Schon während des zweiten Weltkrieges stellten die großen amerikanischen Monopole, die an diesem Kriege verdient hatten wie noch nie, ihren langfristigen Planern die Aufgabe: Wie kann man verhindern, daß in einer Umstellungskrise auf Friedenswirtschaft, wie nach dem ersten Weltkrieg, ein großer Teil der Kriegsgewinne wieder verlorengeht. Mit welchen Methoden dafür gesorgt wurde, daß die Rüstungsausgaben bis heute ständig weiterstiegen, ist immer wieder untersucht und dargestellt worden, und der Kampf gegen den Wahnsinn der vor allem von dem berüchtigten militärisch-industriellen Komplex der USA-Wirtschaft immer weiter getriebenen Aufrüstung steht mit Recht im Mittelpunkt der internationalen Auseinandersetzungen.
Die Schuldigen an der „Wegwerfgesellschaft“
Daneben tritt das Problem der Profitmaximierung bei anderen Monopolgruppen manchmal etwas in den Hintergrund: Mit welchen Methoden wurde zum Beispiel die Hypertrophierung der amerikanischen und später auch der westeuropäischen „Konsumgesellschaft“ zur „Wegwerfgesellschaft“ erreicht, die auch den Giganten dieser Branche bis heute Gewinne gesichert hat, die sie zum, nächst der Rüstungsindustrie, profitabelsten Zweig der kapitalistischen Weltwirtschaft und zu einem der größten Mitschuldigen an der sinnlosen Verschwendung wertvoller Rohstoffe gemacht haben?
…werden nicht beim Namen genannt!
Gegen das Versprechen, weder die Auftraggeber noch deren Produkte zu nennen, durfte Betty Friedan die modernen Methoden der Manipulation ganzer Volksschichten in einem der größten Markt- und Motivationsforschungsinstitute New Yorks studieren, dem seine Auftraggeber noch heute jährlich viele Millionen Dollar für seine Forschungsergebnisse zahlen.1 Es erhielt schon vor 1945 den Auftrag, zu erforschen, wie man nach Kriegsende am besten die kriegsbedingten Superprofite durch verstärkten Verkauf auch von Konsumgütern noch erhöhen könne.2
Die wichtigsten Kunden von Konsumgütern
Die erste Feststellung des Instituts war, daß in den USA 75 Prozent der Einkäufe von Konsumgütern von Hausfrauen getätigt werden. Nach einer mit allen Raffinessen moderner Motivationsforschung durchgeführten Untersuchung wurden, diese wichtigsten Kunden in drei Gruppen eingeteilt:
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Etwas altmodische Hausfrauen, die zwar schwierig, aber bei einigem Geschick doch überredet werden können, moderne Haushaltsgeräte und -mittel, selbst teure, zu kaufen.
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Berufstätige Frauen, die ihren Haushalt nur nebenbei erledigen, deshalb nicht so wichtig nehmen, nur die notwendigen und zweckmäßigen, wirklich zeitsparenden Haushalt- und Konsumwaren kaufen und selbst bei Autos usw. weniger auf Repräsentation und mehr auf Zweckmäßigkeit sehen. Sie sind mit Abstand die schlechtesten Kundinnen für eigentlich überflüssige Konsumgüter.
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Die einigermaßen gebildete „moderne“ Hausfrau, die sich leicht zu moderner Technik im Haushalt überreden läßt, auch wenn diese nicht unbedingt notwendig ist und ihre Reinigung oft mehr Zeit kostet, als durch ihre Anwendung eingespart wurde, und die auch wegen ihres erhöhten Luxus- und Repräsentationsbedürfnisses und ihrer vielen ungenützten Zeit weitaus die beste Kundin ist. Vor allem, wenn man ihr beigebracht hat, daß „Hausfrau und Mutter“ eigentlich ein hochqualifizierter Beruf ist, und dafür sorgt, daß die im technisierten Haushalt überreichlich anfallende Freizeit ebenfalls marktgerecht ausgefüllt wird.
Aber gerade dieser Typ ging im zweiten Weltkrieg zahlenmäßig zurück, während – begünstigt durch die kriegsbedingte Abwesenheit von Millionen Männern – der Typ der schlechtesten Kundin für falschen Überfluß, die voll berufstätige Frau, ständig stark zunahm. Was nun folgte, ist auf den ersten Blick fast unglaublich.
Wer mitmacht, gewinnt – wer sich weigert, geht bankrott…
Doch die betreffenden, dem genannten Kapitel unmittelbar folgenden Teile des Buches von Betty Friedan sind durch persönliche Interviews und einschlägige Literatur besonders beweiskräftig und immer mit Namen und Adresse der interviewten Chefredakteure, höheren Schul-, Colleges-, Universitäts- und Institutsdirektoren dokumentiert. Bei ihnen allen – und ihre Zeitungen, Zeitschriften, Frauenmagazine usw. leben vor allem von Inseraten, ihre Bildungs- und Forschungs-Institutionen ganz wesentlich von Stiftungen der großen Konzerne und schwerreichen Familien – erschienen gegen Ende des zweiten Weltkrieges oder kurz danach Vertreter ihrer „Brotgeber“ und forderten die Umstellung auf den gewünschten Frauen- und Käuferinnen-Typ, wobei sie die notwendigen „wissenschaftlichen“ Argumente gleich mitbrachten. Wer mitmachte, florierte, wer sich weigerte, machte bankrott.
Nur wenige widerstanden dem Druck…
Oder er kapitulierte, oft, wie Betty Friedan beweist, wider besseres Wissen. Das war um so leichter, als ja auch die Wissenschaften und Pseudowissenschaften, die nicht nur für die „moderne“ Frau mit dem „Beruf“ Hausfrau und Mutter, sondern meist zugleich für den „Agressionstrieb“ als Ursache von Kriegen und damit für die Fortsetzung der Rüstungen, zusätzlich zu den offen antikommunistischen, völlig unpolitisch-„wissenschaftliche“ Begründungen lieferten, unter einem warmen Regen beträchtlicher Dollarstiftungen aufblühten wie noch nie. Bald galt jeder als rückständig und unmodern, der ihren „unfehlbaren“ Lehrmeinungen widersprach. Nur sehr wenige Zeitschriften und Institutionen widerstanden diesem massiven Druck.
Kartellabsprachen – nur eine Verschwörungstheorie?
Natürlich gab es Nachweise gezielter Manipulation ganzer Volksschichten schon vorher, vor allem durch marxistische Soziologen. Die gleichzeitige Umstellung fast aller Massenmedien, der höheren Schulen (Colleges) vor allem für Mädchen, der Universitäten, Institute und wissenschaftlichen Zeitschriften konnte jedoch selten so exakt mit Namen und Adresse nachgewiesen werden. Sie erfolgte so schnell und einheitlich, daß selbst die bürgerliche Soziologin Betty Friedan die Frage aufwirft, ob dahinter nicht eine verabredete Generallinie der interessierten Monopole stecke. Sie verneint das als „Verschwörungstheorie“. Vielleicht etwas zu vorschnell, da sie selbst angibt, daß die grundlegende Studie des New Yorker Instituts, von der sie ausgeht, an alle interessierten Großfirmen verkauft wurde und daß andere Marktforschungsinstitute gleiche Aufträge (mit gleichem Ergebnis) bekamen. Kartellähnliche Absprachen zwischen Monopolen sind ja nun wirklich nicht so selten.
Manipulationen im großen Stil
Trotzdem hat Betty Friedan natürlich recht, wenn sie in Übereinstimmung mit Untersuchungen marxistischer Gesellschaftswissenschaftler die Hauptursachen für diese Entwicklung, die das ganze Gesicht der USA und nicht nur dieses kapitalistischen Hauptlandes verändert und die Deformierung der ganzen kapitalistischen Weltwirtschaft mitbestimmt hat, in größeren sozialen Zusammenhängen sucht, die eine solche Manipulation großen Stils und mit so langer Wirkung erst ermöglicht oder zumindest erleichtert haben.
So schalten die USA ihre Konkurrenten aus
Nur hingewiesen sei in diesem Zusammenhang – um den Rahmen dieser Abhandlung nicht zu sprengen – auf die Auswirkungen der Methoden, mit denen die USA bewußt den Krieg auch auf Kosten ihrer eigenen Verbündeten führten und die Betty Friedan nicht einmal erwähnt. So wurde durch die Methoden des „lend and lease“ (pachtähnliche Überlassung von Kriegsmaterial zu genau vorgeschriebenen wirtschaftlichen Bedingungen) einer ihrer schärfsten Konkurrenten, die englische Konsumgüterindustrie, sowohl auf deren eigenem, innerem, als auch auf deren Dominion- und Kolonialmärkten eine Zeitlang fast völlig ausgeschaltet, wovon sie sich bis heute nicht erholt hat.
Eine aufgeblähte Konsumgüterindustrie
Dazu kam, daß auch die französische, deutsche und japanische Konsumgüterindustrie durch den zweiten Weltkrieg auf dem Weltmarkt zeitweilig ausgeschaltet und weitgehend durch USA-Produkte verdrängt waren. Die, dadurch übermäßig aufgeblähte Konsumgüterindustrie der USA brauchte also eine Verstärkung des eigenen inneren Marktes doppelt notwendig, da früher oder später mit einem gewissen Erfolg von Versuchen der anderen kapitalistischen Industrieländer, nach Kriegsende auf ihre alten Märkte zurückzukehren, wie wir es gegenwärtig selbst auf dem Binnenmarkt der USA erleben, gerechnet werden mußte. Zweifellos liegt hier eine der stärksten unmittelbaren Ursachen für die gezielte Manipulation, die in den USA den Weg zur „Wegwerfgesellschaft“ geebnet hat.
Warum manipulierten USA-Konzerne ihre Kundinnen?
Als eine Hauptursache für die erfolgreiche Manipulierung der US-amerikanischen Frauen nennt Betty Friedan ausdrücklich die Rückkehr von Millionen Männern aus dem Kriegsdienst. Was sie wieder verschweigt ist, daß die Führer der USA während des ganzen zweiten Weltkrieges gegenüber allen ihren Verbündeten die Devise „Not our boys“ (nicht unsere Jungs) befolgten und dafür sorgten, daß amerikanische Truppen sowenig wie möglich eingesetzt wurden. So hatten die USA während des zweiten Weltkrieges mehr Verkehrstote als Kriegstote.
Schwachpunkte wurden geschickt vermarktet
Betty Friedan beschränkt sich auf den Hinweis, daß praktisch alle Männer zurückkamen und ihren alten, inzwischen in der Regel von Frauen besetzten Job wiederhaben wollten. Dazu kam, daß nicht wenige Frauen infolge des Fehlens jeder Kindereinrichtungen oder anderer Hilfe oder doch ihrer Verteuerung durch die Kriegsumstände am eigenen Leibe erfahren hatten, wie schwer eine „Rückkehr des weiblichen Geschlechts in die öffentliche Industrie“ unter kapitalistischen Bedingungen sein kann. Fügt man dazu die sexuelle Aufstauung durch oft jahrelange Trennung bzw. den kriegsbedingten Rückgang der Geburten und den dadurch verstärkten Kinderwunsch vieler Frauen und schließlich die durch alles das hervorgerufene Lockerung der bürgerlichen Sitten, so wird klar, wie fruchtbar der Boden war für die Popularisierung von „Wissenschaften“, die, wie der Neofreudismus, allen diesen bewußten und unbewußten Wünschen entgegenkamen. Aber auch, wie geschickt die Manipulatoren schwache Punkte der USA-Gesellschaft herausgefunden und „vermarktet“ haben.
Die Zielgruppe sind die „middle classes“
Bleibt noch zu erwähnen die Verrottung der Stadtkerne, und die dadurch verstärkte Tendenz zur Flucht der „middle classes“ in die Vorstädte, in Eigenheime und angenehme Nachbarschaft, ohne Arbeiter und Farbige, kräftig unterstützt von der einträglichen Grundstückspekulation und den Interessenten am dadurch vergrößerten Autobedarf – alles as erwähnt Betty Friedan bestenfalls nebenbei –, und das Bild der radikalen Trennung von Arbeitsstätte und Familienmilieu, das die große Manipulation der Frauen aus den „middle classes“ der USA zum „Wohle“ ihrer Kinder auf eigenen Beruf und eigene Persönlichkeit zu verzichten, so erleichtert hat, ist komplett.
Wie in den USA, so auch anderswo…
Zweifellos weist dieses von Betty Friedan gezeichnete und von uns vervollständigte Bild einige Züge auf, die auf Besonderheiten der Entwicklung in den USA zurückzuführen sind. Einige, zum Beispiel die relativ hohe Kaufkraft der „middle classes“, sind auch durch Arbeitslosigkeit selbst hochqualifizierter Intellektueller und in letzter Zeit vor allem durch Inflation mehr an die Zustände anderer kapitalistischer Länder angeglichen worden, in denen es ähnliche Entwicklungen gegeben hat.
So führten in den englischen Großstädten die massiven deutschen Bombenangriffe schon während des zweiten Weltkrieges dazu, daß viele noch in der Innenstadt lebende zahlungskräftige Familien in die ländlichen Randgebiete vor allem Londons zogen, von denen aus die Männer (Beamte, höhere Angestellte, Geschäftsleute) noch heute täglich morgens in ihre Büros in die Innenstadt und abends zu ihren „Berufshausfrauen“ zurückfahren.
Ähnliches entwickelte sich in Schweden und den anderen skandinavischen Ländern, Holland, Belgien usw. und führte dazu, daß ganze „Schlafstädte“, bewohnt von „green widows“ (grünen Witwen), entstanden, in denen sich tagsüber kaum ein Mann (außer dem Milchmann, dem Postboten usw., die oft erstaunliche Nebenfunktionen ausübten) aufhielt.
Pseudowissenschaftliche Meinungsmache
Die Tatsache, daß – modifiziert durch nationale Besonderheiten – solche Zustände sich in allen hochindustrialisierten kapitalistischen Ländern herausgebildet haben, deutet darauf hin, daß sich hier gewisse innere Gesetzmäßigkeiten der monopolkapitalistischen Gesellschaft auswirken. Zwar läßt sich die Manipulation von öffentlicher Meinung und „wissenschaftlichen“ Auffassungen zum Zweck der Profitmaximierung nicht immer so konkret nachweisen, wie das Betty Friedan anhand ihrer Untersuchungen im genannten New-Yorker Institut und mit Hilfe ihrer gezielten Interviews tun konnte.
BRD: Feindliche Haltung zu berufstätigen Müttern
Aber gerade durch ihre einseitig feministische Interpretation, die oft von den wirklichen Ursachen ablenkt, wirkt sie in den aufgedeckten Tatsachen um so beweiskräftiger. Der Rückschluß ist zwingend, daß auch die einseitig ablehnende, ja feindliche Haltung zu berufstätigen Müttern in allen hochindustrialisierten kapitalistischen Ländern, besonders kraß in der Bundesrepublik Deutschland, durch Ausnutzung rückständiger Auffassungen und Propagierung biologistischer Gesellschaftstheorien von daran interessierten, einflußreichen Kreisen bewußt gefördert wurde. Und noch wird.
Das beweisen unter anderen die Schriften der wenigen tapferen Kämpfer gegen den ganzen „christlich-sozialen“ Mief, mit dem in der Bundesrepublik jeder Ansatz einer realistischen Haltung zu den Problemen berufstätiger Frauen und ihrer Familien immer wieder erstickt werden kann und gegen den auch Parteien wie die SPD oder auch die FDP aus Gründen der Wahlstrategie – man will die Stimmen breiter, in Familienfragen besonders zurückgebliebener Wählerschichten nicht verlieren – nur äußerst vorsichtig argumentieren. Wenn überhaupt.
Ein Beispiel dieses – man muß es in Anbetracht der Zustände, die auf diesem Gebiet in der Bundesrepublik herrschen, wiederholen – tapferen Kampfes gegen Frauenfeindlichkeit sind die Schriften von Ursula Lehr3. Hier wird ganz vom bürgerlich-liberalen Standpunkt argumentiert, was zur Folge hat, daß einerseits der bequeme Ausweg in feministische Pseudotheorien oder ultralinke Familienexperimente vermieden wird, andererseits aber auch bei ihr die Probleme der berufstätigen Mutter aus der Arbeiterklasse nur mehr nebenbei als die der „Unterschichten“ und nicht immer mit vollem Verständnis behandelt werden. Uneingeschränkt verdienstvoll dagegen ist der von ihr geführte Nachweis, daß und wie bis heute in der .BRD das Rollenbild von Mann und Frau durch Schulbesuch, Lesestoff, Funk und Film im Sinne von Schillers „Glocke“ manipuliert wird. Da muß der Mann noch immer „hinaus ins feindliche Leben“, die „züchrige Hausfrau“ dagegen „waltet drinnen“ … nach wie vor „im häuslichen Kreise“4. Dieses nicht aus dem 19., sondern aus dem 18. Jahrhundert stammende Familienbild wird dem Volk, allen Realitäten unseres Jahrhunderts zum Trotz – wie Ursula Lehr nachweist –, zum Schaden sowohl der jungen wie der älteren Frauen mit allen Raffinessen moderner Manipulationstechnik eingebläut.
Veränderte wirtschaftliche Verhältnisse…
Vor allem in den USA, wo die Auswirkungen auch auf bürgerliche Intellektuelle am spürbarsten waren, hat inzwischen eine gewisse Gegentendenz in Gesellschaft und Wissenschaft mehr oder weniger spontan konkreten Ausdruck gefunden. Nach einem Bericht von Paul C. Glick, Direktor der Abteilung Bevölkerung im Statistischen Büro der USA, steigt das Heiratsalter seit Mitte der siebziger Jahre in den USA wieder, und die sensationell hohe Geburtenrate ist gleichzeitig fast ebenso sensationell wieder gesunken. Die verschlechterte wirtschaftliche Lage vieler Familien der „middle classes“ zwingt auch viele junge Frauen aus diesen Schichten, sich trotz der ihnen eingetrichterten „wissenschaftlichen“ Bedenken bezahlte Beschäftigung außerhalb des Hauses zu suchen. Das ist eine der Ursachen dafür, daß später geheiratet wird.
1960 waren nur 28 Prozent der Frauen zwischen 20 und 24 Jahren in den USA unverheiratet. 1974 waren es 40 Prozent. Gleichzeitig verdreifachte sich von 1964 bis 1974 die Anzahl der Frauen, die wieder ein „College“ bis zum Abschluß besuchten. Die Tendenz bei jungen Frauen aus den „middle classes“, überhaupt unverheiratet zu bleiben und Alternativen zur Heirat, die ihnen besser gefallen, zu suchen, nimmt deutlich zu.5
Wie die Vertreterin der Frauenorganisation „Women for Racial and Economic Equality“ (Frauen für rassische und ökonomische Gleichberechtigung) aus den USA auf der Internationalen Konferenz zum 100. Jahrestag des Erscheinens von Bebels Buch „Die Frau und der Sozialismus“ mitteilte, stieg in den USA die Anzahl der berufstätigen Frauen im Alter von 20 bis 24 Jahren von 46,1 Prozent der Frauen dieser Jahrgänge im Jahre 1960 auf 66,5 Prozent im Jahre 1977, reicht also weit in die sogenannten middle classes hinein.
In der heutigen amerikanischen Frauenbewegung spielen deshalb berufstätige Frauen eine immer größere Rolle. Sie beginnen den rein feministischen Einfluß zurückzudrängen und tragen die beiden Geschlechtern gemeinsamen Probleme der Arbeiterbewegung in diese breite Frauenbewegung hinein.6 Und das hat die „gemäßigte Feministin“ Betty Friedan wirklich nicht gewollt.
Rückständige Ansichten in der BRD
Auch in der BRD, deren Intellektuelle besonders gern – manchmal mit geradezu peinlich wirkender nationaler Würdelosigkeit – jeder Nuance der politisch-ideologischen Entwicklungen und Fehlentwicklungen in den USA folgen, gibt es ähnlich zwiespältige Tendenzen. Einerseits steht das alte bürgerliche Familienideal noch immer als eine Art Selbstverständlichkeit fest. Andererseits entstehen durch die realen Verhältnisse der Gegenwart selbst bei bürgerlichen Frauen Zweifel daran. So konnte man zwar noch im Juli 1980 auf dem Internationalen Kongreß für Psychologie in Leipzig von Teilnehmern aus der BRD – sowohl Männern als Frauen – das aus den USA übernommene Argument hören, die Frau, die ihrem Mann alle häuslichen Sorgen und Probleme abnehme, verschaffe ihm einen Konkurrenzvorteil, der in der „freien Welt“ entscheidend sein könne. Sie finde in seinen Erfolgen auch ihre Selbsterfüllung. Aber das war doch mehr eine meist indirekt und in privaten Diskussionen zum Ausdruck gebrachte Meinung.
Feminismus oder Klassenkampf?
Die Gegentendenz wurde jedoch auch dort sichtbar: Ein Hauch von „Feminismus“ gehört eben heutzutage, wie in allen „westlichen“ Ländern, so auch in der BRD, zum Selbstverständnis der modernen bürgerlichen Frau, ist „in“. Und da kluge Frauen früher oder später aus eigener Erfahrung merken, daß der „Klassenkampf gegen die Männerherrschaft“, wie ihn „radikale Feministinnen“ predigen, radikaler Unsinn ist, wird diese Erkenntnis bei den mutigsten und konsequentesten zum ersten Schritt auf dem Wege zum wirklichen Klassenkampf an der Seite der organisierten Arbeiterbewegung gegen die männer- und frauenfeindliche Ausbeuterordnung des Kapitalismus.
Sozialismus ist der einzige Ausweg!
Denn eines wird bei sachlicher Untersuchung auch der bürgerlichen Familienprobleme der Gegenwart immer klarer: Der Kapitalismus hat das Dilemma der modernen Frau zwar geschaffen, er kann es jedoch nicht lösen. Die bürgerliche Familie endet, mit innerer Folgerichtigkeit und – wieder von wenigen, in Ausnahmeumständen begründeten Ausnahmefällen abgesehen – fast gesetzmäßig, in der „amerikanischen Sackgasse“, der freiwilligen Unterordnung der Ehefrau unter die Interessen ihres Mannes und beim Verzicht der Ehefrau auf eine volle Entfaltung aller Potenzen ihrer eigenen Persönlichkeit. Den Ausweg eröffnet auch hier erst der Kampf und der Sieg der Arbeiterklasse.
Quelle:
Heinz H. Schmidt: Die berufstätige Mutter. Ursachen und Lösung ihres Dilemmas. Dietz Verlag Berlin 1981, S.51-60. (Zwischenüberschriften eingefügt, N.G.)
1Siehe: Institute for Motivational Research, Croton on Hudson/New York. (Infolge des Versprechens ist dieses Kapitel des Buches das einzige, das nicht genau dokumentiert ist, obgleich die geschickte Schreiberin andeutet, daß es sich bei den Auftraggebern um solche Monopolgiganten wie General Electric, General Foods, General Motors, Macy’s and Gimbels und einige andere marktbeherrschende moderne Konglomerate, Kauf- und Versandhauskonzerne handelt.)
2Siehe Betty Friedan: The Feminine Mystique, S. 199.
3Siehe Ursula Lehr: Ist Frauenarbeit schädlich? Im Spannungsfeld von Familie und Beruf, Zürich/Osnabrück 1979.
4Ebenda, S. 43.
5Siehe: Planned Parenthood Bulletin, Bd. XXV, Nr. 4, Oktober 1977.
6Siehe: Internationale Konferenz des Zentralkomitees der SED aus Anlaß des 100. Jahrestages des Erscheinens von August Bebels Buch „Die Frau und der Sozlalismus“, Berlin 1979, Arbeitsprotokoll, Bd: I, S. 53, 62-63.
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