Kann man die menschliche Gesellschaft verbessern?

KiewWenn einige Jugendliche es in Kiew anfangs noch ganz ‚cool‘ fanden, Barrikaden zu bauen und gegen ihren Staat zu protestieren, und sie laut ‚Revolution‘ riefen, so sind sie doch im Irrtum. Denn: „Revolutionen setzen Wissen und Ideen voraus, nicht Unwissen. Die Revolutionen setzen ein Vorwärtsgehen voraus und nicht den Rückgang in vergangene Jahrhunderte.“ (Bashar al-Assad [1])

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Chruschtschow – der Mörder Stalins und der UdSSR

Chruschtschow Mörder

Der Führer der Völker der Sowjetunion wurde nicht von Lawrenti Berija ermordet, sondern von dem künftigen Anführer der Parteinomenklatur. Für diejenigen, die sich mit der Frage „Wer ermordete Stalin?“ beschäftigt haben, ist das Thema abgeschlossen. Doch eine einheitliche Meinung, wer dafür verantwortlich ist, gibt es darüber nicht. Zum Beispiel behauptet N. Dobrjucha (siehe «АН», №7 und №8, 2013), daß Berija den Mord Stalins organisiert habe. Nachdem zur Erforschung der Epoche Stalins und Berijas nicht wenig Zeit aufgewendet und darüber eine ganze Reihe von Büchern geschrieben wurden (einschließlich des Buches von J. Muchin „Warum wurde Stalin ermordet?“), kann ich dem Leser versichern, daß die Erklärungen über die Mitwirkung Berijas an der Ermordung Stalins nichts weiter sind als eine Fiktion.

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Sowjetischer Rubel anstatt Dollar???

UdSSR
Bildüberschrift: „Wem kommt das Nationaleinkommen zugute? – In den kapitalistischen Ländern: der Löwenanteil den Ausbeutern, in der UdSSR: den Werktätigen.“

In den 50er Jahren hätte die Sowjetunion beinahe das USA-Finanzimperium zerstört

Im Jahre 1964 erzählte der französische Finanzminister dem französischen Präsidenten General de Gaulle eine Geschichte, wie sich das Vorkriegs-, und später das internationale Nachkriegsfinanzsystem gebildet hat. Er nannte folgendes Beispiel:
„Stellen Sie sich vor, auf einer Auktion wird ein Bild Raffaels verkauft, und der Streit geht zwischen dem Deutschen Friedrich, dem Araber Abdullah, dem Russen Iwan und Yankee John. Jeder von ihnen bietet für das Bild seine Waren an: der Araber Erdöl, der Deutsche Technik, der Russe Gold, und mit dem lustigen Lächeln bot der Yankee John bot den doppelten Preis, nahm aus seinem Geldbeutel ein Paket neuer 100-Dollar-Noten heraus, zählte sie ab, nahm das Bild und verschwand.“

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UdSSR (1953): Karrieristen kamen an die Macht

Wieso wurden solche Leute wie Chruschtschow, Shukow, Gorbatschow und andere zu Verrätern? Waren es persönliche Motive wie Rache, oder war es Egoismus, Geldgier? War es Machtrausch? Über die Motive kann man lange rätseln. Doch das ist ebenso unnütz, wie über die Beweggründe eines Göring, Goebbels oder Hitler nachzudenken.

Im Jahre 1964 sprach es Mao Tse-tung unmißverständlich aus:

Mao 1964

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War die Sowjetunion nach dem XX.Parteitag der KPdSU (1956) noch ein sozialistischer Staat?

sowjetische ArbeiterklasseSowjetische Arbeiterklasse

Was unter SOZIALISMUS zu verstehen ist, darüber gibt es weitverbreitete Unkenntnis.
Mal abgesehen von denen, die wissentlich oder unwissentlich verleumderische Mitteilungen darüber verbreiten, sind auch von jenen, die den Sozialismus selbst erlebt haben oder nur vom Hörensagen her zu kennen glauben, oft recht dumme Bemerkungen zu vernehmen. Der Sozialismus ist die einzige menschliche Alternative, um auf dieser, unserer Welt weiterzuleben. Natürlich werden die damaligen und die heutigen Kapitalisten und ihre Hoftrompeter dem nicht zustimmen, aber das hat ja auch niemand erwartet. Ob es damals in der DDR einen Sozialismus gegeben hat, darüber hatten wir schon geschrieben (siehe: Gab es einen Sozialismus in der DDR?), wie aber war das nun in der Sowjetunion? Was ist eigentlich Sozialismus? Und ist es wirklich so, daß die Sache selbst an und für sich gut ist, die Menschen aber schlecht sind? Oder wurde der Sozialismus von der Partei nur mißbraucht? Auf alle diese Fragen wollen wir versuchen, eine Antwort zu geben:

Die Grundzüge des Sozialismus?

Im Lehrbuch für die politischen Grundschulen von 1951 lesen wir: „In der Sowjetunion ist der Staat ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern, und die gesamte Macht gehört den Werktätigen in Stadt und Land. Die ökonomische Grundlage des Sozialismus bilden das sozialistische Wirtschaftssystem und das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln. Es gibt zwei Formen des sozialistischen Eigentums: das staatliche (Gemeingut des Volkes) und das genossenschaftlich-kollektivwirtschaftliche Eigentum. In der sozialistischen Gesellschaft gibt es schon keine Ausbeuterklassen mehr, und die Hauptunterschiede zwischen Arbeiterklasse und Bauernschaft sind überwunden, da die Arbeiter und Bauern in der einheitlichen sozialistischen Wirtschaft arbeiten. (…) Das wirtschaftliche Leben der sozialistischen Gesellschaft wird bestimmt und gelenkt durch den staatlichen Volkswirtschaftsplan, im Interesse der Vermehrung des gesellschaftlichen Reichtums des Landes, der ununterbrochenen Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus der Werktätigen, der Festigung der Unabhängigkeit der UdSSR und der Stärkung ihrer Verteidigungskraft. Dank dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln und der planmäßigen Lenkung der Volkswirtschaft sichert die sozialistisehe Gesellschaft sowohl ein hohes Entwicklungstempo der Produktion als auch ein hohes Produktionsniveau. Die Sowjetunion verfügt über eine mächtige sozialistische Industrie und über die am besten mechanisierte sozialistische Landwirtschaft, die die bedeutendste der Welt ist. Die Arbeit ist in der Sowjetunion Pflicht und eine Sache der Ehre eines jeden Bürgers. In der Sowjetunion wird das Prinzip verwirklicht: ‚Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung.‘ Das Prinzip des Sozialismus besteht darin, daß jeder nach seinen Fähigkeiten arbeitet und Gebrauchsgüter nicht nach seinen Bedürfnissen erhält, sondern nach der Arbeit, die er für die Gesellschaft geleistet hat, also nach der Menge und Qualität seiner Arbeit. In Übereinstimmung damit führt der Sowjetstaat eine strenge Kontrolle über das Maß der Arbeit und über das Maß des Verbrauchs der Mitglieder der Gesellschaft, legt die Arbeitsnormen und die Entlohnung der Arbeit fest. Die Art der Bestimmung und Staffelung des Arbeitslohns wird durch die Arbeitsgesetzgebung genauestens geregelt. Das Lohnsystem in den Sowjetbetrieben beruht auf dem Prinzip, das in der Sowjetverfassung in folgenden Worten festgelegt ist: ‚Die Bürger der UdSSR haben das Recht auf Arbeit, d.h. das Recht auf garantierte Beschäftigung mit Entlohnung ihrer Arbeit nach Menge und Qualität.‘ “ [1]

Wurde nach dem XX.Parteitag in der Sowjetunion der Kapitalismus eingeführt?

Darüber wurde häufig diskutiert. Die „Marxistisch-leninistische Partei Deutschlands“ (MLPD), eine linke Splittergruppe, behauptet: Ja. – Genosse Dr. Kurt Gossweiler sagt: Nein. Andere hingegen möchten das Thema am liebsten vom Tisch wischen und diskutieren derweil mit der Bourgeoisie über die angeblichen „Verbrechen Stalins“. Doch wenden wir uns den Tatsachen zu. Hier also Genosse Dr.Gossweiler: „Darüber, daß mit Chruschtschow ein Exponent des modernen Revisionismus sich an die Spitze der KPdSU gemogelt hat, dessen Ziel die Restauration des Kapitalismus war, gibt es zwischen uns keine Meinungsverschiedenheiten. Das argwöhnte und befürchtete ich ziemlich bald nach dem XX.Parteitag; dessen war ich mir sicher nach der ungarischen Konterrevolution vom Herbst 1956. Aber genau so sicher war ich mir auch, daß die Chruschschow-Clique nicht die ganze KPdSU war; Chruschtschows Machterschleichung bedeutete eine große Gefahr für den Sozialismus, aber noch keineswegs die Liquidierung des Sozialismus und die Umwandlung der Sowjetunion in einen kapitalistischen Staat.“ [2] Ausführlich legt Kurt Gossweiler dar, wie dies geschah, und welche Rolle die revisionistische Chruschtschow-Clique dabei spielte. Dieser Text ist unbedingt lesenswert. (s.Anhang)

Woran erkennt man einen kapitalistischen Staat?

Die grundlegenden Wesenszüge der kapitalistischen Staaten sind (nach Dr.Kurt Gossweiler:)
(1) Ziel der Produktion ist die Erzielung von Mehrwert bzw. Maximalprofit.
(2) Die anarchische Produktion. Es gibt keine gesamtstaatliche Planung.
(3) Verwandlung von allem Lebensnotwendigen in Waren. (Auch Arbeitskraft ist eine Ware!)
(4) Kapitalistische Profitmacherei in allen Lebensbereichen
(5) Einigkeit der kap.Länder gegen revolutionäre oder antiimperialistische Bewegungen.
Das alles traf weder auf die Sowjetunion zu, noch auf die anderen sozialistischen Länder.

Ist die Sache selbst gut, und sind die Menschen schlecht?

Es wäre eine sehr kurzsichtige, vereinfachende Schlußfolgerung aus der Zerstörung der Sowjetunion, wollte man die Schuld dafür pauschal „den Menschen“ zuschieben, die einfach „noch nicht reif“ für den Sozialismus seien. Es ist eine typische, undialektische Methode der bürgerlichen Geschichtswissenschaft, die Ursachen historischer Ereignisse allein bestimmten Personen zuzuschreiben, soziale Verhaltensweisen oder nationale Besonderheiten zu psychologisieren oder aber das Verhalten der Volksmassen zu mystifizieren. Die marxistisch-leninistische Geschichtswissenschaft geht immer von den konkreten Tatsachen aus, und nicht von irgendeiner Interpretation. „Der Darstellung liegt die marxistisch-leninistische Auffassung von der gesetzmäßigen Aufeinanderfolge einander ablösender Gesellschaftformationen zugrunde, die von der Urgesellschaft über mehrere Formationen der Klassengesellschaft zum Sozialismus und Kommunismus führt. Den Prinzipien des historischen Materialismus entsprechend wird die geschichtliche Entwicklung als ein objektiv bedingter, durch soziale Interessen – in der antagonistischen Klassengesellschaft durch Klassenkampf – bestimmter Prozeß verstanden.“ [3] Oder wie Friedrich Engels es ausdrückte: „Die Menschen machen ihre Geschichte, wie diese auch immer ausfalle, indem jeder seine eigenen, bewußt gewollten Zwecke verfolgt, und die Resultante dieser vielen in verschiedenen Richtungen agierenden Willen und ihrer mannigfaltigen Einwirkung auf die Außenwelt ist eben die Geschichte.“ [4]

Welche Rolle spielte in der Sowjetunion die Kommunistische Partei?

„Die Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) entwickelte sich aus marxistischen Zirkeln, besonders aus dem von LENIN 1895 geschaffenen ‚Kampfbund zur Befreiung der Arbeiterklasse‘. Der II.Parteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands legte den Grundstein für eine Partei neuen Typus* (Bolschewiki). Unter ihrer Führung siegte die Große Sozialistische Oktoberrevolution, bauten die Arbeiterklasse und die werktätige Bauernschaft der UdSSR den Sozialismus auf (…) Im Interventionskrieg (1918-1920) und im Großen Vaterländischen Krieg (1941-1945) leitete die KPdSU den Kampf des Sowjetvolkes und verteidigte das sozialistische Vaterland. Die KPdSU ist die lenkende und leitende Kraft der Sowjetgesellschaft. In ihrer gesamten Tätigkeit läßt sie sich vom Marxismus-Leninismus und dem auf seiner Grundlage ausgearbeiteten Programm leiten. Getreu dem Prinzip der proletarischen Internationalismus unterstützt sie die um ihre Freiheit kämpfenden Völker und hilft den Bruderparteien beim Aufbau des Sozialismus. Sie ist die erfahrenste revolutionäre Partei und Pionier des gesellschaftlichen Fortschritts. Deshalb ist sie den kommunistischen und Arbeiterparteien ein leuchtendes Vorbild.“ [5] – so schrieb man noch 1976 in Meyers Jugendlexikon offenbar in Unkenntnis der vor sich gehenden revisionistischen Veränderungen innerhalb dieser Partei. Viel zu lange hielt man auch in der DDR an diesem Klischee fest. Genosse Dr. Gossweiler schreibt: „Nach Stalins Tod und der Übernahme der Parteiführung durch Chruschtschow setzten die Chruschtschow-Revisionisten einen Prozeß der Denaturierung des Sozialismus, der Untergrabung seiner Fundamente, in Gang, in dem die Voraussetzungen dafür geschaffen werden sollten und in begrenztem Maße auch geschaffen wurden, um in einer zweiten Phase dieses Prozesses zu direkten Zerstörung des Sowjetsystems und zu seiner Überleitung in die Restaurierung des Kapitalismus übergehen zu können.“ [6] Und das genau geschah 1990.

Mißbrauchte die Partei ihre Macht?

Kurz gesagt: Nein. Sie mißbrauchte nicht ihre Macht, sondern umgekehrt wurde die Partei von einer kleinen Gruppe revisionistischer Halunken mißbraucht, um nicht nur die Partei, sondern mit ihr auch den Sozialismus zu zerstören… „Um zu zerstören, was in 36 Jahren aufgebaut worden war, brauchten die Konterrevolutionäre von Chruschtschow bis Gorbatschow 38 Jahre. Diese 38 Jahre waren angefüllt mit einem erbitterten, unaufhörlichen Kampf zwischen den Revisionisten auf der einen, den Verteidigern der marxistisch-leninistischen Positionen auf der anderen Seite. Wer die Augen offen hatte, konnte diesen Kampf nicht übersehen….“ [7]

Quellen:
[1] Lehrbuch für die politischen Ggrundschulen, Erster Teil, Dietz Verlag Berlin, 1951, S.249f.
[2] Kurt Gossweiler: Zu den Positionen der MLPD (November 1994); vollständiger Text: hier
[3] Autorenkollektiv: Deutsche Geschichte in zwölf Bänden, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 1982, Bd.1, S.5.
[4] Friedrich Engels: Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie (1888), Berlin 1955, S.47.
[5] Autorenkollektiv: Meyers Jugendlexikon, VEB Biliographisches Institut Leipzig, 1976, S. 365.
[6] Kurt Gossweiler: Zu den Positionen…, ebd.
[7] ebd.

* Partei neuen Typus: von Lenin geschaffener neuer Parteityp, der den Anforderungen des Kampfes gegen den Imprialismus gerecht wird.

Anhang:
Dr. Kurt Gossweiler: Zu den Positionen der MLPD (Nov.1994).

Gossweiler: Zu den Positionen der MLPD 1994
(pdf-Datei anklicken!)

Die Frage ist nun: Wie soll der SOZIALISMUS der Zukunft aussehen? Darüber kann es freilich noch keine genauen Aussagen geben. Doch wir können uns an der Geschichte orientieren…
Zukunft – wie bitte?
Perspektiven im gesellschaftlichen Leben
…und der Jugend eine Zukunft
Erich Honecker: Über den Sozialismus und seine Zukunft

Die Niederlage der Revolution von 1849

Im Mai und Juni 1849 kämpften in Sachsen, im Rheinland und in Baden die Arbeiter unter kleinbürgerlicher Führung für die Reichsverfassung. Das badisch-pfälzische Revolutionsheer wurde von der Übermacht der preußischen Truppen erdrückt. Marx und Engels studierten daraufhin eingehend die Ergebnisse und Lehren aus der Revolution. Sie kamen zu der Erkennntis, daß die Arbeiterklasse sich vom Kleinbürgertum lösen und selbständig handeln mußte. Die Entwicklung der Arbeiterbewegung zu einer selbständigen Klassenbewegung war die nächste Aufgabe auf dem Wege zu Einheit und Freiheit.

a) Die Kämpfe in Sachsen, im Rheinland und in Baden
Anfang Mai 1849 erhoben sich die Bewohner von Dresden, um die Einführung der Reichsverfassung zu erzwingen. Der sächsiche König floh. Eine provisorische demokratische Regierung für Sachsen wurde gebildet. Aus Städten und Dörfern zogen die Arbeiter und Bauern zur Unterstützung der Freiheitskämpfer herbei. Sie bauten Barrikaden und verteidigten sie gegen die anstürmenden Soldaten. Friedrich Wilhelm IV. sandte preußische Regimenter zur Unterstützung der sächsischen Truppen. Fünf Tage lang kämpften die Arbeiter, unter ihnen auch Frauen und Mädchen, gegen die Übermacht. Aber die Arbeiter erhielten keine Unterstützung. Ihr heldenmütiger Kampf wurde blutig niedergeschlagen.
Julius Scholtz: Barrikadenkampf 1849
Barrikadenkampf im Mai 1849. Gemälde von Julius Scholtz

Im Rheinland und in Westfalen brach als Antwort auf Transporte preußischer Truppen ein allgemeiner Aufstand aus. Zeughäuser wurden gestürmt, und das Volk bewaffnete sich zur Verteidigung der Rreichsverfassung. Bauern zogen in die Städte zur Unterstützung der Patrioten. Aus einigen Städten, so aus Elberfeld, wurde das verhaßte Militär vertrieben. Preußische Truppen unterdrückten die revolutionäre Bewegung auch im Westen Deutschlands. Die „Neue Rheinische Zeitung“ mußte am 19.Mai 1849 ihr Erscheinen einstellen. Ihre letzte Nummer erschien, rot gedruckt, mit dem berühmten Abschiedsgedicht von Ferdinand Freiligrath, in dem er hieß:

Nun ade – doch nicht für immer ade!
Denn sie töten den Geist nicht, ihr Brüder!
Bald richt‘ ich mich rasselnd in die Höh‘!
Bald kehr‘ ich reisiger wieder!

Neue Rheinsche Zeitung 1849
In Baden gelang es den kleinbürgerlichen Mitgliedern der radikalen demokratischen Volksvereine, das Heer für den Kampf um die Reichsverfassung zu gewinnen. Die von Offizieren mißhandelten Soldaten verjagten ihre Peiniger und stellten sich ohne Ausnahme an die Spitze der revolutionären Bewegung. Ein Teil der bayrischen Truppen in der Rheinpfalz schloß sich an. Der badische Großherzog floh ins Elsaß. Eine provisorische republikanische Regierung wurde gebildet. Ganz Baden und die Pfalz standen in hellem Aufruhr.

b) Die Niederlage der Revolution
Marx und Engels begaben sich dorthin. Sie forderten die Aufständischen auf, auch die deutschen Nachbarstaaten zur bewaffneten Erhebung aufzurufen. Doch die kleinbürgerlichen Führer des Aufstandes lehnten ab. Gegen das badisch-pfälzische Revolutionsheer schickte Preußen im Juni 1849 unter dem berüchtigten Prinzen Wilhelm, dem Kartätschenprinzen, ein Heer von 100.000 Soldaten. Er hatte auf die revolutionäre Berliner Bevölkerung im März 1848 mit Kartätschen schießen lassen. Es kam in Baden und in der Rheinpfalz zu einem regelrechten Feldzug. Auf der Seite der Demokraten kämpften auch polnische Patrioten, unter ihnen der General Mieroslawski. Nach hartnäckigen Kämpfen, an denen auch Friedrich Engels in der Pfalz teilnahm, wurde das Revolutionsheer von der Übermacht erdrückt.
Marx und Engels
Karl Marx und Friedrich Engels

Nach der Niederwerfung des Aufstandes verurteilten preußische Standgerichte in Mannheim, Freiburg und Rastatt zahlreiche gefangene Patrioten zum Tode durch Erschießen. Hunderte starben in den feuchten Kellern der Festung Rastatt an Hunger, Mißhandlungen und Typhus. Über die Kämpfer der deutschen Aufstände im Jahre 1849 schrieb Karl Marx, daß es die Arbeiter der Städte waren, die zuerst zu den Waffen griffen und sich mit den Truppen schlugen. Ein Teil der ärmeren Landbevölkerung, Land und Kleinbauern, schloß sich ihnen an. Die Mehrzahl der jungen Männer befand sich wenigstens eine Zeitlang in den Reihen der aufständischen Truppe. Aber dieser ziemlich bunt zusammengewürfelte Haufe junger Leute lichtete sich sehr bald, als die Dinge eine etwas ernstere Wendung nahmen.

c) Das unrühmliche Ende des Frankfurter Parlaments
Die Nationalversammlung in Frankfurt versagte den Kämpfern ihre Unterstützung, obwohl sie sich für die Einführung der Reichsverfassung erhoben hatten. Eine Anzahl preußischer Abgeordneter verließ schon im April 1849 das Parlament. Die preußische Regierung berief schließlich alle preußischen Abgeordneten zurück. Andere Abgeordnete schlossen sich an. Als einziger erhob Wilhelm Wolff, ein Mitarbeiter von Karl Marx, seine warnende und anklagende Stimme gegen die Unentschlossenheit und den Verrat der bürgerlichen Politiker und des „Reichsverwesers“. Aber in dem Restparlament herrschten die unentschlossenen kleinbürgerlichen Demokraten. Sie stellten sich nicht an die Spitze der Volksbewegung zum Kampf für die Reichsverfassung, sondern zogen sich nach Stuttgart zurück. Abordnungen aus dem ganzen Land forderten sie dort zu entschlossenem Handeln auf. Doch die Abgeordneten des Parlaments verfaßten nur Proteste. Widerstandslos ließen sie im Juni 1849 von Truppen des württembergischen Königs auseinanderjagen. Karl Marx stellte fest, daß die Nationalversammlung verschied, ohne daß ihr ehrloser Abgang auch nur die geringste Beachtung fand.

d) Die Ursachen des Scheiterns der Revolution
Die bürgerliche Revolution in Deutschland löste keine der Aufgaben, die vor ihr standen. Sie schuf weder ein einiges noch ein freies Deutschland. Die Hauptursachen der Niederlage waren der Verrat der Revolution durch das kapitalistische Großbürgertum und die schwankende, unentschlossene Haltung des Kleinbürgertums. Das Großbürgertum sah die größere Gefahr für sich in der Arbeiterklasse. Es 1ieß die Bauern im Stich. Ohne zu zögern ging es einen Pakt mit den alten Gewalten, den Fürsten, den Junkern und dem Militär, gegen das Volk ein. Sein Verrat und seine Feigheit stärkten die Reaktion. Die feudalen Kräfte, die in den ersten Tagen der Revolution zurück­gewichen waren, konnten sich so zur Wiederherstellung des alten Regimes sammeln und hielten grausam Abrechnung mit der revolutionären und demokratischen Bewegung des Volkes.
Revolution 1849
Der Sieg der Reaktion 1849 in Europa
(zeitgenöss. satirische Zeichnung von F.Schroeder)

Nicht die Bourgeoisie, sondern die Arbeiter waren die treibende Kraft der Revolution von 1848, obwohl sie ihrer Zielstellung nach eine bürgerliche Revolution war. Die Kleinbürger, die im Jahre 1849 die Aufstände führten, waren uneinig, unentschlossen und schwankend. Einerseits wollten sie durch Teilnahme an der Regierung ihre eigenen politischen Interessen fördern und ihre materielle Lage verbessern; andererseits fürchteten sie, das Mißfallen der herrschenden Klasse hervorzurufen, das ihnen dann die besten Kunden entziehen konnte. Daher rührte die Unentschlossenheit der Kleinbürger. Die Arbeiterklasse wiederum war noch zu schwach und unorganisiert, um in der Bewegung schon die Führung übernehmen zu können. Karl Marx schrieb während der Revolutionstage in der „Neuen Rheinischen Zeitung“:

Das meist waffenlose Volk hat zu kämpfen nicht nur gegen die von der Bourgeoisie übernommene Macht des organisierten Beamten- und Militärstaates, es hat auch zu kämpfen gegen die bewaffnete Bourgeoisie selbst. Dem nicht organisierten und schlecht bewaffneten Volk stehen sämtliche übrigen Klassen der Gesellschaft wohlorganisiert und wohlgerüstet gegenüber.

e) Die Arbeiter gründen eigene Organisationen
Im Krisenjahr 1857 fanden 41 Streikkämpfe statt, gegen die in den meisten Fällen die Polizei mit Waffengewalt einschritt. Es streikten die Textilarbeiter in Schlesien, die Berg- und Hüttenarbeiter im Kreis Dortmund, die Färbergesellen in Elberfeld-Barmen und andere Arbeiter. Die Zahl der gewerkschaftlichen Arbeitervereinigungen erhöhte sich seit 1850 ständig. Die Gewerkschaften entstanden in Deutschland vor der Partei der Arbeiterklasse. Im Jahre 1891 wurde in Leipzig ein neuer Arbeiterbildungsverein gegründet. Der junge Drechslergeselle August Bebel, dessen Wirken von großer Bedeutung für die deutsche Arbeiterbewegung werden sollte, begann in diesem Verein eine Tätigkeit.

Quelle:
Lehrbuch für den Geschichtsunterricht 7.Schuljahr, Ausgabe 1952, Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1955, S.208-213.

Nachtrag:
Am 28.September 1864 entstand in London unter Federführung von Karl Marx und Friedrich Engels die I.Internationale. Im August 1869 wurde dann in Eisenach die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands gegründet. Sie war die erste deutsche selbständige Arbeiterpartei. In diesen Jahren fand auch das Kommunistische Manifest (erste Auflage im Februar 1848) weite Verbreitung. Es beginnt mit den Worten: „Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen…“ und endet mit den Worten: „Die Kommunisten verschmähen es nicht, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

Siehe auch:
Was ist Marxismus?
Über das Kommunistische Manifest
Was versteht man unter einer Revolution?
Der Sozialismus war und ist lebensfähig!

Luthers unheiliger Geist…

Martin LutherMartin Luther (1483-1546) gilt als Begründer der deutschen Reformation. Mit seinen 95 Thesen, die dieser 1517 angeblich an die Stadtkirche zu Wittenberg genagelt haben soll, protestierte er gegen den kirchlichen Ablaßhandel und löste damit eine breite Volksbewegung aus, welche die frühbürgerliche Revolution einleitete. Luthers Thesen wurden bald überall in Deutschland bekannt.

Später jedoch, im Bauernkrieg, verurteilte er das revolutionäre Vorgehen der Aufständischen aufs Schärfste. Seine 1522 erschienene „Treue Vermahnung zu allen Christen, sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung“ hat ihre demagogische Wirkung sogar bis heute nicht verfehlt. Sie zeigt Luther als einen „Gegner der Gewalt, die die Unterdrückten anwenden, um mit den Unterdrückern fertig zu werden“, zugleich aber als einen „Anhänger der Gewalt, welche die Unterdrücker anwenden, um die Unterdrückten niederzuhalten oder niederzuwerfen“ (Alfred Meusel). Sein Einfluß auf die deutsche Schriftsprache ist bedeutend. Und so wird Luther heute als deutscher Nationalheld verehrt. Doch man muß gelesen haben, welche Ansichten er vertrat. Seine Äußerungen sind oft derart menschenverachtend und zynisch, daß man ihn ohne weiteres als geistigen Wegbereiter des deutschen Faschismus bezeichnen kann. Und nicht selten haben sich die Nazis auch auf ihn berufen.

In abstoßender Weise ließ Luther sich über das „feurige Ende“ der Juden aus, über das Ersäufen behinderter Menschen, und rechtfertigte das Abschlachten der aufständischen Bauern. Martin Luther steht für Klassenhaß gegenüber den Unterdrückten, für Frauen-feindlichkeit und für einen wütenden Antisemitismus. Auch seine Liebedienerei gegenüber den Fronherren und Fürsten ist schließlich bekannt. Doch ungeachtet dessen feiert ihn die evangelische Kirche und mit ihr die ganze frömmelnde und „patriotische“ bürgerliche Öffentlichkeit als wichtigen historischen Gesellschaftsgestalter. Ja, er wird sogar als faszinierende Persönlichkeit beschrieben. Etwas ähnliches äußerte auch schon Hitler. Wann endlich trennt sich die evangelische Kirche von diesem falschen Propheten? Hier nun ein paar Luther-Zitate, die dies belegen:

Luther über den Gehorsam gegenüber der Obrigkeit

„Ich möchte mich fast rühmen, daß seit der Zeit der Apostel das weltliche Schwert und die Obrigkeit noch nie so deutlich beschrieben und gerühmt worden ist wie durch mich. Sogar meine Feinde müssen das zugeben. Und dafür habe ich doch als Lohn den ehrlichen Dank verdient, daß meine Lehre aufrührerisch und als gegen die Obrigkeit gerichtet gescholten und verdächtigt wird. Dafür sei Gott gelobt!“

„Christen verzichten darauf, sich gegen die Obrigkeit zu empören.“

„Denn freilich streiten die Christen nicht, noch gibt es bei ihnen eine weltliche Obrigkeit. Ihre Herrschaft ist eine geistliche Herrschaft, und dem Geiste nach sind sie niemandem als Christus allein unterworfen. Mit Leib und Besitz aber sind sie dennoch der weltlichen Obrigkeit unterworfen und Gehorsam schuldig. Wenn sie nun von der weltlichen Obrigkeit zum Kriege aufgerufen werden, sollen und müssen sie kämpfen, aus Gehorsam, nicht als Christen, sondern als Glieder und als untertänige, gehorsame Leute, dem Leibe und dem zeitlichen Besitze nach.“

„Wenn es rechtmäßig zugeht, hat die Obrigkeit mit ihren Untertanen nichts anderes zu tun, als das Recht zu bewahren, Gericht zu halten und Urteile zu fällen. Wenn sie sich aber empören und auflehnen, wie es jüngst die Bauern taten, ist es recht und billig, gegen sie mit Gewalt vorzugehen.“

„Das Amt eines Richters ist hoch zu achten. Es ist ein göttliches Amt, ob er nun mit dem Munde Recht spricht oder es als Scharfrichter mit der Faust vollzieht.“

„An sich ist das Amt des Schwertes recht und eine göttliche, nützliche Ordnung, und Gott will, daß sie nicht verachtet, sondern gefürchtet und geehrt wird und Gehorsam genießt. Anderenfalls soll es nicht ungerächt bleiben, wie der heilige Paulus Römer 13,2 schreibt. Denn er hat eine doppelte Herrschaft unter den Menschen aufgerichtet: eine geistliche, durch das Wort und ohne Schwert, wodurch die Menschen fromm und gerecht werden sollen, so daß sie mit dieser Gerechtigkeit das ewige Leben erlangen. Solche Gerechtigkeit bewirkt er durch das Wort, das er den Predigern aufgetragen hat. Die andere Herrschaft ist weltlich durch das Schwert, damit diejenigen, die nicht durch das Wort fromm und gerecht für das ewige Leben werden wollen, dennoch durch diese weltliche Herrschaft gezwungen werden, fromm und gerecht zu sein vor der Welt. Und solche Gerechtigkeit bewirkt er durch das Schwert.“ (Martin Luther: Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können, 1526) …mehr.
WöllfeDer Pöbel braucht eine harte Obrigkeit!

„Es ist eine verdammte, verfluchte Sache mit dem tollen Pöbel. Niemand kann ihn so gut regieren wie die Tyrannen. Die sind der Knüppel, der dem Hund an den Hals gebunden wird. Könnten sie auf bessere Art zu regieren sein, würde Gott auch eine andere Ordnung über sie gesetzt haben als das Schwert und die Tyrannen. Das Schwert zeigt deutlich an, was für Kinder es unter sich hat, nämlich nichts als verdammte Schurken, wenn sie es zu tun wagten. Darum rate ich, daß ein jeder, der hier mit einem guten Gewissen handeln und das Rechte tun will, mit der weltlichen Obrigkeit zufrieden sei und sich nicht an ihr vergreife.“ (Martin Luther: Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können, 1526)

„Steche, schlage, würge hie, wer da kann. Bleibst du darüber tot, wohl dir, einen seligeren Tod kannst du nimmer mehr erlangen“.(Luther über die aufständischen Bauern, Weimarer Ausgabe 18, S.357f.)

„Es ist besser, wenn Tyrannen hundert Ungerechtigkeiten gegen das Volk verüben, als daß das Volk eine einzige Ungerechtigkeit gegen die Tyrannen verübt.”

Luthers Meinung über Frauen

„Eine Frau hat häuslich zu sein, das zeigt ihre Beschaffenheit an; Frauen haben nämlich einen breiten Podex und weite Hüften, daß sie sollen stille sitzen.“ (zitiert nach Arnulf Zitelmann, 1997, „Widerrufen kann ich nicht. Die Lebensgeschichte des Marthin Luther“, Beltz & Gelberg, 1997, S. 111)

„Die größte Ehre, die das Weib hat, ist allzumal, daß die Männer durch sie geboren werden.“

„Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und Gehorsam Gottes. Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Laß sie nur tot tragen, sie sind darum da.”

„Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen… Es ist ein gerechtes Gesetz, daß sie getötet werden, sie richten viel Schaden an.“ (Predigt von 1526, Weimarer Ausgabe 16, S. 551)

Luther über behinderte Kinder

„Wenn man aber von den teufelsähnlichen Kindern erzählt … so halte ich dafür … daß es wahre Teufel sind.“
Luther und JudenLuther über die Juden

„Wie es unmöglich ist, daß die Aglaster ihr Hüpfen und Getzen läßt, die Schlange ihr Stechen: so wenig läßt der Jüde von seinem Sinn, Christen umzubringen, wo er nur kann.“ (Tischreden. Erlanger Ausgabe der Werke Luthers, Bd.62, S.375)

„Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, daß sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen…; Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, … unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, daß wir Christen seien (…) ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören.“ (Von den Juden und ihren Lügen, Tomos 8, S. 88ff.)

„Darum wisse Du, lieber Christ, und Zweifel nichts dran, daß Du, nähest nach dem Teufel, keinen bittern, giftigern, heftigern Feind habest, denn einen rechten Juden, der mit Ernst ein Jude sein will.“ (Luther: Handbuch der Judenfrage, S.182)

„Ich will meinen treuen Rat geben. Erstlich, daß man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, daß kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich.. Zum andern, daß man auch ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre. Denn sie treiben eben dasselbige darin, was sie in ihren Schulen treiben …“ (Luther: Handbuch der Judenfrage, S.233-238)

„Wenn ein Dieb zehn Gülden stiehlet, so muß er henken; raubet er auf der Straßen, so ist der Kopf verloren. Aber ein Jüde, wenn er zehn Tunne Goldes stiehlet und raubet durch seinen Wucher, so ist er lieber denn Gott selbs.“
(Luther: Von den Jüden und ihren Lügen. Erlanger Ausg. Bd.32. S.244)

„Denn es gibt viele Schwätzer, Ungehorsame und Schwindler… die aus dem Judentum kommen. Diese Menschen muß man zum Schweigen bringen…es sind abscheuliche und unbelehrbare Menschen, die zu nichts Gutem taugen.“ (Paulusbrief an Titus 1, Verse 10-16)

Anmerkung:
In einem Gespräch sagte Adolf Hitler 1923: „Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung; sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen“ (1923). Die Reichskristallnacht fand in der Nacht zu Luthers Geburtstag statt und auch bei den Nürnberger Prozessen beriefen sich die Nazis ausdrücklich auf Luthers Anti-Juden-Schriften. Die Judenverfolgung ist also keine Erfindung der Nazis, sondern hat kirchliche Tradition. Hitler sagte: „Ich tue nur, was die Kirche seit fünfzehnhundert Jahren tut, allerdings gründlicher.“

Angesichts der eindeutigen Fakten ist es längst nicht mehr akzeptabel, wenn die protestantische Kirche den üblen Demagogen und Volksverhetzer Martin Luther als Vorbild verkauft, z.B. in einer Unterrichtsbroschüre zum LUTHER-Film für die Klassen 7-13. Doch es werden weiterhin massenhaft Filme und Bücher über diesen Mann auf den Markt geworfen, in den Schulen werden ‚fromme‘ Legenden verbreitet, Museen werden mit lobhudelnden Relikten eines zweifelhaften Luther-Kults bestückt, um diesen als eine „faszinierende Persönlichkeit“ erscheinen lassen.

Hubertus Mynarek, einer der prominentesten Theologen und Kirchenkritiker des 20.Jahrhunderts, schreibt in seinem Buch „Die neue Inquisition“: „Nach heutigem Rechtsverständnis war Luther ein Krimineller, den der Staatsanwalt sofort verhaften ließe wegen Volksverhetzung (§130 StGB ), Anstiftung zum Mord (§§26,211), […] zum Landfriedensbruch (§§26,125) und […] zu schwerer Brandstiftung (§§26,306).“ Die eindringlichen Teufels-Heimsuchungen im Spielfilm LUTHER lassen den Kirchengründer sogar als Psychopath erscheinen. Wenn die protestantische Kirche einen (Ersatz-)Heiligen benötigt – den Heiligenkult hatte Luther bekanntlich ebenso radikal abgelehnt wie eine „lutherische“ Kirche –, so sollte sie besser den protestantischen Humanisten und Reformator Thomas Müntzer ehren.

***
Quellen:
Der Theologe: So spricht Martin Luther.
Der Theologe: Ein Mahnmal für die Opfer der Kirche.
Martin Luther: Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können
Projektwerkstatt: Martin Luther – ein Vorbild und „deutscher Held“?
Prof.Dr. Uwe Hillebrand: Lehren der christlichen Kirchen550 Jahre Luther sind genug

Siehe auch:
Gegen die religiöse Verblödung der Menschheit

Helden der afrikanischen Revolution: Thomas Sankara

Mit dem heroischen Sieg der Sowjetunion über den deutschen Faschismus im Jahre 1945 mußte der Imperialismus seine bisher größte Niederlage einstecken. Infolgedessen veränderte sich auch weltweit das Kräfteverhältnis hin zur Seite der sozialistischen und der antiimperialistischen Länder. Zu letzteren gehörte auch das frühere Obervolta, das heutige Burkina Faso, ein Land etwa von der Größe Großbritanniens. Vier Jahre lange regierte dort der junge afrikanische Revolutionär Thomas Sankara. Am 15. Oktober jährt sich der Tag seiner Ermordung. Er war der letzte legitime Präsident von Burkina Faso.
Ein Verrat, der uns erinnern soll.

Thomas Sankara
Thomas Sankara (21.12.1949 – 15.10.1987)

Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie auch Deutschland durch viele Fasern mit dem afrikanischen Kontinent verbunden ist. Der Kapitalismus hatte sich nicht in allen Ländern mit gleicher Schnelligkeit entwickelt. Als nun Deutschland Kolonialpolitik zu treiben begann, war ein großer Teil der Welt schon unter die alten kapitalistischen Mächten aufgeteilt. Die deutschen Kapitalisten forderten daher bereits in den 1880er Jahren mit Nachdruck die Eroberung von Kolonien. Ihre Werke produzierten fast ebensoviel Waren, wie die Fabriken der französischen Bourgeoisie. Jetzt strebten sie nach billigen Rohstoffen und aufnahmefähigen Märkten. Die Ausplünderung von Kolonien sollte ihnen noch höhere Profite sichern. Bismarck scheute sich aber noch, überseeische Gebiete zu erobern. Er befürchtete, daß Deutschland durch den Bau einer Flotte, ohne die es keine Kolonialpolitik treiben konnte, in einen Gegensatz zu England geraten würde. Das hielt Bismarck in dieser Zeit für gefährlich.

Die ersten Kolonien der deutschen Kapitalisten

Zu Beginn der 1880er Jahre verschärften sich jedoch die Gegensätze zwischen England, Rußland, Frankreich und Italien. Frankreich annektierte 1881 Tunis, das sich Italien aneignen wollte. England unterwarf Ägypten; auch die französische Bourgeoisie hatte dieses Land als Kolonie erobern wollen. Das zaristische Rußland besetzte 1884 Turkmenien, für das sich auch England stark interessierte. Jetzt schien Bismarck die Gelegenheit, Kolonien zu erobern günstig. Der Bremer Kaufmann Lüderitz gründete 1883 in Südwestafrika eine Handels-niederlassung. Im April 1884 unterstellte Bismarck diese Gründung mit dem benachbarten Küstenstreifen der Oberhoheit des Deutschen Reiches. So entstand die erste deutsche Kolonie in Südwestafrika. Die deutsche Bourgeoisie trat in den Kolonien genauso räuberisch und grausam auf wie die englischen und französischen Kapitalisten. [1]

Ist Deutschland noch eine Kolonialmacht?

Zur Geschichte der deutschen Kolonialpolitik ließe sich sicherlich noch vieles sagen. Wie steht nun die heutige BRD zu ihrer imperialen und kolonialistischen Vergangenheit? Man kann dies am Beispiel von Burkina Faso nachvollziehen. Um herauszufinden, was Deutschland dem afrikanischen Kontinent schuldig ist, betrachte man sich die folgende Kartenübersicht von 1914. Deutlich (schwarz schraffiert) ist hier zusehen, welche bedeutenden Gebiete das imperialistische Deutsche Reich bis dahin erobert hatte:
Aufteilung Afrikas (1914)
Die Aufteilung Afrikas unter die imperialistischen Mächte (1914)

Und damit nicht jemand, der googlegeschädigt oder sonstwie hirngewaschen ist, auf den Einfall kommt, Deutschland sei niemals eine „richtige“ Kolonialmacht gewesen, wird hier auf die damaligen „deutschen Schutzgebiete“ verwiesen. Auch dafür steht die bis heute fortgesetzte Ausbeuterpolitik und kolonialistische Grundhaltung der BRD. Das ist Beleg und Anklage zugleich. Es ist hier nicht zu diskutieren, ob Burkina Faso als Beispiel für Deutschlands koloniale Untaten zutrifft. Deutschland profitiert seit jeher von der Ausbeutung, Unterwerfung, Entrechtung und Ermordung der Völker Afrikas. Wer sich davon nicht betroffen fühlt, der ist allemal einbezogen in die verschiedensten Verwicklungen dieses imperialistischen Deutschlands in den afrikanischen Kontinent. Und sei es dadurch, daß europäische Schrottautos in Afrika abgeworfen werden.

Eine perfide Wortschöpfung: „Scheinasylant“

Gerne wird heute von deutschen Politikern die Floskel vom „Mißbrauch des deutschen Asylgesetzes“ benutzt, um Gewalttaten gegen Asylsuchende zu rechtfertigen. Zynisch ist dabei die Rede von angeblichen „Wirtschaftsflüchtlingen“, die man hier nicht „gebrauchen“ könne und nicht haben wolle. Doch selbst wenn jeder afrikanische Asylsuchende auch nur einen Bruchteil von dem in Anspruch nähme, was den afrikanischen Ländern durch die imperialistischen Länder Europas geraubt wurde, so ist damit die Schuld noch längst nicht abgetragen. Wahrscheinlich wird man hierzulande erst dann über die wahren und hauptsächlichen Ursachen der wachsenden Asylantenströme nach Europa nachzudenken beginnen, wenn nicht nur Tausende, sondern Abermillionen Afrikaner ihre Rechte einfordern und die Europäer für allen Raub verantwortlich machen.
AusbeutungWo liegt nun Burkina Faso?

Die ehemalige französiche Kolonie Obervolta (jetzt: Burkina Faso) befindet sich in Westafrika. Das Land erlangte am 5. August 1960 unter diesem Namen seine Unabhängigkeit. Lange Zeit herrschte dort ein Militärregime. Nach erfolglosen Versuchen, zu einer Zivilregierung zurückzukehren, und mehrfachem Machtwechsel unter den rivalisierenden Gruppierungen des Militärs kam es 1983 zur Revolution. Am 4.August 1983 übernahm ein Nationalrat der Revolution die Macht. Sein Vorsitzender und zugleich Staatsoberhaupt und Regierungschef wurde Hauptmann Thomas Sankara, der als Ziel die Errichtung einer sozial gerechten, den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung entsprechenden, gesellschaftlichen Ordnung proklamierte. Am ersten Jahrestag der Übernahme der Macht durch die neue Regierung wurde Obervolta dann in Burkina Faso (Land der aufrichtigen Menschen) umbenannt. [2]
Burkina FasoBurkina Faso

Und das ist Afrika heute:
Goldsuchersklaven 1Goldsuchersklaven 2
Arbeitssklaven auf Goldsuche

Ich, als in der DDR Geborener, habe in meinem Staat, der DDR, die Solidarität mit Afrika erlebt und gelebt. Vorläufig lebe ich nun in einer mir aufgezwungenen Bundesrepublik Deutschland. Die Vorstellungen von Sozialismus sind hier gegenwärtig im Volk auf „Pause“ eingestellt. Die Menschen sind zwar verblödet vom herrschenden System, jedoch ist die Menschheit nicht per se blöd. Sie werden den Sozialismus wieder ergreifen. Und dann gibt es auch für Helden wie Thomas Sankara Gerechtigkeit. – Vorläufig sage ich jedem Afrikaner: Thomas Sankara ist auch bei uns nicht vergessen. Er stand für die gerechteste Sache der Welt, den Sozialismus. Und er wird weiterleben in den Herzen der Menschen, in meinem wie auch in den Euren! (N.N.) [3]

Quellen:
[1] Lehrbuch für den Geschichtsunterricht, 7.Schuljahr (DDR), Ausgabe 1952, Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1955, S.282f.
[2] Autorenkollektiv: Länder der Erde, Politisch-ökonomisches Handbuch, Verlag Die Wirtschaft Berlin, 1985, S.115f.
[3] Text von ‚Vorfinder‘ (leicht bearbeitet)

Siehe auch:
Oyunga Pala: The Upright Man (engl.)

So plünderten die US-Amerikaner 1945 Leipzig…

US-BesatzerWenn von den USA als einem Land der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten die Rede ist, so ist dies nichts anderes als eine freche Propagandalüge. Seit mehr als hundert Jahren regiert in diesem Land ein räuberischer Monopolkapitalismus, welcher sich seitdem weltweit zu nahezu unumschränkter Dominanz ausgewuchert hat und mit unvorstellbarer Arroganz versucht, die Weltpolitik zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Von Freiheit kann hier nicht die Rede sein. Im Gegenteil: Es herrschen Unterdrückung und Ausbeutung für die gewaltige Mehrheit des Volkes. Die Verbrechen des USA-Imperialismus beschränken sich bei weitem nicht auf Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien, sondern reichen bis weit hinein in die Geschichte dieses Landes. Nur ein einziges, kleines Beispiel möge dies beschreiben, welches die US-amerikanische Kolonialherren-Mentalität treffend charakterisiert.

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Der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag (1939)

SowjetunionEs heißt, Stalin habe Hitler den Weg zum Krieg gebahnt und mit den Nazis zusammen Polen zerstückelt, so eine allbekannte These der Antikommunisten. Betrachten wir diese Behauptung anhand der geschichtlichen Tatsachen, der Dokumente und Zeugenaussagen, die es natürlich gibt, die von den bürgerlichen Apologeten jedoch verschwiegen werden. Dazu ist es jedoch unabdingbar, die Probleme der jeweiligen Zeit und die Entwicklung verschiedener historischer Ereignisse näher zu beleuchten, bevor man einzelne konkrete Fragen behandeln kann.

Die Vorgeschichte

Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre beutelte eine schwere Wirtschaftskrise alle großen kapitalistischen Länder. Der wachsenden Unruhe der Werktätigen begegneten die Herrschenden mit einem Kurs der verschärften Unterdrückung, der verstärkten Ausbeutung und des Kampfes um die Umverteilung der Einflußgebiete der einzelnen Mächte. Die aggressivsten Kräfte waren die offen faschistischen Diktaturen Deutschland, Italien und Japan, die sich im sogenannten Antikominternpakt, der sich gegen die Sowjetunion richtete*, zusammenschlossen. In anderen Ländern hatten breite Volksbewegungen Erfolge erzielt. In Spanien gab es eine Republik, in Frankreich eine Regierung der Volksfront, in den USA das Reformregime des “New Deal” des Präsidenten Roosevelt. Und es gab die UdSSR, das einzige sozialistische Land der Welt. Anzeichen für einen großen Krieg waren nicht zu übersehen. Italiens Überfall auf Abessinien schon 1935, die Intervention Deutschlands und Italiens gegen die spanische Republik 1936, Japans Überfall auf China im Jahre 1937, die Annexion Österreichs und des Sudetenlandes durch Deutschland 1938.

Stalin: Unsere Außenpolitik ist klar!

Am 26. Januar 1934 hatte J.W. Stalin in seinem Bericht an den XVII. Parteitag der
KPdSU( B ) die Außenpolitik der UdSSR wie folgt dargelegt: “Unsere Außenpolitik ist klar. Sie ist eine Politik der Erhaltung des Friedens und der Verstärkung der Handelsbeziehungen mit allen Ländern. Die UdSSR denkt nicht daran, irgendjemand zu bedrohen, und erst recht nicht, irgendjemand zu überfallen.” (1)
StalinStalin

Entsprechend dieser Politik schloß die UdSSR in den dreißiger Jahren Nichtangriffspakte mit Italien und Frankreich, mit Finnland und Polen, mit der Tschechoslowakei, Rumänien und Jugoslawien und anderen Ländern ab. Die Beziehungen zu den USA wurden wieder aufgenommen. Japan weigerte sich, und Probleme gab es auch mit England, das in jenen Jahren das Zentrum der Politik der Feindschaft gegen die UdSSR war.

Die Machtansprüche Großbritanniens

Der Kurs der Hardliner der Konservativen Partei wurde bestimmt durch Politiker wie Neville Chamberlain und Lord Halifax, die 1937 die Führung der englischen Regierung übernahmen. Der sowjetische Botschafter in London, I.M. Maiski, charakterisierte diese führenden Kräfte der englischen Politik wie folgt: “Aus abgründiger Feindschaft gegen die Sowjetunion war die Cliveden-Clique kategorisch gegen die Schaffung einer Dreierbarriere zum Schutze der britischen Positionen vor den faschistischen Aggressoren und verfiel auf die nach ihrer Ansicht ,glückliche Idee’, Deutschland und die UdSSR aufeinander zu hetzen, um dann, nachdem sich diese beiden Mächte in einem grausamen Krieg verblutet haben, Europa einen für Großbritannien günstigen Frieden zu diktieren.” (2)

Der demagogische Begriff “Hitler-Stalin-Pakt”

Und so, wie der Kriegsdrang Hitlers immer deutlicher wurde, so klarer wurden auch die unterschiedlichen Positionen der UdSSR auf der einen und vor allem Englands, aber auch Frankreichs und der USA auf der anderen Seite. Unter diesen Bedingungen entstand der Nichtangriffspakt zwischen der UdSSR und Deutschland, der stets einer der Hauptpunkte der westlichen Propaganda gegen die Sowjetunion im Allgemeinen und gegen Stalin im Besonderen war. Nicht ohne Grund wählen sie dabei den demagogischen Begriff “Hitler-Stalin-Pakt”, der nach Lesart der Antikommunisten Hitlers Freibrief für den Krieg gewesen sei und zugleich eine Urkunde zur erneuten Aufteilung Polens zwischen zwei “Diktatoren”.

Über die Bedeutung des Nichtangriffsvertrages

Wie kam es zu diesem Nichtangriffspakt, was bedeutete er, was hatte er für Konsequenzen? Zugeständnisse an die faschistischen Staaten von Seiten Englands, Frankreichs und den USA und der Versuch dieser Staaten, Deutschlands Aggressionsdrang in Richtung Osten zu lenken, kennzeichneten die damalige Situation. Das Münchner Abkommen vom 29. September 1938 ist dafür der eindeutige Beweis. Ohne jemanden zu fragen beschlossen Hitler, Mussolini, Chamberlain und Daladier, daß die Tschechoslowakei Gebiete an Deutschland abzutreten habe. Indem die Rechte eines souveränen Staates mit Füßen getreten wurden, sollte – so Chamberlain – der Frieden gesichert werden. “In den Aggressionsplänen des deutschen Imperialismus war die Okkupation der Tschecho-slowakei eines der ersten Etappenziele, Die faschistische Henlein-Bewegung erhielt den Auftrag, die Tschechoslowakei sturmreif zu machen.” (3) Niemand, der bei klarem Verstand war, konnte glauben, daß Hitlers Pläne mit diesem Abkommen ad acta gelegt worden seien. Am 15. März 1939 marschierten Hitlers Truppen in Prag ein und besetzten die restliche Tschechoslowakei einschließlich der Karpatho-Ukraine. Am 23. März marschierte die Wehrmacht in das Memelgebiet in Litauen ein und besetzte es.

Stalin warnte vor einem Weltkrieg

Wenige Tage zuvor, am 10. März 1939, hatte J.W. Stalin in seinem Bericht an den XVIII. Parteitag der KPdSU( B ) folgendes zum bereits stattfindenden Krieg erklärt: “Ein kennzeichnender Zug des neuen imperialistischen Krieges besteht darin, daß er noch nicht zu einem allgemeinen, zu einem Weltkrieg geworden ist. Der Krieg wird von den aggressiven Staaten geführt, die die Interessen der nichtaggressiven Staaten, vor allem Englands, Frankreichs und der USA, in jeder Weise schädigen; die letzteren weichen jedoch zurück, treten den Rückzug an, machen den Aggressoren ein Zugeständnis nach dem anderen.” (4) Von dieser Einschätzung ausgehend gab es 1939 eine lange Reihe von Versuchen der Sowjetunion, einen Beistandspakt mit England, Frankreich und Polen zu erzielen. Vergeblich.

Sie glaubten, daß die Sowjetunion besiegt werden würde

Bezeichnend ist das Eingeständnis des damaligen stellvertretenden Außenminister der USA, Sumner Welles: “In diesen Vorkriegsjahren waren die Finanz- und Handelskreise der westlichen Demokratien einschließlich der Vereinigten Staaten absolut davon überzeugt, daß ein Krieg zwischen Hitlerdeutschland und der Sowjetunion nur ihren eigenen Interessen dienen würde. Sie glaubten, daß Rußland bestimmt besiegt und damit der Kommunismus vernichtet werden würde. Deutschland aber würde dann so geschwächt sein, daß auf viele Jahre hinaus die übrige Welt nicht mehr ernsthaft werde bedrohen können.” (5)

Die Arroganz der Westmächte

Der öffentliche Druck, den die unablässigen Versuche der Sowjetunion erzeugte, führte 1939 endlich zu Dreierverhandlungen zwischen Frankreich, England und der UdSSR. Dort machte die UdSSR klare und konkrete Vorschläge zur Sicherung des Friedens. Schaposchnikow erklärte, “die Sowjetunion sei bereit, gegen den Aggressor 120 Infanteriedivisionen, 16 Kavalleriedivisionen, 5000 Geschütze mittleren und schweren Kalibers, 9000 bis 10.000 Panzer, 5.000 bis 5.500 Bomben- und Jagdflugzeuge bereit zu stellen”, während das Mitglied der britischen Mission, General Heywood, von “fünf Infanteriedivisionen und eine motorisierte Division” sprach. “Allein das zeugte schon davon, daß die Vertreter Englands die Verhandlungen mit der UdSSR nicht ernst nahmen.” (6)

Vorwürfe gegen die Sowjetunion – eine Propagandalüge

Angesichts dieser Tatsachen dürfte klar sein, wer gegen Hitler kämpfen wollte und wer nicht. Angesichts solch konkreter Vorschläge kann man den Vorwurf, die Sowjetunion habe ein Doppelspiel betrieben, nur in das Reich antikommunistischer Propagandalügen verweisen. Das bestätigt auch ein Mann, dem man sicherlich keine Sympathien für den Kommunismus vorwerfen kann: Churchill. “Nicht einmal im Lichte der geschichtlichen Perspektive kann bezweifelt werden, daß England und Frankreich den russischen Vorschlag hätten annehmen müssen …” (7)
ChurchillChurchill

Ein Nichtangriffsvertrag war die einzige und beste Lösung

So war die Lage, in der sich die Regierung der Sowjetunion gezwungen sah, ein Verhandlungsangebot der deutschen Regierung zur Verbesserung der Beziehungen und zum Abschluß eines Nichtangriffsvertrages anzunehmen, aus dem letztendlich der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt entstand. (Eine sehr detaillierte Entstehungsgeschichte dieses Vertrages bietet das Buch “Der Pakt” von Ingeborg Fleischhauer, Ullstein Verlag 1990, ISBN 3-550-07655-X, wobei natürlich berücksichtigt werden muß, daß die “renommierte Bonner Historikerin” die bürgerliche Geschichtsanschauung vertritt. Das kommt besonders in ihrer Schlußbetrachtung zum Ausdruck.)

Der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag

Sehen wir uns den Wortlaut des Vertrages an:
“Die Deutsche Reichsregierung und die Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, geleitet von dem Wunsche, die Sache des Friedens zwischen Deutschland und der UdSSR zu festigen und ausgehend von den grundlegenden Bestimmungen des Neutralitätsvertrags, der im April 1926 zwischen Deutschland und der UdSSR geschlossen wurde, sind zu nachstehenden Vereinbarungen gelangt:
Artikel I: Die beiden vertragsschließenden Teile verpflichten sich, sich jeden Gewaltakts, jeder aggressiven Handlung und jedes Angriffs gegeneinander, und zwar sowohl einzeln als auch gemeinsam mit anderen Mächten, zu enthalten.
Artikel II: Falls einer der vertragsschließenden Teile Gegenstand kriegerischer Handlungen seitens einer dritten Macht werden sollte, wird der andere vertragsschließende Teil in keiner Form diese dritte Macht unterstützen.
Artikel III: Die Regierungen der beiden vertragsschließenden Teile werden künftig fortlaufend zwecks Konsultation in Fühlung miteinander bleiben, um sich gegenseitig über Fragen zu informieren, die ihre gemeinsamen Interessen berühren.
Artikel IV: Keiner der beiden vertragsschließenden Teile wird sich an einer Mächtegruppierung beteiligen, die sich mittelbar oder unmittelbar gegen den anderen Teil richtet.
Artikel V: Falls Streitigkeiten oder Konflikte zwischen den vertragsschließenden Teilen über Fragen dieser oder jener Art entstehen sollten, werden beide Teile diese Streitigkeiten oder Konflikte ausschließlich auf dem Weg freundschaftlichen Meinungsaustausches oder nötigenfalls durch Einsetzung von Schlichtungskommissionen bereinigen.
Artikel VI: Der gegenwärtige Vertrag wird auf Dauer von zehn Jahren abgeschlossen mit der Maßgabe, daß, soweit nicht einer der vertragsschließenden Teile ihn ein Jahr vor Ablauf dieser Frist kündigt, die Dauer der Wirksamkeit dieses Vertrags automatisch für weitere fünf Jahre als verlängert gilt.
Artikel VII: Der gegenwärtige Vertrag soll innerhalb möglichst kurzer Frist ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen in Berlin ausgetauscht werden. Der Vertrag tritt sofort mit seiner Unterzeichnung in Kraft.

Angefertigt in doppelter Urschrift, in deutscher und russischer Sprache.
Moskau, am 23. August 1939
Für die Deutsche Reichsregierung: v. Ribbentrop
In Vollmacht der Regierung der UdSSR: W. Molotow” (8)

Die logische Fortsetzung sowjetischer Friedenspolitik

Dieser Vertrag hinderte Hitler-Deutschland daran, sofort einen Angriff auf die UdSSR vorzunehmen und bedeutete zugleich das Scheitern der Versuche der westlichen Staaten, Deutschland und die UdSSR gegeneinander auszuspielen. Der Vertrag selbst unterscheidet sich nicht von den Texten anderer in diesen Jahren abgeschlossener Pakte, ist in dieser Hinsicht also völlig unspektakulär. Er war die logische Fortsetzung der Friedenspolitik der UdSSR und er war auch darauf zurückzuführen, daß die westlichen bürgerlichen Staaten sich einem gemeinsamen Vorgehen gegen Hitler-Deutschland entgegenstellten. Da Hitlers Kriegspläne bereits offen auf dem Tisch lagen, konnte dieser Vertrag auch keine Ermutigung für diesen sein.

Das geheime Zusatzprotokoll

Spätestens an dieser Stelle bringt die antisowjetische, antikommunistische Propaganda gewöhnlich das sogenannte geheime Zusatzprotokoll ins Spiel. Sehen wir uns auch hier den Wortlaut an:
“Aus Anlaß der Unterzeichnung des Nichtangriffsvertrags zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken haben die unterzeichneten Bevollmächtigten der beiden Teile in streng vertraulicher Aussprache die Frage der Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären in Osteuropa erörtert. Diese Aussprache hat zu folgendem Ergebnis geführt:
1. Für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung in den zu den baltischen Staaten gehörenden Gebieten (Finnland, Estland, Lettland, Litauen) bildet die nördliche Grenze Litauens zugleich die Grenze der Interessensphären Deutschlands und der UdSSR, Hierbei wird das Interesse Litauens an dem Wilnaer Gebiet beiderseits anerkannt.
2. Für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung der zum polnischen Staate gehörenden Gebiete werden die Interessensphären Deutschlands und der UdSSR ungefähr durch die Linie der Flüsse Narew, Weichsel und San abgegrenzt. Die Frage, ob die beiderseitigen Interessen die Erhaltung eines unabhängigen polnischen Staates erwünscht erscheinen lassen und wie dieser Staat abzugrenzen wäre, kann endgültig erst im Laufe der weiteren politischen Entwicklung geklärt werden. In jedem Falle werden beide Regierungen diese Frage im Wege einer freundschaftlichen Verständigung lösen.
3. Hinsichtlich des Südostens Europas wird von sowjetischer Seite das Interesse an Bessarabien betont. Von deutscher Seite wird das völlige politische Desinteressement an diesen Gebieten erklärt.
4. Dieses Protokoll wird von beiden Seiten streng geheim behandelt werden.

Moskau, den 23. August 1939
Für die Deutsche Reichsregierung: v. Ribbentrop
In Vollmacht der Regierung der UdSSR: W. Molotow” (9)

Wie war das damals mit Polen?

Um auch hier zu einer richtigen Wertung zu kommen, müssen wir uns mit der Stellung Polens in dieser Zeit beschäftigen, war doch die polnische Regierung einer der Hauptgründe für das Scheitern der Verhandlungen der UdSSR mit den westlichen Staaten über ein gemeinsames Vorgehen gegen die faschistischen Staaten. Trotz mehrfachen Drängens der Franzosen, verweigerte die polnische Regierung den sowjetischen Truppen das Durchmarschrecht im Falle eines Krieges gegen Deutschland. “Mit den Deutschen riskieren wir, unsere Freiheit zu verlieren. Mit den Russen verlieren wir unsere Seele.” (10) Das war die Antwort des polnischen Generalstabschef Marschalls Rydz-Śmigły, das war die Haltung der polnischen Regierung, die lieber die Freiheit des eigenen Volkes opfern wollte, als die Sowjetarmee durch ihr Land ziehen zu lassen.
Rydz-SmiglyRydz-Śmigły

Eine historische Feindschaft?

Die feindselige Haltung ist in der Geschichte der beiden Staaten begründet.
Nach der Oktoberrevolution 1917 fielen mit den Armeen aus vierzehn Staaten auch die polnischen Herren 1920 über die Sowjetunion her. Die Rote Armee vertrieb sie und gelangte dabei bis vor die Tore Warschaus. Da den englischen und französischen Monopolen ca. 40 Prozent der Industrieanlagen in Polen gehörten, bekamen die polnischen Pans nun die volle Unterstützung Frankreichs und Englands. Doch die Sowjetunion wollte den Frieden und war daher auch bereit einen Vertrag zu unterzeichnen, auch wenn die Bedingungen dieses Vertrages als schändlich zu bezeichnen waren.

Die Festlegung der polnischen Grenzen

Der Vertrag von Riga 1921 legte die neuen Grenzen zwischen Polen und der UdSSR fest, die Polen bereits 1919 durch die Pariser Friedenskonferenz zugestanden wurden. Zur sogenannten Curzon-Linie wurde in Abwesenheit Rußlands jedoch noch folgender Beschluß gefaßt: “Die Konferenz hat ( … ) ausdrücklich die Frage der Forderungen, die Polen auf die Gebiete östlich dieser Linie anmelden könnte, offen gelassen. Die Konferenzteilnehmer glaubten, nicht in der Lage zu sein, darüber zu entscheiden und überließen die Regelung späteren Verhandlungen zwischen Polen und Rußland.” (11)

Polen und die Spaltung der Ukraiine und Weißrußlands

Um diese Forderungen zu realisieren, begannen die polnischen, englischen und französischen Kapitalisten den neuen Feldzug gegen die Sowjetunion, der mit dem sowjetischen Zugeständnis im Vertrag von Riga endete. Im Vergleich zur Curzon-Linie vom 8. Dezember 1919 bedeutete die Grenze des Vertrages von Riga für Polen einen Gebietszuwachs von 110.000 Quadratkilometern. Zugleich wurden die Ukrainer und die Weißrussen in zwei Staaten gespalten und in Polen zu einer unterdrückten nationalen Minderheit. Vor allem dieses Gebiet, diese 110.000 Quadratkilometer, waren es, die die UdSSR im sogenannten Zusatzprotokoll als ihre Interessensphäre bezeichnete. Hinzu kommt die ganze Westukraine und das westliche Weißrußland. Durch die Grenzziehung von 1939 kam Bialystok im Norden und Przemysl im Süden zur UdSSR. Die Sowjetunion erwarb insbesondere die wichtigen Städte Lemberg, Stanislau, Tarnopol, Luzk, Brest-Litowsk, Grodno und Nowogrodek. Am 10. Oktober 1939 schloß die UdSSR einen gegenseitigen Beistandsvertrag mit Litauen und überließ der Republik Litauen Stadt und Gebiet von Wilna.

Der Beitritt der West-Ukraine und West-Weißrußlands zur UdSSR

Abgeordnetenwahlen für die Volksversammlung der West-Ukraine und für die Volksversammlung des westlichen Weißrußlands fanden am 22. Oktober statt. Die Kandidaten, die von verschiedenen Organisationen wie Bauernkomitees, Arbeitervereinigungen usw. aufgestellt worden waren, erhielten in der West-Ukraine 90,9 Prozent und im westlichen Weißrußland 90,7 Prozent der Stimmen. Die Volksversammlung der West-Ukraine wurde am 26. Oktober im Lemberg einberufen, die des westlichen Weißrußlands am 28. Oktober 1939 in Bialystok, nachdem am 22. Oktober die Abgeordnetenwahlen stattgefunden hatten. Beide Versammlungen proklamierten den Beitritt zu den Sowjetrepubliken Ukraine und Weißrußland. Am 1. November 1939 nahm der in Moskau zusammengetretene Oberste Rat der Sowjetunion ein Gesetz über den Beitritt der West-Ukraine zur UdSSR und ihre Eingliederung in die sozialistische Sowjetrepublik Ukraine an. Am nächsten Tag erließ der Oberste Rat ein entsprechendes Gesetz, welches das westliche Weißrußland mit der sozialistischen Sowjetrepublik Weißrußland vereinigte.

Der Kriegsbeginn

Am 1. September 1939 überfiel Deutschland Polen. Die polnische Regierung floh am 13. September nach London. Erst am 17. September 1939, als es keinen polnischen Staat mehr gab, rückte die Rote Armee in die bezeichneten Gebiete ein. Alle bisher von Polen beherrschten Westukrainer und Westweißrussen kamen zu ihrer Nation zurück. Sie waren in Polen einer wachsenden nationalen Unterdrückung ausgesetzt. Verlangte noch die Pariser Friedenskonferenz den Schutz dieser nationalen Minderheiten in Polen, so protestierte außer der UdSSR niemand mehr gegen den am 13. September 1934 vom polnischen Außenminister Beck verkündeten Beschluß der polnischen Regierung: “Bis zur Inkraftsetzung eines allgemeinen und einheitlichen Systems zum Schutze der Minderheiten sieht sich meine Regierung gezwungen, ab heute jegliche Mitarbeit mit den internationalen Organen bezüglich der Kontrolle der Anwendung des Minderheitenschutzes durch Polen zu verweigern.” (12)

Es war keine Annexion, sondern eine Wiedervereinigung

Das war das offizielle Signal zu einer verstärkten Verfolgung der ukrainischen und weißrussischen Bevölkerung und zugleich der Grund dafür, daß die Rote Armee in den Gebieten, in denen diese Nationalitäten die übergroße Mehrheit darstellten, lebhaft willkommen geheißen wurde. So verlief die Geschichte der polnisch-sowjetischen Grenze bis 1939. Der Einmarsch der Roten Armee in die Gebiete, die im Zusatzprotokoll “Interessensphäre der Sowjetunion” genannt werden, war keine Annexion polnischer Gebiete, sondern die Wiedervereinigung der Ukrainer und Belorussen in einem Staat. Gleichzeitig war sie der Haltepunkt für den deutschen Vormarsch.

Churchill: “…eine unparteiische Lösung des Problems”

Noch einmal möchte ich eine Äußerung Churchills vom 22. Februar 1944 zitieren. “Wir haben die Besetzung Wilnas im Jahre 1920 nicht gebilligt. Der britische Standpunkt findet seinen Ausdruck in der sogenannten Curzon-Linie, die in jedem Fall eine unparteiische Lösung des Problems darstellt.” (13) Doch als Churchill das sagte, und damit zugab, daß der sowjetische Standpunkt nichts mit Großmachtpolitik zu tun hatte, sondern historisch rechtmäßig und militärisch sinnvoll war, herrschte noch nicht der sogenannte Kalte Krieg.

Die sowjetischen Beistandspakte mit Litauen und Lettland

Zu diesen militärisch sinnvollen Vorsichtsmaßnahmen gehörte auch das Angebot von Beistandspakten gegenüber den baltischen Ländern. Die militärischen Erfolge ermunterten die profaschistischen Elemente in diesen Ländern, so daß die reale Gefahr bestand, daß diese Länder zu Vasallen Deutschlands werden könnten. So unterzeichnete die Sowjet-regierung am 28. September 1939 mit Estland, am 5. Oktober mit Lettland und am 10. Oktober mit Litauen Beistandspakte.

Der “komische Krieg” Frankreich-Deutschland

Infolge des sowjetisch-deutschen Nichtangriffspakts war nun auch Japan bereit, einen Nichtangriffspakt zu unterzeichnen. Durch ihre konsequente Friedenspolitik hatte die UdSSR zunächst einmal eine gewisse Absicherung erreicht. Zumindest vertraglich waren die Grenzen und Fernost und im Westen gesichert. Polen dagegen war zerstört, trotz und wegen der Garantien Englands. Denn sie waren zugleich der Grund für Hitler, mit der UdSSR einen Vertrag zu schließen, um einen Zweifrontenkrieg zu vermeiden. Doch selbst jetzt änderten die Westmächte ihre starre Haltung nicht. Sie führten den sogenannten “komischen Krieg”, bei dem sich die Truppen Frankreichs und Deutschlands untätig gegenüber standen. Der Grund war Finnland. Die englischen und französischen Politiker dachten damals “weit mehr daran, mit welchen Mitteln man Rußland schlagen könne – sei es durch eine Hilfeleistung an Finnland, sei es durch einen Bombenangriff auf Baku oder durch eine Landung in Konstantinopel – als daran, auf welche Weise man mit dem ‘Reich’ fertig werden könnte.” So Charles de Gaulle. (14)
de Gaullede Gaulle

Finnland – der Schlüssel zum Sieg über die Sowjetunion?

Doch auch die Amerikaner dachten in diese Richtung. Wie die Westmächte, setzten auch die deutschen Faschisten ihre Hoffnungen auf Finnland. Deren Grenze zur Sowjetunion war zu diesem Zeitpunkt der schwache Punkt der Sowjetunion. Und in Finnland, dem Land, das die Oktoberrevolution vom zaristischen Joch befreite, und dem die gleiche Revolution die nationale Unabhängigkeit brachte, herrschte nun die Reaktion. Die finnischen Aktivitäten, der Bau von Befestigungsanlagen, der Ausbau von Straßen und Bahnstrecken bis an die sowjetische Grenze, mußten für die UdSSR mehr als bedrohlich erscheinen. Leningrad lag in Reichweite schwerer finnischer Geschütze.

Auch hier: Sowjetische Friedenspolitik zu Finnland

Auch zu diesem Zeitpunkt und in dieser Situation setzte die Sowjetunion ihre Friedenspolitik fort. Obwohl die finnische Regierung einen Beistandspakt bereits abgelehnt hatte, schlug die UdSSR Grenzverhandlungen vor, die am 12. Oktober 1939 auch begannen. Wie diese Verhandlungen auf finnischer Seite liefen, das beweist der Bericht des US-Botschafters in Finnland, der seinem Außenministerium mitteilte, die Instruktionen für diese Verhandlungsdelegation seien “gerade so hart, wie es die USA wollen”. (15)

Die ferngesteuerte finnische Regierung

Zu den eindeutigen Grenzvorschlägen der sowjetischen Regierung bemerkte der gewiß nicht sowjetfreundliche englische Journalist Alexander Werth: “Die beiden späteren Staatspräsidenten Paasikivi und Kekkonen, die seinerzeit für eine friedliche Schlichtung des Streits eingetreten waren, erzählten mir 1945, ihrer Meinung nach seien die sowjetischen Vorschläge gemäßigt und verständlich gewesen. Der Krieg sei vielleicht zu vermeiden gewesen, wenn sich Paasikivis und Kekkonens Politik durchgesetzt hätte.” (16) Doch die ferngesteuerte finnische Regierung beendete die Verhandlungen und brach Ende November mit einem Artillerieangriff den bestehenden sowjetisch-finnischen Nichtangriffspakt. Seitdem behauptet die westliche Propaganda entweder, der Artillerieüberfall sei erfunden, oder es sei “nur ein ganz kleiner Überfall” gewesen. Doch es bleibt eine Tatsache, daß die finnische Regierung den Krieg provozierte. Das gesteht auch Gustav Mannerheim, General der finnischen Armee, ein. “Ich zweifelte nicht daran, daß die USA und Großbritannien in den Konflikt eingreifen würden.” (17)

Die USA greifen in den Krieg ein

So kam es zum von den Westmächten gewünschten Krieg. Sie stellten die UdSSR als Aggressor dar und betrieben am 14. Dezember 1939 den Ausschluß der UdSSR aus dem Völkerbund. Die USA bewilligte Finnland eine Anleihe von 10 Millionen US-Dollar für den Bezug verbilligter Waffen. (18) Großbritannien und Frankreich bereiteten auf der Grundlage des Beschlusses des Völkerbundes eine direkte Aggression gegen die UdSSR vor. Am 15. März 1940 beschloß der gemeinsame Oberste Kriegsrat der beiden Staaten, vom Nahen Osten aus in Baku und von Finnland aus in Leningrad einzufallen. In einem Brief an den französischen Oberbefehlshaber General Gamelin schrieb der französische Frontkommandeur General Weygand: “Ich meinerseits halte es für das wichtigste, der Sowjetunion den Hals umzudrehen in Finnland ( … ) oder an einem anderen Ort.” (19)

Der Sowjetisch-Finnische Friedensvertrag von 1940

Daß diese Pläne nicht zur Ausführung kamen, lag zum einen daran, daß die Rote Armee militärisch bereits gesiegt hatte, und zum anderen sich die finnische Regierung dem finnischen Volk beugen mußte, das nicht länger als Kanonenfutter für die Interessen der westlichen Imperialisten dienen wollte. So wurde bereits am 12. März 1940 Frieden geschlossen, in dessen Folge die sowjetisch-finnische Grenze nun 120 Kilometer weiter nördlich verlief. Daß es der Sowjetunion nur um die Sicherheit von Leningrad und Murmansk ging, beweist auch die Tatsache, daß die Rote Armee weder von der Möglichkeit der Besetzung Finnlands Gebrauch machte, noch Kontributionen forderte, um ihre Kriegsausgaben zu decken. Mit dem Neutralitätspakt zwischen den beiden Ländern war nun auch die Nordgrenze der UdSSR zunächst einmal gesichert.

Die deutschen Faschisten besetzen Dänemark und Norwegen

Während England, die USA und Frankreich vor allem damit beschäftigt waren, eine Aggression gegen die UdSSR zu organisieren, und zwischendurch immer wieder mal versuchten Friedensverhandlungen mit Hitler-Deutschland auf den Weg zu bringen, hatten die deutschen Faschisten aufgerüstet. Am 9. April besetzten sie Dänemark und deutsche Truppen landeten in allen norwegischen Häfen. Während Dänemark den Westmächten völlig gleichgültig war, protestierte Großbritannien gegen den Einmarsch in Norwegen, da mehr als 50 Prozent der norwegischen Industrie den britischen Kapitalisten gehörten. Die britischen Truppen, die in Nordnorwegen landeten, wurden von der Wehrmacht geschlagen. Der Widerstand der norwegischen Bevölkerung brach schnell zusammen. Zum schnellen Zusammenbruch Norwegens trugen die Aktivitäten des früheren Kriegsministers Major Quisling bei, der eine profaschistische Bewegung organisiert und mehrere tausend deutsche Agenten ins Land geholt hatte.

Der faschistisch-deutsche “Blitzkrieg”

Die Besetzung Norwegens führte zum Umdenken bei den Westmächten. Die Münchner Politik, die Pläne, die deutsche Aggression nach Osten zu lenken, waren gescheitert. Am 10. Mai 1940 marschierte die Wehrmacht in den Beneluxländern und in Frankreich ein. Am selben Tag wurde Chamberlain durch Churchill ersetzt. Der “Blitzkrieg” gegen Frankreich wurde von einem unerwartet schnellen deutschen Sieg gekrönt. Umgehend forderte der französische Oberbefehlshaber, General Weygand, die Kapitulation, obwohl oder weil die Kommunistische Partei Frankreichs entgegen aller anderslautenden Propaganda, als einzige Partei einen Volkskrieg gegen die Naziwehrmacht forderte. Die eindeutig ablehnende Haltung der französischen herrschenden Klasse zu diesem Aufruf war so eindeutig, daß selbst die amerikanische Presse zu dem Schluß kam: “Die französischen Großkapitalisten wollten lieber Hitler als die Volksfront in Paris ( … ). Einen Sieg fürchteten sie wohl noch mehr als eine Niederlage.” (20)

Französisch-Britische Differenzen

Auch den britischen Vorschlag der Gründung einer “Britisch-Französischen Union” in Restfrankreich, mit dem die Briten offensichtlich Frankreich als Großmacht ausschalten wollten, wurde von Marschall Petain und der Mehrheit der Regierung abgelehnt: “Besser eine Naziprovinz als ein britisches Dominion.” (21) All diese Ereignisse zeigen das wahre Gesicht der herrschenden Klasse in England wie in Frankreich. Ihre imperialistischen Ziele unterschieden sich in nichts von denen der Faschisten, auch ihre Handlungen waren bestimmt von Hegemoniestreben, vom Wunsch nach Vergrößerung der eigenen Macht und von tiefer Feindschaft gegenüber dem Sozialismus und besonders der UdSSR.

Die Stalinsche Friedenspolitik bestärkt die Arbeiterbewegung

Die von Stalin geführte Außenpolitik der Sicherung des Friedens, der Sicherung der Staatsgrenzen der UdSSR machte all ihre Ambitionen zunichte. Angesichts der Siege der faschistischen Armeen waren in den baltischen Ländern starke faschistische Organisationen entstanden, deren systematische Hetze gegen die Rote Armee und die UdSSR schließlich dazu führte, daß die Regierung der UdSSR von den Regierungen der baltischen Staaten die Einhaltung der geschlossenen Verträge forderte. Das gab der ohnehin schon starken Arbeiterbewegung in diesen Ländern großen Auftrieb, in dessen Folge es ihr gelang, die profaschistischen Regimes durch demokratische Regierungen zu ersetzen.

Die feindliche Haltung der rumänischen Monarchisten

In den ehemaligen russischen Gebieten Bessarabiens verstärkte sich zu jener Zeit ebenfalls die Tätigkeit faschistischer Organisationen, und die rumänische Regierung unter König Carol intensivierte ihre Beziehungen zu Deutschland. Das zwang die Regierung der UdSSR, sowohl die Rückgabe Bessarabiens, das die herrschenden Kreise Rumäniens 1918 an sich gerissen hatten, wie auch das ukrainische Gebiet der Nordbukowina zu fordern. Die Volksversammlung der Nordbukowina hatte bereits 1918 beschlossen, sich wieder mit der Sowjetukraine zu vereinigen, was die rumänischen Monarchisten jedoch mit militärischen Mitteln verhinderten. Angesichts der feindlichen Haltung Rumäniens dürfte die Forderung der UdSSR, die Ende 1940 erfüllt war, niemanden verwundern.

Es gab keine sowjetischen “Annexionen”

So sieht es mit den von der UdSSR angeblich annektierten Gebiete im Zusammenhang mit dem Nichtangriffsvertrag wirklich aus. Das ist der ganze Umfang, und jeder Mensch, dem die antikommunistische Propaganda nicht gänzlich das Gehirn vernebelt hat, dürfte zu der Ansicht gelangen, daß es keine “Annexionen” gegeben hat. Es gab einen Kampf um die Sicherung der Grenzen. Es gab die Wiederherstellung der Einheit der ukrainischen und weißrussischen Nation, die als nationale Minderheiten in Polen und Rumänien unterdrückt gelebt hatten. Es gab den freiwilligen, selbstgewählten, durch Wahlen verlangten Anschluß der baltischen Staaten an die UdSSR als selbständige Republiken.

Der Nichtangriffsvertrag war ein richtiger Schritt

Die UdSSR führte in einer äußerst komplizierten Lage eine konsequente Politik, die den Menschen den Frieden sichern und den Krieg verhindern sollte. Der Nichtangriffsvertrag wie auch das Zusatzprotokoll waren ein notwendiger Schritt, der die Westukrainer und Westweißrussen vor dem Faschismus rettete und den deutschen Faschisten klar machte, wie weit sie gehen durften. Die UdSSR war aus objektiven Gründen nicht in der Lage, Polen unter einer antisowjetischen, profaschistischen Regierung zu schützen, die ihr Land lieber den Faschisten überließ.

Der heimtückische Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941

Der Bruch des Vertrages durch Hitler-Deutschland im Juni 1941 änderte die Situation erneut. Am 3. Juli 1941 sprach Stalin in einer Rundfunkansprache zu allen Bürger der UdSSR: “Man könnte fragen: wie konnte es geschehen, daß sich die Sowjetregierung auf den Abschluß eines Nichtangriffspakts mit solchen wortbrüchigen Leuten und Ungeheuern wie Hitler und Ribbentrop eingelassen hat? Ist hier nicht von der Sowjetregierung ein Fehler begangen worden? Natürlich nicht! Ein Nichtangriffspakt ist ein Friedenspakt zwischen zwei Staaten. Eben einen solchen Pakt hat Deutschland uns im Jahre 1939 angeboten. Konnte die Sowjetregierung ein solches Angebot ablehnen? Ich denke, kein einziger friedliebender Staat kann ein Friedensabkommen mit einem benachbarten Reich ablehnen, selbst wenn an der Spitze dieses Reichs solche Ungeheuer und Kannibalen stehen wie Hitler und Ribbentrop. Dies aber natürlich unter der einen unerläßlichen Bedingung, daß das Friedensabkommen weder direkt noch indirekt territoriale Integrität, die Unabhängigkeit und die Ehre des friedliebenden Staates berührt. Bekanntlich ist der Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und der UdSSR gerade ein solcher Pakt. Was haben wir durch den Abschluß des Nichtangriffspakts mit Deutschland gewonnen? Wir haben unserem Lande für anderhalb Jahre den Frieden gesichert sowie die Möglichkeit, unsere Kräfte zur Abwehr vorzubereiten, falls das faschistische Deutschland es riskieren sollte, unser Land trotz des Paktes zu überfallen. Das ist ein Gewinn für uns und ein Verlust für das faschistische Deutschland. Was hat das faschistische Deutschland durch die wortbrüchige Zerreißung des Pakts und den Überfall auf die UdSSR gewonnen und was hat es verloren? Es hat dadurch für kurze Zeit eine gewisse vorteilhafte Lage für seine Truppen erzielt, hat aber in politischer Hinsicht verloren, da es sich in den Augen der ganzen Welt als blutiger Aggressor entlarvt hat.” (22) Wir wissen wie die Aggression Nazi-Deutschlands endete.

Das ist die ganze Geschichte des (sogenannten) Nichtangriffspakts.

Die Angriffe gegen die Sowjetunion und insbesondere gegen Stalin, oft genug von Leuten, die sich ein “linkes” Mäntelchen umhängen, haben auch den Grund, daß man die negativen Seiten der Westmächte im Kampf gegen Hitler weitestgehend verschleiern möchte. Und erst recht bereitet es den Apologeten und Demagogen des Kapitalismus wenig Behagen, wenn sie die historische Tatsache zugeben müßten, daß die damals noch sozialistische Sowjetunion, geführt von einer kommunistischen Partei, an deren Spitze J.W. Stalin stand, die einzige Macht war, die entschlossen und unbeirrbar für den Frieden und die Zerschlagung des Faschismus eintrat. Daher die Kübel von Schmutz, die bei jeder Gelegenheit über Stalin und die sozialistische Sowjetunion ausgegossen werden.

Klaus Wallmann sen. (29.05.2005)

Quellen:
1) J.W. Stalin, Werke, Bd. 13, S. 174 f., Dietz Verlag Berlin, 1955
2) M. Maiski, Wer half Hitler?, S. 189, Moskau 1960
3) G. Fuchs, Gegen Hitler und Henlein, S. 281, Berlin 1961
4) J.W. Stalin, Werke Band 14, S. 101., Dortmund 1976
5) Sumner Welles, Jetzt oder nie, S. 294f., Stockholm 1944
6) Auswärtiges Amt der UdSSR: Akte der englisch-französisch-sowjetischen Verhandlungen, Band 3, Blatt 138, Moskau 1946
7) Winston Churchill, Der zweite Weltkrieg, Band 1, S. 325, Stuttgart 1954
8) Aus dem Archiv des deutschen Auswärtigen Amtes, Serie D, Band 8, S. 205f., Baden Baden 1950
9) ebenda
10) Paul Reynaud, La France a sauvé L’Europe, Band 1, S. 587
11) R.H. Lord, US-Mitglied der Kommission für polnische Angelegenheiten bei der Friedenskonferenz, zitiert nach: Alius, Die Curzon-Linie, S. 22, Zürich 1945
12) Offizielles Journal des Völkerbundes, Ausgabe Oktober 1934, Genf 1934
13) zitiert nach G. Deborin, Der zweite Weltkrieg, S. 64
14) C. de Gaulle, Memoires de la guerre, L’appel 1940-1942, S. 26, Paris 1954
15) Langer/Gleason, Challenge to isolation 1937-1940, S. 322, New York 1952
16) Alexander Werth, Rußland im Kriege 1941-1945, S. 70, München 1965
17) G. von Mannerheim, Erinnerungen, S. 339, Freiburg i. Breisgau 1952
18) Documents on American Foreign Relations July 1939 – June 1940, Bd.2, S.391, Boston 1940
19) G. Gamelin, Servir, Bd. 3, S. 199, Paris 1947
20) The New York Post, 03.08.1940
21) K. von Tippelskirch, Geschichte des zweiten Weltkriegs, S. 91, Borin 1956
22) J.W. Stalin, Werke, Bd. 14, S. 133f., Dortmund 1976

Fotos: Stalin, de Gaulle – Copyright: United States Library of Congress

* Anmerkung:
Zur Verwendung des Begriffs ‚Pakt‘ siehe hier und in den Kommentaren.

Quelle: http://www.randzone-online.de/?p=3639
(Zwischenüberschriften von mir, N.G.)

Siehe auch:
Kurt Gossweiler: Ist Gewalt zur Verteidigung des Kommunismus unmoralisch?
Kurt Gossweiler: Der Nichtangriffsvertrag und die Rolle Stalins im 2.Weltkrieg
Kurt Gossweiler: Betrachtungen zum Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffsvertrag (pdf-Datei)