staaten auch die polnischen Herren 1920 über die Sowjetunion her. Die Rote Armee vertrieb sie und gelangte dabei bis vor die Tore Warschaus. Da den englischen und französischen Monopolen ca. 40 Prozent der Industrieanlagen in Polen gehörten, bekamen die polnischen Pans nun die volle Unterstützung Frankreichs und Englands. Doch die Sowjetunion wollte den Frieden und war daher auch bereit einen Vertrag zu unterzeichnen, auch wenn die Bedingungen dieses Vertrages als schändlich zu bezeichnen waren.

Die Festlegung der polnischen Grenzen

Der Vertrag von Riga 1921 legte die neuen Grenzen zwischen Polen und der UdSSR fest, die Polen bereits 1919 durch die Pariser Friedenskonferenz zugestanden wurden. Zur sogenannten Curzon-Linie wurde in Abwesenheit Rußlands jedoch noch folgender Beschluß gefaßt: “Die Konferenz hat ( … ) ausdrücklich die Frage der Forderungen, die Polen auf die Gebiete östlich dieser Linie anmelden könnte, offen gelassen. Die Konferenzteilnehmer glaubten, nicht in der Lage zu sein, darüber zu entscheiden und überließen die Regelung späteren Verhandlungen zwischen Polen und Rußland.” (11)

Polen und die Spaltung der Ukraiine und Weißrußlands

Um diese Forderungen zu realisieren, begannen die polnischen, englischen und französischen Kapitalisten den neuen Feldzug gegen die Sowjetunion, der mit dem sowjetischen Zugeständnis im Vertrag von Riga endete. Im Vergleich zur Curzon-Linie vom 8. Dezember 1919 bedeutete die Grenze des Vertrages von Riga für Polen einen Gebietszuwachs von 110.000 Quadratkilometern. Zugleich wurden die Ukrainer und die Weißrussen in zwei Staaten gespalten und in Polen zu einer unterdrückten nationalen Minderheit. Vor allem dieses Gebiet, diese 110.000 Quadratkilometer, waren es, die die UdSSR im sogenannten Zusatzprotokoll als ihre Interessensphäre bezeichnete. Hinzu kommt die ganze Westukraine und das westliche Weißrußland. Durch die Grenzziehung von 1939 kam Bialystok im Norden und Przemysl im Süden zur UdSSR. Die Sowjetunion erwarb insbesondere die wichtigen Städte Lemberg, Stanislau, Tarnopol, Luzk, Brest-Litowsk, Grodno und Nowogrodek. Am 10. Oktober 1939 schloß die UdSSR einen gegenseitigen Beistandsvertrag mit Litauen und überließ der Republik Litauen Stadt und Gebiet von Wilna.

Der Beitritt der West-Ukraine und West-Weißrußlands zur UdSSR

Abgeordnetenwahlen für die Volksversammlung der West-Ukraine und für die Volksversammlung des westlichen Weißrußlands fanden am 22. Oktober statt. Die Kandidaten, die von verschiedenen Organisationen wie Bauernkomitees, Arbeitervereinigungen usw. aufgestellt worden waren, erhielten in der West-Ukraine 90,9 Prozent und im westlichen Weißrußland 90,7 Prozent der Stimmen. Die Volksversammlung der West-Ukraine wurde am 26. Oktober im Lemberg einberufen, die des westlichen Weißrußlands am 28. Oktober 1939 in Bialystok, nachdem am 22. Oktober die Abgeordnetenwahlen stattgefunden hatten. Beide Versammlungen proklamierten den Beitritt zu den Sowjetrepubliken Ukraine und Weißrußland. Am 1. November 1939 nahm der in Moskau zusammengetretene Oberste Rat der Sowjetunion ein Gesetz über den Beitritt der West-Ukraine zur UdSSR und ihre Eingliederung in die sozialistische Sowjetrepublik Ukraine an. Am nächsten Tag erließ der Oberste Rat ein entsprechendes Gesetz, welches das westliche Weißrußland mit der sozialistischen Sowjetrepublik Weißrußland vereinigte.

Der Kriegsbeginn

Am 1. September 1939 überfiel Deutschland Polen. Die polnische Regierung floh am 13. September nach London. Erst am 17. September 1939, als es keinen polnischen Staat mehr gab, rückte die Rote Armee in die bezeichneten Gebiete ein. Alle bisher von Polen beherrschten Westukrainer und Westweißrussen kamen zu ihrer Nation zurück. Sie waren in Polen einer wachsenden nationalen Unterdrückung ausgesetzt. Verlangte noch die Pariser Friedenskonferenz den Schutz dieser nationalen Minderheiten in Polen, so protestierte außer der UdSSR niemand mehr gegen den am 13. September 1934 vom polnischen Außenminister Beck verkündeten Beschluß der polnischen Regierung: “Bis zur Inkraftsetzung eines allgemeinen und einheitlichen Systems zum Schutze der Minderheiten sieht sich meine Regierung gezwungen, ab heute jegliche Mitarbeit mit den internationalen Organen bezüglich der Kontrolle der Anwendung des Minderheitenschutzes durch Polen zu verweigern.” (12)

Es war keine Annexion, sondern eine Wiedervereinigung

Das war das offizielle Signal zu einer verstärkten Verfolgung der ukrainischen und weißrussischen Bevölkerung und zugleich der Grund dafür, daß die Rote Armee in den Gebieten, in denen diese Nationalitäten die übergroße Mehrheit darstellten, lebhaft willkommen geheißen wurde. So verlief die Geschichte der polnisch-sowjetischen Grenze bis 1939. Der Einmarsch der Roten Armee in die Gebiete, die im Zusatzprotokoll “Interessensphäre der Sowjetunion” genannt werden, war keine Annexion polnischer Gebiete, sondern die Wiedervereinigung der Ukrainer und Belorussen in einem Staat. Gleichzeitig war sie der Haltepunkt für den deutschen Vormarsch.

Churchill: “…eine unparteiische Lösung des Problems”

Noch einmal möchte ich eine Äußerung Churchills vom 22. Februar 1944 zitieren. “Wir haben die Besetzung Wilnas im Jahre 1920 nicht gebilligt. Der britische Standpunkt findet seinen Ausdruck in der sogenannten Curzon-Linie, die in jedem Fall eine unparteiische Lösung des Problems darstellt.” (13) Doch als Churchill das sagte, und damit zugab, daß der sowjetische Standpunkt nichts mit Großmachtpolitik zu tun hatte, sondern historisch rechtmäßig und militärisch sinnvoll war, herrschte noch nicht der sogenannte Kalte Krieg.

Die sowjetischen Beistandspakte mit Litauen und Lettland

Zu diesen militärisch sinnvollen Vorsichtsmaßnahmen gehörte auch das Angebot von Beistandspakten gegenüber den baltischen Ländern. Die militärischen Erfolge ermunterten die profaschistischen Elemente in diesen Ländern, so daß die reale Gefahr bestand, daß diese Länder zu Vasallen Deutschlands werden könnten. So unterzeichnete die Sowjet-regierung am 28. September 1939 mit Estland, am 5. Oktober mit Lettland und am 10. Oktober mit Litauen Beistandspakte.

Der “komische Krieg” Frankreich-Deutschland

Infolge des sowjetisch-deutschen Nichtangriffspakts war nun auch Japan bereit, einen Nichtangriffspakt zu unterzeichnen. Durch ihre konsequente Friedenspolitik hatte die UdSSR zunächst einmal eine gewisse Absicherung erreicht. Zumindest vertraglich waren die Grenzen und Fernost und im Westen gesichert. Polen dagegen war zerstört, trotz und wegen der Garantien Englands. Denn sie waren zugleich der Grund für Hitler, mit der UdSSR einen Vertrag zu schließen, um einen Zweifrontenkrieg zu vermeiden. Doch selbst jetzt änderten die Westmächte ihre starre Haltung nicht. Sie führten den sogenannten “komischen Krieg”, bei dem sich die Truppen Frankreichs und Deutschlands untätig gegenüber standen. Der Grund war Finnland. Die englischen und französischen Politiker dachten damals “weit mehr daran, mit welchen Mitteln man Rußland schlagen könne – sei es durch eine Hilfeleistung an Finnland, sei es durch einen Bombenangriff auf Baku oder durch eine Landung in Konstantinopel – als daran, auf welche Weise man mit dem ‘Reich’ fertig werden könnte.” So Charles de Gaulle. (14)
de Gaullede Gaulle

Finnland – der Schlüssel zum Sieg über die Sowjetunion?

Doch auch die Amerikaner dachten in diese Richtung. Wie die Westmächte, setzten auch die deutschen Faschisten ihre Hoffnungen auf Finnland. Deren Grenze zur Sowjetunion war zu diesem Zeitpunkt der schwache Punkt der Sowjetunion. Und in Finnland, dem Land, das die Oktoberrevolution vom zaristischen Joch befreite, und dem die gleiche Revolution die nationale Unabhängigkeit brachte, herrschte nun die Reaktion. Die finnischen Aktivitäten, der Bau von Befestigungsanlagen, der Ausbau von Straßen und Bahnstrecken bis an die sowjetische Grenze, mußten für die UdSSR mehr als bedrohlich erscheinen. Leningrad lag in Reichweite schwerer finnischer Geschütze.

Auch hier: Sowjetische Friedenspolitik zu Finnland

Auch zu diesem Zeitpunkt und in dieser Situation setzte die Sowjetunion ihre Friedenspolitik fort. Obwohl die finnische Regierung einen Beistandspakt bereits abgelehnt hatte, schlug die UdSSR Grenzverhandlungen vor, die am 12. Oktober 1939 auch begannen. Wie diese Verhandlungen auf finnischer Seite liefen, das beweist der Bericht des US-Botschafters in Finnland, der seinem Außenministerium mitteilte, die Instruktionen für diese Verhandlungsdelegation seien “gerade so hart, wie es die USA wollen”. (15)

Die ferngesteuerte finnische Regierung

Zu den eindeutigen Grenzvorschlägen der sowjetischen Regierung bemerkte der gewiß nicht sowjetfreundliche englische Journalist Alexander Werth: “Die beiden späteren Staatspräsidenten Paasikivi und Kekkonen, die seinerzeit für eine friedliche Schlichtung des Streits eingetreten waren, erzählten mir 1945, ihrer Meinung nach seien die sowjetischen Vorschläge gemäßigt und verständlich gewesen. Der Krieg sei vielleicht zu vermeiden gewesen, wenn sich Paasikivis und Kekkonens Politik durchgesetzt hätte.” (16) Doch die ferngesteuerte finnische Regierung beendete die Verhandlungen und brach Ende November mit einem Artillerieangriff den bestehenden sowjetisch-finnischen Nichtangriffspakt. Seitdem behauptet die westliche Propaganda entweder, der Artillerieüberfall sei erfunden, oder es sei “nur ein ganz kleiner Überfall” gewesen. Doch es bleibt eine Tatsache, daß die finnische Regierung den Krieg provozierte. Das gesteht auch Gustav Mannerheim, General der finnischen Armee, ein. “Ich zweifelte nicht daran, daß die USA und Großbritannien in den Konflikt eingreifen würden.” (17)

Die USA greifen in den Krieg ein

So kam es zum von den Westmächten gewünschten Krieg. Sie stellten die UdSSR als Aggressor dar und betrieben am 14. Dezember 1939 den Ausschluß der UdSSR aus dem Völkerbund. Die USA bewilligte Finnland eine Anleihe von 10 Millionen US-Dollar für den Bezug verbilligter Waffen. (18) Großbritannien und Frankreich bereiteten auf der Grundlage des Beschlusses des Völkerbundes eine direkte Aggression gegen die UdSSR vor. Am 15. März 1940 beschloß der gemeinsame Oberste Kriegsrat der beiden Staaten, vom Nahen Osten aus in Baku und von Finnland aus in Leningrad einzufallen. In einem Brief an den französischen Oberbefehlshaber General Gamelin schrieb der französische Frontkommandeur General Weygand: “Ich meinerseits halte es für das wichtigste, der Sowjetunion den Hals umzudrehen in Finnland ( … ) oder an einem anderen Ort.” (19)

Der Sowjetisch-Finnische Friedensvertrag von 1940

Daß diese Pläne nicht zur Ausführung kamen, lag zum einen daran, daß die Rote Armee militärisch bereits gesiegt hatte, und zum anderen sich die finnische Regierung dem finnischen Volk beugen mußte, das nicht länger als Kanonenfutter für die Interessen der westlichen Imperialisten dienen wollte. So wurde bereits am 12. März 1940 Frieden geschlossen, in dessen Folge die sowjetisch-finnische Grenze nun 120 Kilometer weiter nördlich verlief. Daß es der Sowjetunion nur um die Sicherheit von Leningrad und Murmansk ging, beweist auch die Tatsache, daß die Rote Armee weder von der Möglichkeit der Besetzung Finnlands Gebrauch machte, noch Kontributionen forderte, um ihre Kriegsausgaben zu decken. Mit dem Neutralitätspakt zwischen den beiden Ländern war nun auch die Nordgrenze der UdSSR zunächst einmal gesichert.

Die deutschen Faschisten besetzen Dänemark und Norwegen

Während England, die USA und Frankreich vor allem damit beschäftigt waren, eine Aggression gegen die UdSSR zu organisieren, und zwischendurch immer wieder mal versuchten Friedensverhandlungen mit Hitler-Deutschland auf den Weg zu bringen, hatten die deutschen Faschisten aufgerüstet. Am 9. April besetzten sie Dänemark und deutsche Truppen landeten in allen norwegischen Häfen. Während Dänemark den Westmächten völlig gleichgültig war, protestierte Großbritannien gegen den Einmarsch in Norwegen, da mehr als 50 Prozent der norwegischen Industrie den britischen Kapitalisten gehörten. Die britischen Truppen, die in Nordnorwegen landeten, wurden von der Wehrmacht geschlagen. Der Widerstand der norwegischen Bevölkerung brach schnell zusammen. Zum schnellen Zusammenbruch Norwegens trugen die Aktivitäten des früheren Kriegsministers Major Quisling bei, der eine profaschistische Bewegung organisiert und mehrere tausend deutsche Agenten ins Land geholt hatte.

Der faschistisch-deutsche “Blitzkrieg”

Die Besetzung Norwegens führte zum Umdenken bei den Westmächten. Die Münchner Politik, die Pläne, die deutsche Aggression nach Osten zu lenken, waren gescheitert. Am 10. Mai 1940 marschierte die Wehrmacht in den Beneluxländern und in Frankreich ein. Am selben Tag wurde Chamberlain durch Churchill ersetzt. Der “Blitzkrieg” gegen Frankreich wurde von einem unerwartet schnellen deutschen Sieg gekrönt. Umgehend forderte der französische Oberbefehlshaber, General Weygand, die Kapitulation, obwohl oder weil die Kommunistische Partei Frankreichs entgegen aller anderslautenden Propaganda, als einzige Partei einen Volkskrieg gegen die Naziwehrmacht forderte. Die eindeutig ablehnende Haltung der französischen herrschenden Klasse zu diesem Aufruf war so eindeutig, daß selbst die amerikanische Presse zu dem Schluß kam: “Die französischen Großkapitalisten wollten lieber Hitler als die Volksfront in Paris ( … ). Einen Sieg fürchteten sie wohl noch mehr als eine Niederlage.” (20)

Französisch-Britische Differenzen

Auch den britischen Vorschlag der Gründung einer “Britisch-Französischen Union” in Restfrankreich, mit dem die Briten offensichtlich Frankreich als Großmacht ausschalten wollten, wurde von Marschall Petain und der Mehrheit der Regierung abgelehnt: “Besser eine Naziprovinz als ein britisches Dominion.” (21) All diese Ereignisse zeigen das wahre Gesicht der herrschenden Klasse in England wie in Frankreich. Ihre imperialistischen Ziele unterschieden sich in nichts von denen der Faschisten, auch ihre Handlungen waren bestimmt von Hegemoniestreben, vom Wunsch nach Vergrößerung der eigenen Macht und von tiefer Feindschaft gegenüber dem Sozialismus und besonders der UdSSR.

Die Stalinsche Friedenspolitik bestärkt die Arbeiterbewegung

Die von Stalin geführte Außenpolitik der Sicherung des Friedens, der Sicherung der Staatsgrenzen der UdSSR machte all ihre Ambitionen zunichte. Angesichts der Siege der faschistischen Armeen waren in den baltischen Ländern starke faschistische Organisationen entstanden, deren systematische Hetze gegen die Rote Armee und die UdSSR schließlich dazu führte, daß die Regierung der UdSSR von den Regierungen der baltischen Staaten die Einhaltung der geschlossenen Verträge forderte. Das gab der ohnehin schon starken Arbeiterbewegung in diesen Ländern großen Auftrieb, in dessen Folge es ihr gelang, die profaschistischen Regimes durch demokratische Regierungen zu ersetzen.

Die feindliche Haltung der rumänischen Monarchisten

In den ehemaligen russischen Gebieten Bessarabiens verstärkte sich zu jener Zeit ebenfalls die Tätigkeit faschistischer Organisationen, und die rumänische Regierung unter König Carol intensivierte ihre Beziehungen zu Deutschland. Das zwang die Regierung der UdSSR, sowohl die Rückgabe Bessarabiens, das die herrschenden Kreise Rumäniens 1918 an sich gerissen hatten, wie auch das ukrainische Gebiet der Nordbukowina zu fordern. Die Volksversammlung der Nordbukowina hatte bereits 1918 beschlossen, sich wieder mit der Sowjetukraine zu vereinigen, was die rumänischen Monarchisten jedoch mit militärischen Mitteln verhinderten. Angesichts der feindlichen Haltung Rumäniens dürfte die Forderung der UdSSR, die Ende 1940 erfüllt war, niemanden verwundern.

Es gab keine sowjetischen “Annexionen”

So sieht es mit den von der UdSSR angeblich annektierten Gebiete im Zusammenhang mit dem Nichtangriffsvertrag wirklich aus. Das ist der ganze Umfang, und jeder Mensch, dem die antikommunistische Propaganda nicht gänzlich das Gehirn vernebelt hat, dürfte zu der Ansicht gelangen, daß es keine “Annexionen” gegeben hat. Es gab einen Kampf um die Sicherung der Grenzen. Es gab die Wiederherstellung der Einheit der ukrainischen und weißrussischen Nation, die als nationale Minderheiten in Polen und Rumänien unterdrückt gelebt hatten. Es gab den freiwilligen, selbstgewählten, durch Wahlen verlangten Anschluß der baltischen Staaten an die UdSSR als selbständige Republiken.

Der Nichtangriffsvertrag war ein richtiger Schritt

Die UdSSR führte in einer äußerst komplizierten Lage eine konsequente Politik, die den Menschen den Frieden sichern und den Krieg verhindern sollte. Der Nichtangriffsvertrag wie auch das Zusatzprotokoll waren ein notwendiger Schritt, der die Westukrainer und Westweißrussen vor dem Faschismus rettete und den deutschen Faschisten klar machte, wie weit sie gehen durften. Die UdSSR war aus objektiven Gründen nicht in der Lage, Polen unter einer antisowjetischen, profaschistischen Regierung zu schützen, die ihr Land lieber den Faschisten überließ.

Der heimtückische Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941

Der Bruch des Vertrages durch Hitler-Deutschland im Juni 1941 änderte die Situation erneut. Am 3. Juli 1941 sprach Stalin in einer Rundfunkansprache zu allen Bürger der UdSSR: “Man könnte fragen: wie konnte es geschehen, daß sich die Sowjetregierung auf den Abschluß eines Nichtangriffspakts mit solchen wortbrüchigen Leuten und Ungeheuern wie Hitler und Ribbentrop eingelassen hat? Ist hier nicht von der Sowjetregierung ein Fehler begangen worden? Natürlich nicht! Ein Nichtangriffspakt ist ein Friedenspakt zwischen zwei Staaten. Eben einen solchen Pakt hat Deutschland uns im Jahre 1939 angeboten. Konnte die Sowjetregierung ein solches Angebot ablehnen? Ich denke, kein einziger friedliebender Staat kann ein Friedensabkommen mit einem benachbarten Reich ablehnen, selbst wenn an der Spitze dieses Reichs solche Ungeheuer und Kannibalen stehen wie Hitler und Ribbentrop. Dies aber natürlich unter der einen unerläßlichen Bedingung, daß das Friedensabkommen weder direkt noch indirekt territoriale Integrität, die Unabhängigkeit und die Ehre des friedliebenden Staates berührt. Bekanntlich ist der Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und der UdSSR gerade ein solcher Pakt. Was haben wir durch den Abschluß des Nichtangriffspakts mit Deutschland gewonnen? Wir haben unserem Lande für anderhalb Jahre den Frieden gesichert sowie die Möglichkeit, unsere Kräfte zur Abwehr vorzubereiten, falls das faschistische Deutschland es riskieren sollte, unser Land trotz des Paktes zu überfallen. Das ist ein Gewinn für uns und ein Verlust für das faschistische Deutschland. Was hat das faschistische Deutschland durch die wortbrüchige Zerreißung des Pakts und den Überfall auf die UdSSR gewonnen und was hat es verloren? Es hat dadurch für kurze Zeit eine gewisse vorteilhafte Lage für seine Truppen erzielt, hat aber in politischer Hinsicht verloren, da es sich in den Augen der ganzen Welt als blutiger Aggressor entlarvt hat.” (22) Wir wissen wie die Aggression Nazi-Deutschlands endete.

Das ist die ganze Geschichte des (sogenannten) Nichtangriffspakts.

Die Angriffe gegen die Sowjetunion und insbesondere gegen Stalin, oft genug von Leuten, die sich ein “linkes” Mäntelchen umhängen, haben auch den Grund, daß man die negativen Seiten der Westmächte im Kampf gegen Hitler weitestgehend verschleiern möchte. Und erst recht bereitet es den Apologeten und Demagogen des Kapitalismus wenig Behagen, wenn sie die historische Tatsache zugeben müßten, daß die damals noch sozialistische Sowjetunion, geführt von einer kommunistischen Partei, an deren Spitze J.W. Stalin stand, die einzige Macht war, die entschlossen und unbeirrbar für den Frieden und die Zerschlagung des Faschismus eintrat. Daher die Kübel von Schmutz, die bei jeder Gelegenheit über Stalin und die sozialistische Sowjetunion ausgegossen werden.

Klaus Wallmann sen. (29.05.2005)

Quellen:
1) J.W. Stalin, Werke, Bd. 13, S. 174 f., Dietz Verlag Berlin, 1955
2) M. Maiski, Wer half Hitler?, S. 189, Moskau 1960
3) G. Fuchs, Gegen Hitler und Henlein, S. 281, Berlin 1961
4) J.W. Stalin, Werke Band 14, S. 101., Dortmund 1976
5) Sumner Welles, Jetzt oder nie, S. 294f., Stockholm 1944
6) Auswärtiges Amt der UdSSR: Akte der englisch-französisch-sowjetischen Verhandlungen, Band 3, Blatt 138, Moskau 1946
7) Winston Churchill, Der zweite Weltkrieg, Band 1, S. 325, Stuttgart 1954
8) Aus dem Archiv des deutschen Auswärtigen Amtes, Serie D, Band 8, S. 205f., Baden Baden 1950
9) ebenda
10) Paul Reynaud, La France a sauvé L’Europe, Band 1, S. 587
11) R.H. Lord, US-Mitglied der Kommission für polnische Angelegenheiten bei der Friedenskonferenz, zitiert nach: Alius, Die Curzon-Linie, S. 22, Zürich 1945
12) Offizielles Journal des Völkerbundes, Ausgabe Oktober 1934, Genf 1934
13) zitiert nach G. Deborin, Der zweite Weltkrieg, S. 64
14) C. de Gaulle, Memoires de la guerre, L’appel 1940-1942, S. 26, Paris 1954
15) Langer/Gleason, Challenge to isolation 1937-1940, S. 322, New York 1952
16) Alexander Werth, Rußland im Kriege 1941-1945, S. 70, München 1965
17) G. von Mannerheim, Erinnerungen, S. 339, Freiburg i. Breisgau 1952
18) Documents on American Foreign Relations July 1939 – June 1940, Bd.2, S.391, Boston 1940
19) G. Gamelin, Servir, Bd. 3, S. 199, Paris 1947
20) The New York Post, 03.08.1940
21) K. von Tippelskirch, Geschichte des zweiten Weltkriegs, S. 91, Borin 1956
22) J.W. Stalin, Werke, Bd. 14, S. 133f., Dortmund 1976

Fotos: Stalin, de Gaulle – Copyright: United States Library of Congress

* Anmerkung:
Zur Verwendung des Begriffs ‚Pakt‘ siehe hier und in den Kommentaren.

Quelle: http://www.randzone-online.de/?p=3639
(Zwischenüberschriften von mir, N.G.)

Siehe auch:
Kurt Gossweiler: Ist Gewalt zur Verteidigung des Kommunismus unmoralisch?
Kurt Gossweiler: Der Nichtangriffsvertrag und die Rolle Stalins im 2.Weltkrieg
Kurt Gossweiler: Betrachtungen zum Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffsvertrag (pdf-Datei)

22 Gedanken zu “Der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag (1939)

  1. Dieser Beitrag zur Vorgeschichte dieses Vertrages enthält leider einen schwerwiegenden Fehler, einen wahrlich sehr altehrwürdigen revisionistischen, wie er in der späteren SU und anderen sozialistischen Ländern eifrig verbreitet wurde.
    Nämlich, dass sich der Antikomminternpakt der drei imperialistischen Mächte Deutschland, Italien und Japan hauptsächlich gegen die SU, den „Kommunismus“ gerichtet haben soll.
    Diesen von diesen 3 Mächten in die Welt gesetzten Schwindel hat schon der Genosse Stalin am 10. März auf dem 18.Parteitag der KPDSU in Moskau ganz klar und nicht zuletzt auch sehr humorvoll widerlegt!

    Diese Behauptung war, wie Genosse Stalin völlig richtig sagte, nur eine billige Schutzbehauptung zur Kaschierung des wahren Gegners dieses Dreimächte-Paktes: Des anglo-amerikanischen Imperialismus, des vorbereitenden versuchten Sturzes seiner damaligen faktischen Weltherrschaft über alle kapitalistischen Länder der Welt.
    Viele revisionistisch verseuchte „Kommunisten“ wollen leider bis heute nicht wahrhaben, dass Hitlers „Hauptfeind“ keinesfalls die SU war, sondern die USA und GB.
    Die SU war nur das notwendige Beute- und Resourcen-Objekt, um insbesondere Deutschland die notwendigen natürlichen Resourcen, also Rohstoffe, Landwirtschaft, Industrie und natürlich massenhaften Arbeitssklaven zu verschaffen, um gegen den damals materiell weit überlegenen anglo-amerikanischen Imperialismus zum entscheidenden „Endkampf“ antreten zu können.
    Dies war leider das historische Pech der sozialistischen SU, in einem rein inner-imperialistischen! Konflikt als Beute herhalten zu müssen, und nicht zuletzt als geostrategischer Ausgangsraum für den Einmarsch in den damals noch von den Briten okkupierten beherrscheten Nahen Osten und natürlich auch das riesige damalige British-Indien.
    Der Krieg gegen die SU war niemals ein Krieg gegen den Sozialismus, ein nach verlogener Nazi-Propaganda eifrig verbreiterter „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“, sondern ein reiner Raub- und Eroberungskrieg, ein reines Beutemachen zwecks viel „höherer Ziele“!
    Traurig, dass so viele nun schon alt gewordene Revisionisten das auch heute noch immer nicht begreifen wollen, immer wieder den alten Nazi- UND! Revi-Mist gläubig auftischen!

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      1. Lieber Norbert,

        ich fand diese interessanten Passagen in dem 1947 vom Moskauer Verlag für fremdsprachige Literatur herausgegebenen Buch:

        J. Stalin

        Fragen des Leninismus

        , welches ich mir vor längerer Zeit mal bei ZVAB besorgt hatte.

        Inspiriert dazu wurde ich übrigens dazu von einer Szene aus der DDR -Doku aus dem Jahre 1952: Walter Ulbricht – Baumeister des Sozialismus, wo es in einer Folge eine Szene mit Walter Ulbricht in seinem Arbeitszimmer gibt, wo auf einem Tisch mit einem großen Berg von Papieren und Büchern ganz oben dieses Buch liegt.

        Ich dachte mir gleich, wenn Walter Ulbricht dieses Buch sicherlich intensiv studiert hat, so muss ich das auch unbedingt haben! 🙂

        Auf alle Fälle ebenfalls sehr lesenswert, unverfälscht, jede Seite noch guter Bolschewismus.

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  2. Lieber Norbert,

    Auch westlichen Historikern sind alle diese Tatsachen bestens bekannt. Die haben ja schliesslich Geschichte studiert.

    Meistens behaelt man dann sein Wissen fuer sich und teilt stattdessen Mutmassungen oder Luegen mit. Ausnahmen gab es, wie etwa den westdeutschen Historiker Christian Zentner mit seiner „Illustrierten Geschichte des Zweiten Weltkriegs“, in der auch der polnisch-deutsche Vertraag von 1934 vorkommt, und die weitere Zusmamenarbeit zwsichen Polen und NS-Deutschland, insbesondere gegen die Tschechoslowakei 1938. Dass das faschistische Polen der dreissiger Jahre erst Mittaeter der Nazis war und dann erst ihr Opfer wurde: das darf man im „Freien Westen“ nicht mitteilen.

    Weiter spielten die Faschisten in Japan auch mit dem Gedanken, die UdSSR anzugreifen. Ihre Niederlage am Chalchin-Gol im August 1939 erklaert, warum Hitler an „Herr(n) Stalin in Moskau“ schrieb mit der Bitte um Aufnahme von Verhandlungen.

    Wer weiss schon, dass Grossbritannien und die UdSSR im August/September 1941 das Hitler-freundliche Kaiserreich Persien besetzten, was dann erlaubte, dass Waffenlieferungen an die UdSSR und im Gegenzug Getreidelieferungen an Grossbritannien sicher durchgefuehrt werden konnten (ueber den sog. „Iranischen Korridor“) Grossbritannien? Das DARF man ja als Westler gar nicht wissen.

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  3. Tja, Samy Yildirim, Vorgeschichte und Verlauf von WK II verliefen tatsächlich etwas anders, als in allen zeitgenössischen Massenpublikationen und Schulbüchern in West und Ost verbreitet wurde.
    Die Tatsachen, welche du z.B. aufführst, sind ehrlichen Historikern schon längst bekannt, passen aber meistens nicht in die gängigen rechtfertigenden Nachkriegs-Mythen über den WK II.
    Der damalige in der Tat Deutschland-freundliche Iran war bereit, nach dem schnell erwartenden Zusammenbruch der UDSSR 1941 bedeutenden Teilen der Wehrmacht (welche zum Teil bereits beim Einmarsch am 22. Juni 1941 mit Tropen-Uniformen ausgerüstet war!) den Durchmarsch in den Nahen Osten zu gestatten, um so die britischen Imperialisten(welche zuvor die Franzosen „enterbt“ hatten!) von dort zu vertreiben, sich an deren Stelle zu setzen.
    Dabei agierten die deutschen Imperialisten übrigens geschickt mit dem anti-kolonialen Befreingskapmpf in vielen arabischen Ländern, ebenso verfuhren sie auch in British-India(heutiges Indien, Pakistan, Bangladesh, Birma)
    Zu den unterschlagenen geschichtlichen Tatsachen gehört auch, dass die Türkei im Sommer 1942 nach der zunächst erfolgreich angelaufenen deutschen Sommeroffensive in Richtung Stalingrad und Kaukasus sich darauf vorbereitete, NACH! einem deutschen Sieg über die Rote Armee in den Krieg gegen die UDSSR einzutreten, und damit auch in einen erneuten Krieg gegen die USA und GB, wie schon einmal 1915.
    Ob auch das etwa an türkischen Schulen und Universitäten gelehrt wird? 🙂
    Ich sage schon lange, in dieser verlogenen Welt muss man sich immer selbst umfangreich informieren, ansonsten bleibt man ein Leben lang ein geschichtlich-politisch unzurechnungsfähiger Papagei!

    In diesem Geiste beste Grüße

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  4. Lieber Harry 56,

    An tuerkischen Schulen wird ueber Sevres gelehrt, und das ist auch richtig so, denn die Tuerkei sollte regelrecht aufteteilt werden, was dann aber am Widerstand der Tuerken scheiterte. Ueber andere Dinge dagegen wird eher geschwiegen, wie etwa Armenien 1915 oder Kurdistan 1935. Auch dass die Zionisten in ihren Anfangsjahren guten Grund hatten, auf die Hilfe der osmanischen Obrigkeit gegen die Palaestinenser zu rechnen, wird ausgiebig beschwiegen.

    Zum Zweiten Weltkrieg ist noch anzumerken, dass Churchill in den Jahren 1940 bis 1945 an der Anti-Hitler-Koalition vorbei seinen eigenen Krieg gegen die indische Unabhanegigkeitsbewegung fuehrte: ein klassischer Kolonialherrenkrieg, der zwischen 6 und 12 Millionen Indern das Leben kostete.

    Aehnlich rabiat gingen die Niederlaender in Nederlands-Indie [= Indonesien] zu Werke, insbesondere 1825 bis 1830, als der javanische Aufstand im Blut ertraenkt wurde, oder 1945 bis 1949, als sie – letztlich vergeblich – dieses „Kunststueck“ in gesamt-indonesischem Rahmen zu wiederholen versuchten.

    Wer weiss etwa Bescheid ueber das Gangster’s Agreement zwischen Briten und Wehrmacht auf dem balkan und in Griechenland, wo die Briten die entsprechenden Teile der Wehrmacht unbehelligt abziehen liessen (die dann wie versprochen an der Ostfront weitermachten) und anschliessend an Stelle der Wehrmacht in Griechenland weitermachten? [Spaeter setzten die USA an Stelle des UK „die Arbeit“ fort.]

    Wer weiss, dass die Briten die von Berlin nach Flensburg ausgewieschene Reichsregierung erst am 23. Mai 1945 verhafteten, als die Regierung der UdSSR den Braten gerochen hatte?

    Die Kroenung: der Parlamentarische Rat, der das Grundgesetz fuer die Bundesrepublik Deutschland erarbeiten sollte auf Geheiss der drei West-Allierten, begann seine Arbeit am 01. September 1948 [= 9 Jahre nach dem Ueberfall auf Polen] und wurde damit fertig am 23. Mai 1949 [= 4 Jahre nach der Verhaftung der Flensburg-Regierung]. Kein Wunder, dass die BRD-Regierungen immer erklaerten, dass Deutschland am 08. Mai 1945 nicht untergegangen sei. Da war Reichspraesident Grossadmiral Doenitz ja noch „im Amt“.

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    1. Lieber Samy, dein letzter Absatz zeigt mir, dass du dir im Gegensatz zu so vieler anderer unserer Mitbürger über den tatsächlichen von Anbeginn an abscheulichen Charakter dieses Konstruktes BRD absolut im klaren bist.
      Sehr gut so! 🙂

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  5. Ich staune immer wieder über die politische Dummheit in der BRD allein wenn ich den Leuten klar mache das wir in einer Diktatur des Geldes(Großkapital)leben und sie mir zustimmen behaupten sie immer noch das sie in einer Demokratie leben würden.

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    1. Diese im Grund bereits sprichwörtliche gesellschafts-politische Dummheit so vieler unserer Mitmenschen unter dieser bürgerlichen Klassendiktatur ist selbstverständlich kein Zufall, sondern gewollt und entsprechend massenhaft über sämtliche Bildungseinrichtungen und die Massenmedien organisiert.
      Wie lange würden Macht Pracht und Herrlichkeit der Eliten noch andauern, wenn deren proletarisches und kleinbürgerliches Nutzvieh eines Tages zu Einsichten, Verstand käme?
      Das darf im Interesse dieser Eliten natürlich niemals geschehen, daher muss der „Pöbel“ weiter abgelengt, verdummt, in völliger politischer Unmündigkeit gehalten werden.
      Am 22 September lassen dieses Eliten wiederum antreten um ihre Macht Pracht und Herrlichkeit durch das entsprechend zubereitete Stimmvieh absegnen zu lassen, ob CDU/CSU/SPD/FDP/GRÜNE/LINKSPARTEI/AfD oder sonstiger anstehender „Wahl“-Müll, die Macht des Kapitals, des Geldes, die wahre gesellschaftliche Macht der Eliten siegte noch bei jeder dieser „Wahlen“ seit 1949.

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  6. Richtig. Zu der sprichwörtlichen Dummheit kommt noch die angelernte Lüge, die Fälschung der Geschichte hinzu, die vor allem von denjenigen verteidigt und verbreitet wird, deren blindwütiger Kommunistenhaß sie gegenüber jeglicher historischer Logik und Gesetzmäßigkeit unempfindlich macht. Auch sie werden sich eines Tages mit ihren ‚Argumenten‘ auf dem Müllhaufen der Geschichte wiederfinden.

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  7. Wirklich gut dieser, wie auch viele andere Beiträge hier.
    Auch ich hab in der Schule gelernt, daß im August 1939 der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag abgeschlossen wurde, so dessen historisch korrekte Bezeichnung und nicht ein „Hitler-Stalin-Pakt“.
    Ebenso haben wir die Hintergründe erfahren, die zu dessen Abschluß führten. Dabei spielten Großbritanien und Frankreich eine nicht unwesentliche, aber wenig rühmliche Rolle.
    Und daß ein Jahr vorher, 1938, das „Münchner Abkommen“ geschlossen wurde, war auch in der Schule ein Thema.
    Demagogisch und geschichtsfälschend ist die Bezeichnung „Hilter-Stalin-Pakt“. Vermutlich aus ideologischen Gründen heraus versucht man mit dieser Bezeichnung eine Verbindung zwischen den beiden zu konstruieren.
    Wer nun, anstatt vom deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag zu sprechen, diesen als „Hitler-Stalin-Pakt“ bezeichnet, kann nicht gleichzeitig auch vom „Münchner Abkommen“ sprechen, sondern er müßte, seiner eigenen Logik folgend, stattdessen vom „Chamberlain-Daladier-Mussolini-Hitler-Pakt“ sprechen. Diese vier haben sogar alle namentlich selbst das Münchner Abkommen unterschrieben und so die Souveränität der Tschechoslowakai verraten.
    Ob die, die den deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag diffamierend als „Hitler-Stalin-Pakt“ betiteln, so aufrichtig sind?

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  8. Es gab keine „Freundschaft“ zwischen der UdSSR und dem faschistischen Deutschland, es war ein Nichtangriffsvertrag, da gibt es auch nichts zu rechtfertigen oder zu beschönigen. Daß dieser Vertrag (und nicht „Pakt“ – das ist ganz ausdrücklich eine Formulierung der Nazis!) nichts weiter wurde als ein Fetzen Papier, erwies sich, als die faschistischen Nazihorden am 22.Juni 1941 heimtückisch die friedliche Sowjetunion überfielen. Wir haben den Beitrag auch deswegen übernommen, weil er noch einmal die Vorgeschichte und die Hintergründe dieses verbrecherischen deutschen Überfalls darlegt.

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    1. Tut mir sehr leid, Genosse Norbert, für diejenigen die den Fakten nicht wahr haben wollen:
      Es sind da ZWEI große Verträge:
      •„Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“ vom 23. August 1939
      •„Deutsch-sowjetischer Grenz- und Freundschaftsvertrag“ vom 28. September 1939
      Selbstverständlich halte ich daß die UdSSR völlig berechtigt war diese Verträge abzuschließen und zu erfüllen, einzuhalten.
      Die Diplomatie hat eben eine andere Sprache, andere Ausdrucksweisen, als die Parteiagitation.
      Mit sozialistischem Gruß,
      Nadja

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    2. Hallo Genosse Norbert,
      Es gibt gar keinen Grund eingeschnappt zu sein und so unsachlich, verbissen zu reagieren.
      Genosse J.W. STALIN selbst benutzt der Wortlaut „Nichtangriffspakt“. Siehe J.STALIN „Über den roßen Vaterländischen Krieg der Sowjetunion“ Moskau 1946 S. 7/8. Hingegen W.M. MOLOTOW „Über die Ratifizierung des sowjetisch-deutschen Nichtangriffsvertrages“, Moskau 1939 . Bei Woroschilow (Izwestija 27.08.39) wiederum „Nichtangriffspakt“. Selbstverständlich derart in der deutschen Übersetzung. Ich zitiere hierbei aus das von mir empfohlene Band III der „Geschichte der Diplomatie“ unter der Redaktion von Akademiemitglied W.P. Potjomkin, Moskau 1947.
      Zu beanstanden (an dieses Lehrbuch) ist daß der Nichtangriffsvertrag zwar erwähnt wird, jedoch nicht im Wortlaut, nur der Inhalt nach. Und bewußt, absichtlich endet die Chronologie am 3. September 1939!
      Nachfolgend gab es in der DDR gab darüber das Ganze nur Andeutungen und wer es zu genau wissen wollte, konnte rechnen mit eine Klärung der Angelegenheit ,ein Gespräch mit den „zuständigen Organen“. Und die Parteigenossen waren gebunden durch den demokratischen Zentralismus und die Imperative der Karriere!
      Ich hoffe daß ich deutlich war, richtig verstanden werde. Siehe weiter als Bonus in „Politiek en Cultuur“einen Faksimile des Aufsatzes „Die UdSSR – ein wirklicher Friedensfaktor“ ebenda S. 799-800.
      Mit sozialistischem Gruß,
      Nadja

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      1. Hallo Nadja,
        das ist lächerlich. Aber bevor wir uns hier in Details verlieren: Stalin sprach bekanntlich Russisch. Und da kann man nachlesen, was überall im Originaltext geschrieben steht: „советско-германский договор о ненападении“ (договор = Vertrag!) – im deutschen Text bestand man hingegen auf der Formulierung „Pakt“, was vom Sinngehalt nunmal etwas ganz anderes bedeutet. Aber ich will hier nicht wiederholen, was Genosse Dr. Gossweiler schon ausführlich begründet hat. Nachzulesen hier: http://sascha313.blog.de/2011/04/29/gewalt-verteidigung-kommunismus-unmoralisch-11073887/ und hier: http://www.kurt-gossweiler.de/index.php/deutsch-sowjetischer-nichtangriffspakt-von-1939
        Für die „zuständigen Organe“ kann ich natürlich nichts ))))
        Norbert

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      2. Hallo Genosse Norbert,
        Du bist eben rechthaberisch, und da kann ich nichts ändern. Lächerlich ist jedenfalls mich darauf hinzuweisen daß Stalin bekanntlich Russisch sprach. Ich zitierte „Nichtangriffspakt“ nach eine Dietz Ausgabe der Reden Stalins. Meinetwegen kannst Du ruhig anstatt dessen „Nichtangriffsvertrag“ benutzen. Interessanter ist schon daß in der Regel Nichtangriffsverträge geschlossen werden zwischen Staaten wovon wenigstens eine aggressive Gelüste hat. Was bürgerliche und revisionistische Publizisten auch behaupten mögen: Die Stalinsche Außenpolitik dieser Zeit bleibt bewundernswert und lehrreich.
        Mit sozialistischem Gruß,
        Nadja

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  9. Hier gefunden:
    http://www.kurt-gossweiler.de/index.php/deutsch-sowjetischer-nichtangriffspakt-von-1939/110-anmerkungen-zum-deutsch-sowjetischen-nichtangriffsvertrag-und-zur-rolle-stalins-im-zweiten-weltkrieg-1996-2

    „Soviel zum “Geheimabkommen” vom 23. August 1939. Und was ist zum sogenannten “Freundschafts- und Grenzabkommen” zu sagen?

    Natürlich konnte und kann keinem Antifaschisten, erst recht keinem Kommunisten, die Bezeichnung eines Abkommens zwischen dem faschistischen Deutschland und der Sowjetunion als “Freundschaftsabkommen” gefallen; sie muss vielmehr als Verletzung unantastbarer Grundsätze empfunden werden. Das war auch meine Empfindung damals, als ich die Nachricht über dieses Abkommen las. Zugleich aber war ich absolut sicher, dass von wirklicher Freundschaft von beiden Seiten her keine Rede sein konnte, dass es also für die Zustimmung der Sowjetunion zu einer solchen Bezeichnung besondere Gründe gegeben haben muss. Denn der Inhalt – die Festlegung der endgültigen Demarkationslinie, die den Übergang auch Litauens und damit des ganzen Baltikums aus der “Interessensphäre” Hitlerdeutschlands in die der Sowjetunion bedeutete, war ja in Wahrheit ein eindeutiges Zeugnis des Misstrauens der Sowjetführung gegenüber Hitlerdeutschland.

    Daher vermutete ich, ja, ich war mir ziemlich sicher, dass es nicht die Sowjetunion, sondern Nazideutschland war, auf dessen Drängen die Bezeichnung des Abkommens als “Freundschaftsab-kommen” zurückging. Meine Freude und Genugtuung war groß, als ich später beim Studium des Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher diese meine Vermutung bestätigt fand.

    Auf Verlangen des Verteidigers des Nazi-Außenministers Ribbentrop, Seidl, wurde dort nämlich eine Aufzeichnung des Leiters der Rechtsabteilung des deutschen Außenministeriums, Gaus, über die Verhandlungen zum Nichtangriffsvertrag in Moskau verlesen. Darin findet sich auch folgende aufschlussreiche Passage:

    “Herr v. Ribbentrop hatte persönlich in die Präambel des von mir angefertigten Vertragsentwurfs eine ziemlich weitgehende Wendung, betreffend freundschaftlicher Gestaltung der deutsch-russischen Beziehungen eingefügt, die Herr Stalin mit dem Bemerken beanstandete, dass die Sowjetregierung, nachdem sie sechs Jahre lang von der nationalsozialistischen Regierung mit ‚Kübeln von Jauche‘ überschüttet worden sei, nicht plötzlich mit deutsch-russischen Freundschaftsversicherungen an die Öffentlichkeit treten könne. Der betreffende Passus wurde daraufhin gestrichen bzw. geändert.” (5)

    Wenn die Sowjetregierung vier Wochen später doch zustimmte, von “Freundschaft” zwischen beiden Staaten zu reden, dann verdeutlicht das nach meinem Dafürhalten vor allem eins: dass in der gegebenen Situation nicht nur die Sowjetunion einen Preis für ihre Nichtangriffshaltung verlangen konnte, sondern Hitlerdeutschland seinerseits auch einen Preis für seine Zustimmung zu den sowjetischen Forderungen hinsichtlich der Demarkationslinie. Ob die sowjetischen Zugeständnisse zu weit gingen – darüber wird man noch lange streiten können; aber absolut unerträglich und unzulässig ist für mich eine Kritik an der damaligen sowjetischen Politik seitens derjenigen, die aktiv dazu beigetragen haben, dass es heute keine Sowjetunion und keine sozialistischen Verbündeten der Sowjetunion mehr gibt, und die sich dessen auch noch rühmen.

    Eine kurze Bemerkung noch zu der Feststellung Stefan Doernbergs, die Antihitlerkoalition sei “das natürliche Ergebnis” der damaligen Gegebenheiten und Erfordernisse gewesen.

    War das wirklich so? Wäre nicht ein viel “natürlicheres” Ergebnis eine Antisowjetkoalition der imperialistischen Staaten gewesen, wie sie in den Interventionskriegen der frühen zwanziger Jahre schon bestanden hatte und sich im Münchner Abkommen von 1938 schon wieder in Umrissen abzeichnete?

    War es denn nicht so, dass es größter Anstrengungen der Sowjetregierung und der Fähigkeit bedurfte, entsprechend den Leninschen Weisungen die imperialistischen Gegensätze maximal auszunutzen, um das Zustandekommen einer imperialistischen Einheitsfront gegen die Sowjetunion zu verhindern? Nein, die Antihitlerkoalition war keineswegs ein selbstverständliches, “natürliches” Ergebnis von Umständen, sondern das Ergebnis einer klugen leninistischen Politik, deren Kernstück der Nichtangriffsvertrag war. Ohne Abschluss des Nichtangriffsvertrages – keine Antihitlerkoalition! Nur der Nichtangriffsvertrag vereitelte das imperialistische Ränkespiel, Hitlerdeutschland und die Sowjetunion in einen gegenseitigen Vernichtungskrieg zu treiben, selbst aber abwartend beiseite stehen zu können, indem er die Westmächte zwang, als erste den Kampf gegen das faschistische Deutschland aufzunehmen.“

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    1. Eigentlich finde ich es allmählich ermüdend, gähnend langweilig, zum zig´sten Male sich mit all den bürgerlichen Geschichtchen-Müll zum angeblichen „Hitler-Stalin-Pakt“, gar als „Wegbereiter“(!) in WK II, noch immer, oder immer wieder zu befassen.

      Daher hier nur ein kleiner „Geheimtip“, wie die damalige Situation im Jahre 1939 sich für die UDSSR darstellte und wie sie hoffte, diese Klippen irgend wie heil zu umschiffen:

      http://www.stalinwerke.de/band14/b14-015.html

      Noch eine kleine Anmerkung zum in diesem Referat erwähnten „Russland als (erneuter)Festlanddegens Englands“:

      Auch Adolf Hitler erklärte zu Beginn des Jahres 1939 ebenso öffentlich wie J.W. Stalin, dass auch Deutschland keineswegs geneigt sein, zur Freude und Gewinn der „Plutokraten“ und „Kriegshetzer“ in London und Paris die Völker beider Länder in ein neues Blutvergießen wie in den Jahren 1914-1917 zu führen!

      Damit haben beide Staatsführer schon im Frühjahr 1939 den Grundgedanken, den eigentlichen „Geist“ des späteren Nichtangiffsvertrages von August 1939 öffentlich vorweggenommen und vorgetragen, nämlich auf keinen Fall zum Vorteil von Paris und London sich in einen gegenseitigen mörderischen Krieg zu verstricken, wenn auch aus gesellschaftlich bedingten sehr unterschiedlichen Motiven.
      Auch bei diesen Vertrag galt der alte Bismarck´sche Grundatz, dass es für und zwischen Staaten keine Freundschaft, sondern nur Interssen gäbe.
      Persönlich bin ich davon überzeugt, dass Lenin im August 1939 nicht anders gehanelt hätte, gar nicht anders handeln können, da es die unerbittliche Logik der Umstände war, welche damals den Genossen Stalin sogar nötigte, im Beisein von NS-Außenminister Ribbentrop sein Wodka-Glas auf den „Führer“ und sein „deutsches Volk“ mit einem vielsagenden(?) Lächeln zu erheben.

      Doch nun lest den Genossen Stalin selbst! 🙂

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  10. Danke für die Hinweise. Ich sehe es so, wie eben auch Gen. Gossweiler schon erklärt hat: „Ein Pakt ist ein Bündnis zu einem gemeinsamen Tun, ein Nichtangriffsvertrag ist ein Abkommen über ein beiderseitiges Nicht-Tun.“ Und wir sollten sorgfältig mit den Begriffen umgehen. Das gleiche gilt für „Ostblock“, „Mauer“, „Warschauer Pakt“, „Eiserner Vorhang“, „Ostzone“, „Stalinismus“, „Stalin-Ära“ usw. wie eben auch für „Hitler-Stalin-Pakt“, auch wenn damals das Wort ‚Pakt‘, wie auch Wort ‚Freundschaft‘ – nur widerstrebend! – von sowjetischer Seite akzeptiert wurde. Das sind demagogische bürgerliche Begriffe, deren Falschheit und Verleumdung oft nicht sogleich erkannt wird. Oft erkennt man den Standpunkt schon an den Begriffen.

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