Was ist politische Ökonomie?

Es ist an der Zeit, sich Gedanken zu machen, warum in unserer Gesellschaft immer wieder neue Krisen auftreten, warum die Widersprüche ständig größer werden und warum es immer wieder neue Auseinandersetzungen und Klassenkämpfe gibt?
Blinde
Die sogenannte „soziale Marktwirtschaft“ (ohnehin ein verlogener Begriff!) ist keineswegs der Weisheit letzter Schluß, ist keineswegs die beste aller möglichen Gesellschaften, ist keineswegs „alternativlos“ – wie uns das die Bourgeoisie so gerne glauben machen will. Was davon heute noch sozial ist, das sind die Errungenschaften aus jener Zeit, als es noch zwei Weltsysteme gab: den realen Sozialismus und den absterbenden Kapitalismus. Nach der zeitweiligen Niederlage des Sozialismus gibt es nunmehr fast nur noch den letzteren. Doch die Demonstrationen zum 1. Mai 2012 in aller Welt bezeugen, daß es nicht nur in der Arbeiterklasse eine große Einigkeit darüber gibt, daß der Kapitalismus ein Auslaufmodell ist. Und wir leben heute im Imperialismus, im brutalsten und letzten Stadium des Kapitalismus. Man muß also verstehen, warum das so ist – und man muß lernen, wie man das verändern kann. Damit es uns nicht so geht, wie den Blinden in Peter Bruegels unvergänglichem Gemälde…

Ist die Wirtschaft durchschaubar?

In der Welt werden gegenwärtig mehrere Millionen verschiedene Erzeugnisse hergestellt. Dazu gehören Schiffe, Flugzeuge, Autos, elektronische Geräte, Software und Tausende kleiner Dinge des täglichen Bedarfs. Die Entwicklungen der letzten 20 Jahre brachten nicht nur gewaltige soziale Veränderungen mit sich, sondern auch einen enormen technischen Aufschwung. Während gleichzeitig jährlich in der Welt über 30 Millionen Kinder verhungern und sogar in einem der reichsten imperialistischen Länder, der BRD, jedes sechste Kind von Kinderarmut betroffen ist. Wie konnte es z.B. sein, daß ein ehemaliger unscheinbarer KGB-Mitarbeiter aus Dresden zum reichsten Mann der Welt mutierte? Vom Tellerwäscher zum Millionär? Nein, nein – das funktioniert nicht! Und warum verschwand die offensichtlich so soziale DDR, und mit ihr alle sozialen Errungenschaften, wie Vollbeschäftigung, kostenlose medizinische Betreuung, vorbildliche Schulbildung, Gleichberechtigung der Frau, geringe Kriminalitätsrate und, und, und? Wenn man Ursachen all dieser Erscheinungen begreifen will, muß man sich mit der politischen Ökonomie befassen.

Womit beschäftigt sich die politische Ökonomie?

Die politische Ökonomie befaßt sich mit den gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen in der materiellen Produktion, mit der Art und Weise der Verteilung und des Austausches sowie mit der Konsumtion und dem Wechselverhältnis dieser Prozesse. Engels gab eine genaue Definition des Gegenstandes der Politischen Ökonomie:
Engels
Wenn von den Gesetzen der Produktion die Rede ist, so geht es nicht um Gesetze der Physik, der Mechanik und andere, soweit sie in der Produktion Anwendung finden. Es handelt sich vielmehr um die gesellschaftlichen Beziehungen, die dabei eingegangen werden, um die Produktionsverhältnisse und deren Wechselbeziehungen zu den Produktivkräften (Abbildung 1). Da sich Produktionsverhältnisse, Produktivkräfte und auch die Wechselbeziehungen zwischen ihnen in den verschiedenen Gesellschaftsformationen unterscheiden, hat sich eine politische Ökonomie des Kapitalismus und eine politische Ökonomie des Sozialismus herausgebildet. Die politische Ökonomie ist einer der drei Bestandteile des Marxismus-Leninismus, der wissenschaftlichen Weltanschauung der Arbeiterklasse. Marx, Engels und Lenin haben der politischen Ökonomie stets besonders große Aufmerksamkeit geschenkt. Lenin bezeichnete die politische Ökonomie als den Hauptinhalt des Marxismus:
Lenin
Marx wies darauf hin, daß die politische Ökonomie eine Wissenschaft ist und daher wie eine Wissenschaft, das heißt sorgfältig studiert werden muß.
MarxHerrschen in der menschlichen Gesellschaft Zufall oder Gesetzmäßigkeit?

Wie in der Naturwissenschaft, so wurde auch für die Wirtschaftswissenschaft seit langer Zeit von fortschrittlichen Denkern die Frage aufgeworfen, durch welche Kräfte, durch welche Gesetze die Entwicklung in der Gesellschaft, speziell in der Wirtschaft, bestimmt und bewegt wird, welche inneren Zusammenhänge bestehen. Können wir Aufgaben und Ziele der wirtschaftlichen Entwicklung einfach festlegen oder müssen wir dabei objektiv wirkende Zusammenhänge, Bedingungen und Gesetzmäßigkeiten berücksichtigen?

Vor mehr als zweihundert Jahren kam man zu dem Ergebnis, daß sich auch die Wirtschaft nach bestimmten Gesetzen entwickelt. Für die Untersuchung der ökonomischen Gesetze und ihre Bewegung haben bürgerliche Ökonomen während der Herausbildung des Kapitalismus einen wichtigen Beitrag geleistet. Aber die Klasseninteressen der Bourgeoisie hinderten sie daran, das Wesen der kapitalistischen Produktionsweise und ihre geschichtlichen Perspektiven aufzudecken. Je mehr sich der Klassenkampf zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie entwickelte, um so mehr trat an die Stelle der objektiven Forschung die Apologetik, die ausschließliche Verteidigung des Kapitalismus. Marx und Engels schufen – ausgehend von den Interessen der Arbeiterklasse – zum erstenmal in der Geschichte eine politische Ökonomie, in der das Wesen, der Charakter und die Besonderheiten der ökonomischen Gesetze wissenschaftlich begründet wurden. Sie deckten die Rolle der ökonomischen Gesetze für den gesetzmäßigen Verlauf der menschlichen Geschichte auf. Insbesondere untersuchten sie ökonomische Gesetze im Kapitalismus und begründeten die wichtigsten ökonomischen Gesetze des Sozialismus. Von grundlegender Bedeutung ist das Hauptwerk von Marx, »Das Kapital«. Er schrieb, »es ist der letzte Endzweck dieses Werks, das ökonomische Bewegungsgesetz der modernen Gesellschaft zu enthüllen«4 – das war damals die kapitalistische Gesellschaft. Obwohl dieses Werk vor mehr als 100 Jahren geschrieben wurde, sind seine Erkenntnisse nach wie vor Grundlage und Kernstück der marxistisch-leninistischen politischen Ökonomie und Schlüssel für das Verständnis der Wirtschaft.

Zur Erklärung der Begriffe: (Abbildung 1)
Übersicht

Quelle:
Otto Reinhold/Karl-Heinz Stiemerling, Politische Ökonomie – geschrieben für die Jugend, Dietz Verlag Berlin, 1985, S.6-11

Zitate:
1 Friedrich Engels: Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft (»Anti-Dührung«). In: MEW, Bd.20, S.139/136.
2 W.I.Lenin: Karl Marx. In: Werke Bd.21, S.48.
3 Karl Marx: Das Kapital, Erster Band. In: MEW, Bd.23, S.31.
4 ebd. S.15/16.

Nachbemerkung:
Wie oft schon wurde versucht, Marx auf den Kopf zu stellen oder zu widerlegen. Doch die Unwissenschaftlichkeit solcher Versuche zeugt nur von mangelhaftem dialektischen Denken oder aber von einer idealistischen Herangehensweise. (siehe: Marxfälscher unserer Zeit) Beides ist nicht zu akzeptieren. Zum Verhältnis der Produktivkräfte zu den Produktionsverhältnissen sagte Karl Marx: „Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um.“ – Karl Marx, Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Vorwort, 1859, MEW 13, S.9.
(Marx hatte recht: Da stimmt jedes Wort!)

Siehe:
Stalin: Zehn Fragen – zehn Antworten
Prognosen über die Gesellschaft
Eine interessante Wissenschaft mit revolutionärer Perspektive

Was ist eigentlich Imperialismus?

KriegZunächst: Warum dieses Bild? Der Imperialismus setzt seine Interessen letztlich immer mit brachialer Gewalt durch. Und Kriege sind für ihn immer die Fortsetzung seiner Politik mit gewaltsamen Mitteln.

Schon seit langem versuchen die Apologeten der gegenwärtigen monopolkapitalistischen Gesellschaft mit allen Mitteln, die Lehren des Marxismus-Leninismus zu widerlegen. Wie die Mäuse knabbern sie an jeder nur möglichen Stelle dieser monolithischen Wissenschaft. Mit gelehrten, oft auch recht plausibel erscheinenden Beiträgen, die geschmückt sind mit allerlei Zitaten der Klassiker, und illustriert mit Beispielen aus der Gegenwart, stellen diese Lakaien der Bourgeoisie immer neue Theorien auf, um die Lehre von Marx, Engels und Lenin als überholt darzustellen. Und sie rechnen damit, daß heute kaum noch jemand all die zitierten Werke gelesen hat, oder gar imstande ist, die nachträglich eingebauten Fehler und Fälschungen herauszufinden. Natürlich muß ein marxistischer Wissenschaftler nicht über jedes Stöckchen springen, das ihm von einem unbelehrbaren Trotzkisten (s. jW 29.5.12) hingehalten wird. Doch hin und wieder ist es angebracht, derlei Elaborate dorthin zu verweisen, wo sie hingehören: in die Mülltonne! Über den gegenwärtigen Imperialismus (daran hat sich seit 50 Jahren im wesentlichen nichts geändert) schrieb der sowjetische Ökonom A. Ostrogski folgendes:

Der Imperialismus, seine Hauptmerkmale und Widersprüche

Die Schaffung einer vollständigen und abgeschlossenen Theorie des Imperialismus ist das historische Verdienst der großen revolutionären Denker Lenin und Stalin. Ausgehend von der Marx-Engelsschen Analyse der Grundlagen des Kapitalismus unterzogen Lenin und Stalin die neue Phase in der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft einer sehr gründlichen und umfassenden Untersuchung. Durch die Schaffung der wissenschaftlichen Theorie des Monopolkapitalismus gaben Lenin und Stalin der Arbeiterklasse eine starke theoretische Waffe für den Kampf um den Sozialismus unter den neuen historischen Bedingungen.

Lenins Werk über den Imperialismus

Das Hauptwerk, das die Lehre vom Imperialismus darlegt, ist das im Jahre 1916 geschriebene und im April 1917 veröffentlichte berühmte Buch W.I. Lenins „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“. Dieses Buch enthält reiches theoretisches und politisch-ökonomisches Material über den Imperialismus. Ehe Lenin diese Arbeit niederschrieb, studierte er die gesamte damals über diese Frage vorhandene Literatur. Das Leninsche Material über den Imperialismus füllt einen ganzen Saal des Moskauer Lenin-Museums. Eine Vorstellung von den umfangreichen Vorstudien Lenins für dieses Werk geben auch seine Hefte über den Imperialismus, von denen jedes 20 bis 25 Druckbogen umfaßt und die zusammen drei Sammelbände füllen.

Eine geniale Fortsetzung der Lehre von Karl Marx

Lenins Buch „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ ist die geniale Fortsetzung des „Kapitals“ von Marx und stellt zugleich eine neue Stufe in der marxistischleninistischen Wissenschaft über die Entwicklungswege des modernen Monopolkapitalismus dar. Lenin zeigte die historische Stellung des Imperialismus als des letzten und höchsten Stadiums im Entwicklungsprozeß des Kapitalismus. Ausgehend von der Manischen Lehre Über die Konzentration und Zentralisation des Kapitals untersuchte Lenin erstmalig die Entwicklungsbedingungen des Kapitalismus in seinem monopolistischen Stadium und wies dabei nach, daß die frühere Entwicklung des Kapitalismus, die sich in der Hauptsache in aufsteigender Linie bewegte, durch eine im wesentlichen absteigende Entwicklungslinie abgelöst wurde, die unter äußerster Verschärfung aller inneren und äußeren Widersprüche zu früher nie dagewesenen Erschütterungen und Katastrophen führt. (Zitat: Stalin [1] )
Zitat
Somit gebührt Lenin das Verdienst, eine neue Epoche in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft, die Epoche des Imperialismus, entdeckt zu haben, die die Menschheit unvermeidlich einer revolutionären Ablösung der kapitalistischen Ordnung durch die sozialistische Ordnung entgegenführt. Im Lichte dieser gewaltigen Entdeckung Lenins definiert Genosse Stalin den Leninismus als den Marxismus in der Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolution.

Wie charakterisiert Lenin den Imperialismus?

In seiner Arbeit „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ gab Lenin eine klassische Charakteristik folgender fünf Hauptmerkmale des Imperialismus:
„1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, daß sie Monopole schafft, die im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen; 2. Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis dieses Finanzkapitals; 3. der Kapitalexport zum Unterschied vom Warenexport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung; 4. es bilden sich internationale monopolistische Kapitalistenverbände, die die Welt unter sich teilen, und 5. die territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen Großmächte ist beendet. Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet, der Kapitalexport hervorragende Bedeutung gewonnen, die Aufteilung der Welt durch die internationalen Truste begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist.“ [2] Die Herrschaft der Monopole ist die erste und wichtigste ökonomische Besonderheit und zugleich auch das tiefste Wesen des Imperialismus.

Bei der Aufdeckung dieses ersten Merkmals des Imperialismus weist Lenin darauf hin, daß der Übergang zur Herrschaft der Monopole ein direktes Ergebnis der weiteren Entwicklung des von Marx im „Kapital“ formulierten Gesetzes über die Konzentration und Zentralisation der Produktion, und „die Entstehung der Monopole infolge der Konzentration der Produktion überhaupt ein allgemeines Grundgesetz des Kapitalismus in seinem heutigen Entwicklungsstadium ist“ [3].

Im Kapitalismus gibt es keinen friedlichen Weg

Die Bildung der Monopole erfolgt nicht auf dem Wege einer friedlichen und glatten Entwicklung des Kapitalismus, wie dies Kautsky und andere Apologeten des Imperialismus darstellen, nicht vermittels freiwilliger Vertrage und Vereinbarungen zwischen den einzelnen Kapitalisten, sondern unter den Bedingungen des schärfsten Kampfes einer Handvoll Großbetriebe um die Herrschaft, wobei sie sich die Mittel- und Kleinbetriebe unterwerfen, sie abwürgen und zugrunde richten. Dies bezieht sich besonders auf die gewaltigen Massen der landwirtschaftlichen Kleinproduzenten. Jede Schwierigkeit in der kapitalistischen Wirtschaft, sei es eine ernste Krise oder eine kleine Stockung in diesem oder jenem Produktionszweig, jede Gelegenheit nützen die Monopolisten aus, um die Klein- und Mittelbetriebe abzuwürgen oder sie in ihre Einflußsphäre einzubeziehen, nachdem sie ihnen ihre frühere Selbständigkeit genommen haben.

„Wir haben es nicht mehr mit dem Konkurrenzkampf kleiner und großer, technisch rückständiger und technisch fortgeschrittener Betriebe zu tun. Durch die Monopolinhaber werden alle diejenigen abgewürgt, die sich dem Monopol, seinem Druck, seiner Willkür nicht unterwerfen.“ (Lenin) [4] Der Entstehungs- und Entwicklungsprozeß der Monopole erfolgt auf dem Wege der gewaltsamen Unterwerfung und des Untergangs hunderter und tausender kleiner und mittlerer Industriebetriebe, auf dem Wege der Erdrosselung und Zugrunderichtung von Millionen Handwerkern in den Städten und von Dutzenden Millionen Bauern wirtschaften auf dem Lande, auf dem Wege der offenen Ausraubung der abhängigen und kolonialen Völker.

Der imperialistische Konkurrenzkampf verschärft sich

Lenin zeigt weiter, daß die Monopole in ihrem Bestreben, das spontane Wirken der Konkurrenz zu überwinden, diese nicht nur nicht abschwächen, sondern sie im Gegenteil in hohem Grade verstärken und verschärfen. „… die Monopole beseitigen nicht die freie Konkurrenz, aus der sie erwachsen, sondern bestehen über und neben ihr fort und erzeugen dadurch eine Reihe besonders krasser und schroffer Widersprüche, Reibungen und Konflikte“.[5] In seinen Arbeiten hebt Lenin ausdrücklich diese äußerst wichtige Besonderheit der Entwicklung des Kapitalismus unter der Herrschaft der Monopole hervor.
In „Materialien zur Revision des Parteiprogramms“ gibt Lenin eine Analyse der äußersten Gegensätzlichkeit des Prozesses der Wechselwirkung zwischen Konkurrenz und Monopol im Imperialismus. „Der Imperialismus kompliziert und verschärft die Widersprüche des Kapitalismus, er ,verknotet’ die Monopole mit der freien Konkurrenz, aber den Austausch, den Markt, die Konkurrenz, die Krisen usw. beseitigen kann der Imperialismus nicht. Der Imperialismus ist der im Ableben begriffene, aber noch nicht abgelebte, der sterbende, aber noch nicht gestorbene Kapitalismus. Nicht reine Monopole, sondern Monopole neben dem Austausch, dem Markt, der Konkurrenz, den Krisen – das ist überhaupt die wesent-lichste Eigenart des Kapitalismus… Gerade diese Verkuppelung der einander wider-sprechenden ,Prinzipien’: Konkurrenz und Monopol, ist für den Imperialismus wesentlich, gerade sie bereitet den Zusammenbruch, d.h. die sozialistische Revolution vor.“ [6]
Manuskript
Lenins Buch „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ liefert reichhaltigstes Tatsachenmaterial für .die Verstärkung der Konzentration der Produktion in allen bedeutenden kapitalistischen Ländern. In den USA zum Beispiel gab es im Jahre 1909 bei einer Gesamtzahl von rund 270.000 Betrieben nur 3.060 Betriebe (1,1 Prozent) mit einer Jahresproduktion von l Million Dollar und darüber. In diesen Betrieben waren 30,5 Prozent aller Arbeiter beschäftigt; sie erzeugten 43,8 Prozent der Bruttoproduktion der gesamten Industrie der USA. In diesem Zusammenhang stellt Lenin fest: „Fast die Hälfte der Gesamtproduktion aller Betriebe des Landes liegt in den Händen eines Hundertstels der Gesamtzahl der Betriebe!“ [7] ( … )

Das Finanzkapital

Dieser Prozeß der Verschmelzung von Bankkapital und Industriekapital führt zur Bildung des Finanzkapitals und zu seiner Herrschaft im Imperialismus. Die größten Vertreter des Finanzkapitals in den USA sind heute Morgan, Rockefeller, Mellon, Dupont und einige andere Kapitalisten. Unter der Kontrolle des Bankhauses Morgan in den USA stehen Körperschaften mit einem Gesamtkapital von rund 30 Milliarden Dollar. Die Rockefeller-Gruppe kontrolliert Kapitalien in Höhe von 6,5 Milliarden Dollar, die Mellon-Gruppe in Höhe von 3 Milliarden und Dupont von 2,5 Milliarden Dollar. Die Morgan-Gruppe beherrscht eine Reihe größter Industriemonopole, darunter solche Giganten wie der amerikanische Stahltrust, die allgemeine Automobil-Gesellschaft „General Motors“, die allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft „General Electric“ und andere. Die Rockefeller-Gruppe umfaßt eine große Anzahl verschiedenartiger Betriebe, unter denen der Petroleumtrust „Standard Oil“ an erster Stelle steht. Der Dupont-Gruppe untersteht die Kriegs- und chemische Produktion der USA.

Wie ist eigentlich das Finanzkapital entstanden?

In völliger Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Verlauf des Konzentrationsprozesses der Banken charakterisiert Lenin das Finanzkapital als Produkt des Verwachsens von Bankkapital und Industriekapital. Bei der Feststellung der Bedingungen für die Entstehung und Bildung des Finanzkapitals hebt Lenin folgende sehr wichtige Momente hervor: „Konzentration der Produktion, daraus erwachsene Monopole, Verschmelzung oder Verwachsen der Banken mit der Industrie – das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffes.“ [8]

Die fehlerhafte Theorie von Hilferding

Die streng wissenschaftliche Leninsche Definition des Finanzkapitals und die Charakterisierung seines Entstehungsprozesses unterscheidet sich grundlegend von der opportunistischen Tauschkonzeption im Buche Hilferdings „Das Finanzkapital“. Bei der Behandlung des Entstehungsprozesses des Kapitals verletzt Hilferding gröblich die marxistische Methodologie, indem er das Primat der Produktion in die Zirkulation verlegt.
Die Entstehung und Bildung des Finanzkapitals stellt er als den Prozeß dar, … wie aus den Zirkulationsvorgängen selbst jene Macht erwächst, die als kapitalistischer Kredit schließlich die Herrschaft über die gesellschaftlichen Vorgänge erhält. [9] Diese Verlegung des Primats der Produktion in die Zirkulation bedeutete die Untergrabung des Eckpfeilers der ökonomischen Lehre von Marx – der Theorie vom Mehrwert, laut welcher der Mehrwert im Zirkulationsprozeß nur realisiert und verteilt wird, wahrend er im Produktionsprozeß auf dem Wege der Ausbeutung der Arbeiterklasse gebildet wird. Hilferding bemüht sich so, die Widersprüche zwischen der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie zu verwischen und zu vertuschen. Im Gegensatz dazu deckt die Leninsche Analyse über die Bedingungen der Entstehung und Bildung des Finanzkapitals die sich verstärkenden Widersprüche zwischen Bourgeoisie und Proletariat in der Epoche des Imperialismus auf.

In wessen Händen befinden sich die Reichtümer der Gesellschaft?

Lenin zeigt, wie das Anwachsen der Monopole und des Finanzkapitals dazu fuhrt, daß die großen Finanziers und Monopolisten das Schicksal jedes beliebigen kapitalistischen Landes zu beherrschen beginnen. Sie konzentrieren den überwiegenden Teil der Reichtümer der modernen kapitalistischen Gesellschaft in ihren Händen. In den USA zum Beispiel besitzt ein Prozent der Eigentümer 59 Prozent aller Reichtümer des Landes. In England sind in den Händen von 2 Prozent der Eigentümer 64 Prozent der Reichtümer des Landes konzentriert. Die großen Monopolherren halten in Wirklichkeit nicht nur die entscheidenden ökonomischen Positionen in ihrer Hand, sondern sie verfügen auch über eine gewaltige politische Macht, indem sie die Arbeit des Staatsapparats beeinflussen, die Verfassung des Landes, das Justizwesen usw. ihren Interessen anpassen.

Monopole und Banken – und ihre Strohmänner in der Politik

Die heutigen Finanzmagnaten diktieren vermittels ihrer Strohmänner in den Parlamenten und Regierungsorganen die Durchführung einer für sie vorteilhaften Innen- und Außenpolitik, die ihrem Wesen nach selbstverständlich reaktionär ist. Die Innenpolitik ist auf eine verstärkte Ausbeutung der Werktätigen gerichtet und die Außenpolitik auf die Ausraubung der Kolonien und Halbkolonien, auf die Eroberung neuer Absatzmärkte und Rohstoffquellen, auf die Vorbereitung neuer Kriege. „Ist einmal das Monopol zustande gekommen“, sagt Lenin, „und schaltet und waltet es mit Milliarden, so durchdringt es mit absoluter Unvermeidlichkeit alle Gebiete des öffentlichen Lebens, ganz unabhängig von der politischen Struktur und beliebigen anderen ,Details’.“ [10]

Wer beherrscht eigentlich die imperialistische Welt?

Selbst die objektivsten bürgerlichen Journalisten und Schriftsteller sind gezwungen, diese der Herrschaft der Finanzoligarchie entspringende Tatsache zuzugeben. So schrieb zum Beispiel der Autor des Aufsehen erregenden Buches „Die 60 Familien Amerikas“, Lundberg:
„Die USA beherrscht gegenwärtig die Oligarchie der 60 reichsten Familien, die von ca. 90 anderen, weniger reichen Familien unterstützt werden. Diese Oligarchie beherrscht die Vereinigten Staaten unter der bescheidenen Flagge einer demokratischen de-jure-Regierung, hinter der sich eine in vollstem Maße absolutistische und plutokratische de-facto-Regierung, eine Regierung des Geldes und der Dollar-Demokratie verbirgt.“ [11]

Liquidiert werden kann die Macht dieser parasitären Oberschicht der modernen kapitalistischen Gesellschaft nur durch die Machtergreifung der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen, sowie durch die Beseitigung der Herrschaft der kapitalistischen Monopole und der mit ihnen verbundenen Gewalt und Unterdrückung.

Quelle:
A.Ostrogski, Der Imperialismus, seine Hauptmerkmale und Widersprüche. Dietz Verlag Berlin, 1951, S.1-11. (Zwischenüberschriften von mir, N.G.)

Zitate:
[1] J. W. Stalin, „Unterredung mit der ersten amerikanischen Arbeiterdelegation“ in W.I. Lenin, Ausgew.Werke in zwei Bänden, Bd.I, Moskau 1946, S.40.
[2] W.I. Lenin, „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ (Abschn.VII), 2.Auflage, Dietz Verlag, Berlin 1950, S.94.
[3] ebd. (Abschn.I), S.22.
[4] ebd. (Abschn.I), S.29.
[5] ebd. (Abschn.VII), S.93.
[6] W.I. Lenin, Sämtliche Werke, Bd. XX, 1.Halbbd., Wien-Berlin 1928, S. 393.
[7] W.I. Lenin, „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ (Abschn.I), S.19.
[8] ebd. (Abschn.III), S.51. Lehrmaterialien, Polit.Ökonomie, Heft 5
[9] Siehe Rudolf Hilferding, „Das Finanzkapital“, Dietz Verlag, Berlin 1947, S.61.
[10] W.L Lenin, „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ (Abschn.III), S.62.
[10] Ferdinand Lundberg, „Die 60 Familien Amerikas“, Amsterdam, 1938, bzw. „America’s Sixty Families“, New York, 1937.

Siehe auch:
Armin Risi, „Untertanen, Obertanen und Hintertanen“

Vorsicht vor den Sjuganowleuten!

SjuganowIn kämpferischer Pose: Sjuganow – der oberste „Kommunist“ Rußlands
(Foto: kprf)

Ljubow Pribytkowa

Vorsicht vor den Sjuganow-Leuten der KPRF
Die internationale kommunistische und Arbeiterbewegung erlebt gerade nicht die besten Zeiten. Beim Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert wurde das sozialistische Weltsystem gestürzt. Die Sowjetunion zerfiel. Und die größte kommunistische Partei unseres Planeten, die KPdSU kam mit der Krankheit des rechten Opportunismus nicht zurecht und wurde selbst der Hauptfaktor der Konterrevolution in der UdSSR und den anderen Ländern der sozialistischen Gemeinschaft. Das führte zur Krise in der internationalen kommunistischen Bewegung, zur Abweichung der Führungen vieler kommunistischer Parteien nach rechts, zur Aufgabe ihrer marxistischen Positionen. Der rechte Opportunismus, die Orientierung auf das Versöhnlertum und die Zusammenarbeit mit der bürgerlichen Macht begannen in der kommunistischen Bewegung zu dominieren.

Die Situation der Arbeiter nach der Konterrevolution

Die Konterrevolution in der UdSSR und den Ländern Osteuropas und die in den vergangenen Jahren beginnende Wirtschaftskrise des Imperialismus führte zur Schließung vieler Betriebe, zur Verschlechterung der Lage der Arbeiter, zum Verlust vieler ihrer sozialer Errungenschaften, zum Anwachsen der Arbeitslosigkeit. Die Monopole kommen aus der Krise immer nur heraus auf Kosten der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Werktätigen und der Liquidierung sozialer Garantien. In seinem Artikel für „Internationale kommunistische Übersicht“ betonte das Mitglied des Nationalrates der Partei der Arbeit Belgiens (PTA) Herwig Lerouge: „Nach dem Verschwinden der UdSSR kennt die Arbeiterbewegung in Europa nichts außer Abweichungen. Unsere Kinder werden nach 90 Jahren die erste Generation sei, die schlechter leben wird als ihre Eltern. Den 8-Stunden-Tag, die 5-Tage-Arbeitswoche, die sichere Arbeit – alles das blieb in den Erinnerungen … In einigen Ländern, die einst sehr reich waren, wie Deutschland, bis muß man heute 67 arbeiten, um die volle Altersrente zu bekommen.“ Die Verschärfung der sozialen Widersprüche konnte keine Zunahme des Klassenkampfes bewirken. Und im Zusammenhang damit, daß die internationale Arbeiterbewegung tatsächlich ohne kommunistische Führung blieb, tragen die Protestaktionen des Volkes im Nahen Osten, in Afrika, in Lateinamerika, in der Regel spontanen Charakter. Sie sind schlecht organisiert, werden nicht von marxistisch-leninistischen Parteien geleitet und sind deshalb in der Regel zur Niederlage verurteilt…

Der Opportunist Sjuganow und die KPRF

Im heutigen Rußland beansprucht die KPRF, geleitet von Gennadi Sjuganow, die Rolle einer kommunistischen Partei. Ja, sie ist die mitgliederstärkste Partei. Aber sie ist im strengen wissenschaftlichen Sinn dieses Begriffes keine kommunistische Partei, obwohl sie bis jetzt bei diesem Namen blieb. Bestenfalls kann diese Partei dem rechtsopportunistischen Flügel der kommunistischen Bewegung zugeordnet werden. Doch selbst eine solche Position muß man dieser Partei im Grunde absprechen, da bei der KPRF viele Argumente gänzlich dafür sprechen, daß sie einer linken sozialdemokratische Partei nach dem westeuropäischen Muster gleicht. Und die gegenwärtige Sozialdemokratie ist eine bürgerliche ideologische und politische Plattform. Wir wollen versuchen, das unvoreingenommen zu betrachten. Über den ständigen Führer der KPRF, Gennadi Sjuganow, wurde schon viel geschrieben. Es ist überflüssig in „Glasnost“ und „Der gewöhnliche Bourgeois“ von G. Gorjatschenkow oder im Buch „Anti-Sjuging“ von Ljubow Garifullina nachzulesen. Doch buchstäblich mit dem Bleistift muß man die seriöse analytische Arbeit W.A. Saprykins „Der rechte Opportunismus hinter der Maske der Marxismus-Fälschung“ , den Artikel von S. Bobrow auf der Website der RKRP über „Die Transformation der Ideologie der KPRF“ studieren. Auch die Arbeiten der bekannten Publizisten Wladimir Buschin und Konstantin Kowaljow sind nützlich. Der Artikel von Alexander Golowenko „Wer erntet die Lorbeeren des Popen Gapon? Gennadi Sjuganow – der Lakai der Bourgeoisie“ hat ebenfalls nichts an Aktualität eingebüßt.

… bei Lenin nachlesen !

Man muß eben auch immer wieder die Arbeiten Wladimir Iljitsch Lenins durchlesen, sich in seine Einschätzung des Opportunismus als Verrat an der Arbeiterklasse und in seinen Kampf hineindenken. „…Die Opportunisten (Sozial-Chauvinisten) arbeiten mit der imperialistischen Bourgeoisie zusammen, … die Opportunisten verkörpern objektiv einen Teil des Kleinbürgertums und einiger Schichten der Arbeiterklasse, bestochen mit Mitteln der imperialistischen Superprofite und umgewandelt in Wachhunde des Kapitalismus, in Verderber der Arbeiterbewegung.“ Und um die Hauptsache nicht zu vergessen: „Ohne den entschlossenen, schonungslosen Kampf gegen diese Parteien auf der ganzen Linie – oder, gleichviel, diese Gruppen, Strömungen und dgl. m. – kann weder die Rede sein vom Kampf gegen den Imperialismus, noch von Marxismus, noch von der sozialistischen Arbeiterbewegung.“

Ist Sjuganow ein Antikommunist?

In seinem Artikel „Die Zeit erweicht die Steine“ in der Zeitung „Molnija“ nannte Konstantin Kowaljow, der nette Publizist aus New York, Gennadi Sjuganow einen „hundertprozentigen Antikommunisten“. Das ist ein ernstzunehmender Vorwurf, eine ganz und gar unfreundliche Einschätzung eines Politikers, der sich selbst einen „Verteidiger des Volkes“ nennt. Aber es ist schwierig, mit ihm hier nicht übereinzustimmen! Heute stehen weder Sjuganow, noch die gesamte Führung der KPRF mehr auf marxistischen, kommunistischen Positionen. Aber „Nicht-Kommunist“ und „Antikommunist“ ist nicht ein und dasselbe. Jeder nur wenig gebildete Spießbürger, der sich in der Politik nicht zurechtfindet, der nicht bekannt ist mit dem wissenschaftlichen Kommunismus, ist natürlich kein Kommunist. Aber wer vom Standpunkt des bürgerlichen Nationalismus aus den Marxismus bekämpft, seine Lebensuntauglichkeit „beweist“, wer nicht auf die Barrikaden verweist, sondern zur Buße auf die Kirche – der ist ein Antikommunist.

„Leute, laßt uns friedlich miteinander leben!“

Wenn man ein wenig in die Zukunft schaut, so wird die Arbeiterklasse unvermeidlich früher oder später, die „Steine des bürgerlichen Staates erweichen“, sie muß sich vorbereiten auf den unversöhnlichen Klassenkampf gegen ihrem Feind, einschließlich des ideologischen. Wenn es ohne Theorie keine Praxis gibt, wenn es nur zwei unversöhnliche Ideologien gibt: die proletarische und die bürgerliche – dann ist das so, auch wenn man die Dinge heute nie bei ihrem Namen nennt. Im ideologischen Kampf ist es geradezu verbrecherisch, dem Ratschlag des Katers Leopold zu folgen: „Leute, laßt uns friedlich miteinander leben!“ Lenin sagte nicht umsonst: Opportunisten muß man bekämpfen, sie sind Feinde! Dieser Kampf wird der Arbeiterklasse helfen, ihre Lage in der kapitalistischen Welt zu verstehen, sich ihrer historischen Mission als revolutionärer Hauptkraft der Gegenwart bewußt zu werden. Er wird ihr helfen, von dem parlamentarischen Kretinismus geheilt zu werden – dieser Illusion, daß „ehrliche“ bürgerliche Wahlen alle ihre lebenswichtigen Probleme lösen werden. Und er wird ihr helfen zu verstehen, daß „materielle Gewalt nur mit materieller Gewalt überwunden werden kann“.

Sjuganows Marx-Korrekturen

Im Jahre 1996 gab Gennadi Sjuganow unter dem Einfluß des zügellosen „demokratischen“ Antisowjetismus, der bald ein ganzes Jahrzehnt im Lande tobte, in seinem Buch „Rußland – meine Heimat, Ideologie eines staatlichen Patriotismus“ der Überzeugung Ausdruck, daß „unter der neuen historischen Situation im großen und ganzen die Idee des proletarischen Sozialismus, die von Marx und Engels und ihren Anhängern (wen hatte er im Sinn, Lenin? – L.P.) entwickelt wurde, für viele unsere Zeitgenossen ihre Attraktivität in bedeutendem Maße verloren“ habe. Er behauptete dort, daß „in der marxistischen Doktrin vieles (!), darunter sogar die Lehre von der kostenlosen Aneignung des Mehrwertes durch die Kapitalisten, die absolute und relative Verarmung der Arbeiterklasse, die Theorie der proletarischen Revolution mit ihren Schlußfolgerungen – der Diktatur des Proletariats – der Präzisierung und der Korrektur“ bedürfe. Und noch 1993, einen Monat nach der Entmachtung des Parlaments durch Jelzin, verkündet er auf den „Seiten der politischen Autobiographie“, zu Tode erschrocken durch das „Drama der Gewalt“, den Lesern sein intimstes Geheimnis: „Unser Land hat genug von den Revolutionen und allen übrigen Erschütterungen. Zum Kampf sind wir jetzt nicht mehr tauglich. Gott sei Dank.“

Die aalglatte Biographie eines Karrieristen

Um zu verstehen, warum der „Oberste Kommunist“ des Landes sich so seiner „Untauglichkeit“ zum Kampf erfreut, muß man seine Biographie kennen lernen. Die Menschen sollen wissen, wem sie gedankenlos, die Hosen und die Röcke gerafft, ohne auf den Weg zu achten hinterherlaufen, für wen sie bei den „demokratischen“ Wahlen zur Abstimmung gehen… Die Schule schloß Gennadi mit der Silbermedaille ab. An der Hochschule erhielt er später ein Rotes Diplom. Charakterlich war er ehrlich und selbstbewußt, und er blieb es auch. Er hatte einen scharfen Konjunkturinstinkt. Zwar holte er keine Sterne vom Himmel, doch erklomm er erfolgreich die Karriereleiter. Sjuganow war kein schlechter Parteiapparatschik der Breshnew-Gorbatschowschen Schule. Viele Jahre war er Mitglied der KPdSU, aber niemals war er Kommunist. Er verstand es, sich nützlich zu machen, sich gefällig zu erweisen, er wußte, wo, wann und wie zu handeln ist… So trat er überall in Erscheinung – wie der ihn gut kennende Professor W.A. Saprykin schreibt – in der Russisch-Amerikanischen Universität, bei den „Geistigen Erben Podbereskins“, im Koordinierungsausschuß der nationalpatriotischen Kräfte Rußlands, in der Front zur Nationalen Rettung. Und so erfreute Sjuganow, wenn es unter den Bedingungen des situativen Durcheinanders eines Kommunisten bedurfte, diejenigen, welche beim KPRF-Parteitag für seine Wahl zunächst als ZK-Mitglied stimmten – bis es ihm 1993 endlich gelang, auf dem Plenum zum Vorsitzenden der KPRF gewählt zu werden.

Wie der Pope – so das Gefolge!

Was das für „Kommunisten“ waren, kann man an der Tatsache ermessen, daß auf dem Kongreß der Volkdeputierten am 12. Juni 1990 einige Hundert Delegierte für die „Deklaration über die Souveränität Rußlands“ abstimmten, die dem Zusammenhalt der UdSSR den Todesstoß versetzte. Ebensolche „Kommunisten“ stimmten auch für die Bildung der Kommunistischen Partei der RSFSR, nachdem sie den monolithischen Block der KPdSU zerstört hatten. So ist es nicht verwunderlich, wenn sie Sjuganow nicht eine gehörige Absage erteilten, der sich an jenem tragischen Tag, am 3. Oktober 1993 dem Telestudio verweigerte, Bevölkerung Rußlands aber dazu aufrief, die „Ruhe zu bewahren und nicht an Kundgebungen und Streiks teilzunehmen“. Mit einem Wort – wie der Pope, so das Gefolge… Die Analyse der Bücher, Artikel und Auftritte des schön redenden Sjuganow befreit die denkenden Leser von Illusionen. Sjuganow und seine Kumpane Jurij Below, Wladimir Nikitin, Iwan Melnikow, und andere haben nicht wie Sergej Obuchow „den Marxismus verloren“, wie ein sehr guter Autor geschrieben hat, sie haben ihn zunächst aus taktischen Erwägungen einer starken Revision untergezogen, und ihn später bewußt aus ihrem ideologischen Alltag und aus dem Parteiprogramm hinausgeworfen. Sie haben den dialektischen und historischen Materialismus, die philosophische Grundlage des Marxismus, bewußt durch subjektiven Idealismus ersetzt. Sie haben die bürgerlich Ökonomie der marxistischen politischen Ökonomie vorgezogen. Sie sind übergegangen auf die Position eines kleinbürgerlichen Sozialismus. Den proletarischen Internationalismus haben durch den bürgerlichen Nationalismus ersetzt, und den Atheismus durch den Fideismus – oder einfacher gesagt: durch das religiöse Dunkelmännertum. Und deshalb sind sie ganz gewöhnliche Antikommunisten.

Sjuganow hält den Marxismus für veraltet

Die Sjoganowleute erinnern sich nicht einmal mehr an die Hauptidee des Manifests der Kommunistischen Partei: „…das moderne bürgerliche Privateigentum ist der letzte und vollendetste Ausdruck der Erzeugung und Aneignung der Produkte, die auf Klassengegensätzen, auf der Ausbeutung der einen durch die andern beruht. In diesem Sinne können die Kommunisten ihre Theorien in dem einen Ausdruck: Aufhebung des Privateigentums, zusammenfassen“ . Statt dessen betonen sie bei jedem ihrer Auftritte, daß die KPRF Wert legt auf eine vielgestaltige Wirtschaft, auf die Gleichberechtigung aller Eigentumsformen, einschließlich Privateigentums. Die KPRF verbindet ihre Hoffnungen nicht mit der Arbeiterklasse, der produktiven Hauptkraft der Gesellschaft, sondern mit den „einheimischen Unternehmern“. Bei jeder Wahlkampagne schwört Gennadi Sjuganow hoch und heilig, daß er das kleine und mittlere Business auf jede Weise unterstützen wird, wenn er an die macht kommt. Den Leninschen Gedanken, daß der Kapitalismus täglich, stündlich durch die kleine privatkapitalistische Produktion hervorgebracht wird, er hält er für veraltet.

Sjuganow als Mitarbeiter im Büro eines Antikommunisten

Nein – irgendwelche Kenntnisse über Marx und Engels, Lenin hat Sjuganow natürlich an der Pädagogischen Hochschule mitbekommen, und irgend etwas davon ist auch bei ihm hängengeblieben. Aber die Arbeit in der Abteilung der Propaganda des ZK der KPdSU, die der „Architekt der Perestroika“, der Erz-Antikommunist Alexander Jakowlew leitete, hat ihre Sache gemacht. Selbst die dürftigen Kenntnisse des Marxismus hatte er natürlich schon bis zum Ende der Perestroika endgültig „überwunden“, obwohl – nein, nein, seine Eingebungen schmückt er ja hin und wieder mit Zitaten aus den Büchern der Klassiker… Dafür hat er sich gründlich für die westlichen bürgerlichen Philosophen Spengler und Toynbee, und die russischen Danilewski und Berdjajew begeistert. Besondere Hochachtung genießt bei ihm der Religionsphilosoph Iwan Iljin, der Ideologe der Weißgardistischen Bewegung in Rußland, die auf die Seite des Hitlerfaschismus überging, und die sich auch nach seiner Zerschlagung nicht von ihm lossagte. Die berühmte Losung „Proletarier aller Länder vereint euch!“ haben die Sjuganowleute hinausgeworfen, um ihre Partner – die Bourgeoisie – nicht zu erschrecken. Sogar der ehemalige Sekretär des Smolnyer Stadtbezirkskomitees der KPdSU Leningrads, Jurij Below, bemerkte irgendwie giftig an die Adresse der RKRP: „Wo sind denn Ihre eisernen Bataillone des Proletariats? So wie es sie nicht gab, gibt es sie auch heute nicht, und man wird sie auch hinter Ihrem Rücken nicht finden.“ Und so wiederholen sie wie die Papageien den Satz der bürgerlichen Ideologen, daß es auch heute in Rußland keine Arbeiterklasse gibt…

Gibt es überhaupt noch ein Proletariat?

Eine organisierte Arbeiterklasse, die sich ihrer Klasseninteressen bewußt ist, gibt es derzeit tatsächlich nicht. Aber es gibt das Proletariat, die Klasse der Lohnarbeiter, die der Produktionsmitteln beraubt wurde und die gezwungen ist, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um leben zu können. Bauen heute wirklich nicht Arbeiter die Eisenbahnen, Brücken, Kraftwerke, Häuser, Schulen und Krankenhäuser, führen sie wirklich nicht die Züge, stellen das Brot her, fördern die Kohle und das Erdöl? Gerade sie schaffen doch durch ihre Arbeit alle materiellen Werte, ohne die eine wissenschaftliche Tätigkeit, die Kultur, ja – das Leben im allgemeinen nicht möglich ist. Gerade durch deren Arbeit, so wie das auch schon vor zweihundert Jahren war, wird heute die Bourgeoisie immer fetter, beutet rücksichtslos die Arbeiter aus und lebt auf deren Kosten. Und es ist völlig belanglos, ob der Arbeiter mit dem Besen die Fußwege in der Stadt ausfegt, oder ob er an einer modernen CNC-gesteuerten Werkbank steht, ob er mit der Straßenbahn oder mit seinem Auto fährt, ob er nach der Arbeit Fernsehen schaut oder sich mit Computerspielen belustigt. Seit jener Zeit, als Karl Marx das berühmte „Kapital“ schrieb, hat sich im wesentlichen nichts geändert. Der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit bleibt die Hauptgesetzmäßigkeit der kapitalistischen Entwicklung, ob die bürgerlichen Ökonomen das nun anerkennen oder nicht, ob es für ihre opportunistischen Lakaien von Bedeutung ist oder nicht. Und dieser Widerspruch kann nur im Klassenkampf gelöst werden, nur durch die Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse und nur durch die Errichtung der Diktatur des Proletariats. Die Diktatur des Proletariats erwähnen die Sjuganowleute nicht einmal mehr. Von Klassenkampf wird nicht gesprochen. Alle ihre Gedanken sind verbunden mit der parlamentarischen Tätigkeit. Der Gipfel des Kampfes sind ihre Reden auf den Podien der Duma, ihre Anmerkungen zu Korrekturen an den bürgerlichen Gesetzen, mit Hilfe deren die Fraktion von KPRF hofft, den russischen bürgerlichen Staat zu verbessern, ihn – wie jetzt Mode ist zu sagen – „sozial“ zu machen. Und an das Volk erinnern sie sich nur während der Wahlkampagne. Deshalb haben die Arbeiter mit den Sjuganowleuten auch keinen gemeinsamen Weg.

Auf, auf … zur Kirche!

Nicht zum Kampf ruft der oberste Kommunist Rußland die Arbeiter auf, sondern in die Kirche. Seine ganze Hoffnung setzt Sjuganow auf die Kirche: „Wir rechnen mit der Hilfe der Russischen Ostkirche … die wiederauflebende Kirche wird in unserer dunklen, zerrissenen Gesellschaft einer der Hauptbürgen der nationalen Einheit, dem Anwalt der Heiligtümer und der Traditionen des Volkes…“ „Wir werden auch weiterhin unbeirrt unseren Kurs einer größtmöglichen Zusammenarbeit zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und der gläubigen Welt fortsetzen“, sagt er. Nicht nur einmal beschuldigte er Lenin und die Bolschewiki der „Gottlosigkeit“ und der „Zerstörung der kirchlichen Heiligtümer“ … Im Atheismus sieht er den „Grund der Zerfalls der UdSSR und aller unserer jetzigen Übel“. Und heute unternimmt er nicht wenig, um die ihm unterstellte Partei vom Atheismus zu reinigen. Schon seit langem achtet die Parteispitze streng auf religiöse Rituale. Und sie rät den einfachen Mitgliedern der Partei, dies auch zu tun. Das Internet heutzutage geradezu gespickt mit antiatheistischer Propaganda. Man lese, was Sergej Obuchow, der Partei- und Fraktionskollege Sjuganows, schreibt: „Die Anwesenheit der religiösen Ethik in den Schulen ist erforderlich“. „Der Atheismus ist keine notwendige Komponente des Kommunismus.“ „Die Initiative der Abgeordneten von ‚Einheitliches Rußland’, die auf die Vorprüfung aller Gesetzesentwürfe durch die Russische Ostkirche gerichtet ist, soll von der Staatsduma gebilligt werden.“ Für die Sjuganowleute ist Patriarch Kyrill „ein nachahmenswertes Vorbild“.

Sjuganowleute – unter falschem Namen!

Wahre Kommunisten bezeichnet Sjuganow als „Trotzkisten“ oder „extremistische Bolschewisten“… Die Sjuganowtruppe ist eine widerwärtige Erscheinung – sie ist unverhüllter Antikommunismus. Das ist gefährlicher als die bürgerliche Ideologie. Gefährlicher deshalb, weil sie das öffentliche Bewußtsein geschickt manipuliert, weil sie raffiniert lügt, weil sie die politische Kurzsichtigkeit der Menschen ausnutzt, weil sie auf ihre Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit spekuliert und mit ihrer sozialistischen Phraseologie von der Wahrheit wegführt. Es wird nicht die kommunistische Idee, sondern die Religion als wesentlicher geistiger Wert vermittelt, die Menschen werden aufgefordert, mit der orthodoxen Religion alle ihre lebenswichtigen Hoffnungen zu verbinden. Sie werden dazu verführt, mit dem Lesen aufzuhören und auf mittelalterliche, mystische Weise zu denken. Schon vor mehr als zehn Jahren wurde allgemein über die KPRF gesagt: „Die Führer sind keine Kommunisten und die Partei ist nicht kommunistisch!“ – und das Volk wird auf keine Weise über die Rolle als Wählerschaft hinauskommen, solange alle ihre Hoffnungen mit der Sjuganowtruppe verbinden… Unglückliches Rußland!

Ljubow Pribytkowa

Irkutsk, am 22. Mai 2012
(Übersetzung: Max Schmidt)

Quelle: komunisten-online
Л.Прибыткова: Осторожно! Зюгановщина
http://newsland.com/news/detail/id/962400/

Siehe auch:
Ljubow Pribytkowa: Die Demontage

Johannes R.Becher: Dem unbekannten Genossen

unbekanntJohannes R. Becher

DEM UNBEKANNTEN GENOSSEN

Singe ein Lied
dem Unbekannten Genossen,
der seine Arbeit tut
wohin die Partei ihn gestellt hat…
(Er braucht zwar das Lied nicht,
denn er tut seine Arbeit auch so!)

Singe ein Lied
dem Unbekannten Genossen,
dessen Name nicht in den Büchern vermerkt ist,
die aber voll sind von seinen Taten…
Er schreibt seinen Namen nicht groß.
Er setzt seinen Namen nicht,
bescheiden wie er ist,
an die Seite der Großen.

Singe ein Lied
dem Unbekannten Genossen
und nimm seinen Namen und setz ihn
dorthin, wohin er gehört,
an die Seite der Großen!

Singe ein Lied
dem Unbekannten Genossen,
Der im Kampfe fiel für die Partei!
Es wird ihm kein Nachruf geschrieben.
Sein Bild erscheint nicht in der Zeitung.
Gehe darum hin, mein Lied, und verkünde:
Du habest ihn hier liegen gesehn…

Wenn ihr versammelt seid,
um zu feiern die Großen,
und es sprechen die Führer
Vergeßt nicht:
Singt dem Unbekannten Genossen
ein Lied!

Genossen!
Singt das Lied der Partei.
Singt ein Lied
dem Unbekannten Genossen!

(1928)

Quelle:
Die Zeit trägt einen roten Stern, Deutsche Schriftsteller berichten über Revolution und Klassenkampf, Aufbau-Verlag, Berlin, 1958, S.349f. (leicht gekürzt)

Eine kleine Nachlese zum 1.Mai 2012

MarxAm 5. Mai 1818 wurde Karl Marx geboren, der große Denker, Philosoph und Führer der internationalen Arbeiterbewegung. Er war der Begründer der kommunistischen Ideologie. Seine größte wissenschaftliche Leistung war die Entdeckung und Begründung der welthistorischen Mission des Proletariats.

Denkt nur ja nicht, daß das heute niemand mehr begreift !

Antiimperialistische Demonstrationen zum 1. Mai 2012 (Bilder aus aller Welt)
Chikago1Chikago2
Chicago (USA)
Grecce2Greece1
Athen (Griechenland)
Istanbul4Istanbul3
Istanbul (Türkei)
Beirut1Beirut2
Beirut (Libanon)
Kuba1Kuba1
Santiago (Kuba)
London1London2
London (Großbritannien)
Portugal1Portugal2
Lissabon (Portugal)
Ankara1Türkei3Türkei3Türkei1
Ankara (Türkei)
SpanienSpanien1
Madrid (Spanien)
Kiew1Kiew2
Kiew (Ukraine)
Warschau1Warschau2
Warschau (Polen)
NewYork1NewYork2
New York (USA)
Moskau1Moskau2
Moskau (Rußland)

Quelle:
http://nabanke.ru/kommunisty

Siehe auch:
Prognosen über die Zukunft der Gesellschaft

Ist Lynchjustiz ein berechtigtes Mittel?

Zugegeben, die Frage ist mehr als überflüssig, denn Lynchjustiz hat nichts mit Justiz zu tun, sehr wohl aber mit Mord, oft auch mit Auftragsmord. Man versteht darunter die grausame Mißhandlung oder Tötung eines Menschen wegen einer angeblichen Straftat durch eine aufgehetzte Menge. Charles Lynch galt im 18. Jahrhundert als ein barbarisch exekutierender Oberst und Richter. Die Liste der meist unschuldigen Opfer, der später vermutlich nach diesem Mann benannten US-amerikanischen Lynchjustiz ist lang. Sie alle starben eines grausamen Todes durch eine mordgierige und rachsüchtige Meute, einen gewalttätigen Mob aufgehetzter Menschen, die sich weder für Schuld noch für Recht interessierten, und die nur eines wollten: den Tod ihres Opfers.
KrankenschwesterSowjetische Partisaninnenbeloruss Partisanen
Von den Nazis gelynchte sowjetische Krankenschwester und Partisanen

So wurden im Januar 1919 durch konterrevolutionäre Militärs Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ermordet, ihre Leichen warf man in den Landwehrkanal. So ermordeten die Nazis hinterrücks den Genossen Ernst Thälmann. So verhielt sich die SS in den Konzentrationslagern und so handelten auch die Wehrmachtssoldaten in den besetzten Gebieten der Sowjetunion (das Wehrmachts-KZ in Osaritschi, die Ermordung von Soja Kosmodemjanskaja u.a.). Daß diese Art von „Hinrichtung“ auch heute noch zu den Traditionen des Militärs gehört, beweisen die immer wieder im Internet auftauchenden Fotos folternder und mordender US-amerikanischer Soldaten. Wer auch immer den Auftrag dazu gab, wer auch immer aufrief zum Mord – die Täter handelten nicht wie Menschen, nein, sie wüteten wie Bestien. Im Jahre 1965 gelang es den beiden DDR-Dokumentaristen Heynowski & Scheumann den berüchtigten „Kongo-Müller“ („Der lachende Mann“) vor die Kamera zu bringen, und zwei Jahre später berichteten sie über „Piloten im Pyjama“ – kaltblütige Killer, die nicht einen einzigen Gedanken daran verschwendeten, wen sie da töteten – Kinder, Frauen, Greise – es war für sie ohne Bedeutung (Massaker von My Lai).
So wurden die Genossen Gottwald, Bierut, Thorez und Togliatti ermordet. Und so wurde schließlich auch der Kommunist Prof. Iljuchin im Auftrag der Konterrevolution ermordet –
weil er zuviel wußte über die Fälschungen im Russischen Staatsarchiv, und weil er ein öffentliches Tribunal gegen heutigen russischen Machthaber Putin anstrebte.

Daß es 1990 in der DDR nicht auch zu solchen kriminellen Aktionen kam, mag ein Zufall gewesen sein, vielleicht aber auch die Besonnenheit der Verantwortlichen in der „Noch-DDR“. Und d i e spielten dabei keineswegs immer eine heldenhafte Rolle.
Im Fall von Erich Honecker konnte seine Ermordung wohl gerade noch verhindert werden. Trotz schwerster Krebserkrankung war Genosse Honecker aus seiner bisherigen Wohnung verwiesen worden. Nach diversen Zwischenstationen hatte das Ehepaar Honecker bei einer Pfarrersfamilie in Lobetal Asyl gefunden. Auch hier nahm der Druck zu, verstärkte sich die Verfolgung. Und es war vorgesehen, Margot und Erich Honecker bis zu einer Regelung im Gästehaus des Ministerrats in Lindow unterzubringen. Den Auftrag dazu hatte der damalige Vorsitzende des Ministerrats, Hans Modrow, erteilt. Hatte sich das ehemalige Politbüromitglied Modrow oder irgendein anderer leitender Funktionär persönlich um seine ehemaligen Genossen gekümmert? Nein – soweit ging die Liebe nicht. Man hätte es wohl auch achselzuckend zur Kenntnis genommen, wenn das geschaßte Staatsoberhaupt der DDR, der ehemalige Staatsratsvorsitzende und seine Ehefrau zu Schaden gekommen wären… Ein namentlich nicht genannter Genosse, der für die Sicherheit der Familie Honecker zuständig war, berichtete folgendes:

„Donnerstag, 29. März 1990. Mit den Frauen der Rechtsanwälte Prof.Vogel und Prof.Wolf fahre ich nach Lindow, um die Verlegung von Lobetal nach Lindow vorzubereiten. Anschließend informieren die beiden Frauen das Ehepaar Honecker. Sie sind mit der Verlegung und den räumlichen Gegebenheiten einverstanden. (…)

Freitag, 30.März 1990. Zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr trifft der Konvoi mit dem Ehepaar Honecker in Lindow ein. Im Gefolge 8 Personenschützer und Rechtsnwalt Wolf. Diese verabschieden sich nach ca. 1 Stunde und ich habe damit für alles weitere die alleinige Verantwortung. Schon gegen 20.00 Uhr versammeln sich Hunderte von Gegnern der Verlegung von Erich Honecker in das Gästeheim des Ministerrates in Lindow zu einer Demonstration. Sie fordern das sofortige »Verschwinden« Honeckers aus Lindow. Sie schreien lautstark, daß am nächsten Vormittag mehr als tausend Menschen demonstrieren werden. Dazu werde ein Lautsprecherwagen, der bis Neuruppin und Umgebung fährt, aufrufen. Die Demonstration an diesem Abend dauert bis ca. 22.00 Uhr.

Sonnabend, 31. März 1990. Morgens im Speisesaal des Gästeheims werde ich vom Ehepaar Honecker begrüßt. Es ist noch relativ ruhig. Gegen 9.00 Uhr versammeln sich vor dem Tor des Heims die ersten Demonstranten. Innerhalb einer weiteren Stunde sind es dann über 1000.

Sie sind mit Knüppeln und Brechstangen gekommen. Sie fordern immer lauter, daß der Verantwortliche zu ihnen in Menge kommen soll. Ich ging nach draußen und stand sofort mitten unter den Massen. Neben mir ein »Trabant«, auf dem Dach ein Lautsprecher und mir wird ein Mikrofon in die Hand gedrückt. Ich soll Rede und Antwort stehen. Die Menge bringt ihren Haß auf die Staatssicherheit zum Ausdruck und fordert im Kern die unverzügliche Ausweisung von Erich Honecker aus dem Gästeheim. Nach ca. 30 bis 40 Minuten ziehe ich mich unter dem Protest der Massen zurück, um mit Prof. Vogel zu sprechen. Ich schildere ihm die Situation im Detail und schlage vor, die Aktion abzubrechen. (…)

Da sich die Lage in dieser Zeit nicht entschärft, sondern im Gegenteil noch zuspitzt rufe ich wieder an. Er ist einverstanden, den Abtransport des Ehepaars einzuleiten. Er sagt zu, sofort mit dem Pfarrer in Lobetal zu sprechen, damit dieser das Ehepaar noch einmal für 1-2 Tage aufnimmt bis der neue Aufenthaltsort geklärt ist. Im Verlaufe des Vormittags muß ich am Telefon die verschiedensten Fragen von Medienvertretern beantworten, insbesondere von BBC.

Von dem Entschluß, das Gästeheim zu räumen, habe ich sofort das Ehepaar Honecker informiert. Margot darauf: »Na, wenn Du kommst, dann ist das nichts Gutes.« Erich Honecker ist sichtlich niedergeschlagen, er nimmt eine Tablette. Gleichzeitig informiere ich den derzeitigen Innenminister, Lothar Ahrendt, der den Offizier vom Dienst, einen General, beauftragt, den Konvoi zusammenzustellen. Das dauert mehrere Stunden, weil alle Betreffenden im Wochenendurlaub sind.

Gegen 16.00 Uhr kommt der Konvoi mit 4 PKW – einer für den Kommandanten, ein zweiter für Erich und Margot Honecker, der dritte und vierte für 8 Personenschützer. Den Kommandanten informiere ich über den Vorschlag zur Abfahrt des Konvois, den ich vorher mit den Beteiligten abgesprochen hatte. Danach wird der Konvoi von jeweils zwei Personen rechts und links der Fahrzeuge eskortiert. Die betreffenden vier Personen sind der Pfarrer, ein sogenannter Bürgerrechtler, der Bürgermeister und ein Gemeindevertreter von Lindow.

Der Pfarrer, der extra seinen Urlaub unterbrochen hatte, spielt insgesamt eine positive Rolle. Er läßt sich auf einen Disput mit den Massen ein, fragt lautstark: »Wollt ihr, daß ich Honeckers bei mir zu Hause aufnehme?« Klare Ablehnung! Er versucht den Protest einzudämmen, indem er sagt, daß das Ehepaar Honecker im Verlauf des Nachmittags das Gästeheim verlassen wird. In diesem Zusammenhang stellt er den Massen die Frage: »Wollt ihr, daß der Konvoi unter Polizeischutz die Menge durchquert oder bildet ihr eine Gasse?« Lautes Ja!

Als der Konvoi eintrifft, gehe ich zu Erich und Margot Honecker und sage ihnen, daß wir jetzt zum Auto gehen müssen. Ich gehe mit beiden zum Auto. Gegen 16.30 Uhr setzt sich der Konvoi in Bewegung. Er ist kaum am Anfang der Gasse, als Gewalttätige mit Stöcken und Brechstangen auf das Auto von Honecker einschlagen. Der Pfarrer und die anderen begleitenden Personen versuchen, in einem ausufernden Handgemenge die Angreifer zurückzudrängen. In Anbetracht des Ernstes dieser Situation beordern wir auf der Stelle Verkehrspolizisten zum Einsatz, die die Weiterfahrt absichern sollen. Ein Polizist, der zurückkommt sagt wörtlich: »Das sind keine Menschen, das sind Tiere!«

Ich verfolge alles von der Pförtnerloge aus und sehe, daß eine Gaswolke von den Fahrzeugen aufsteigt. Jetzt weiß ich, daß es geschafft ist und sie auf freier Straße sind.
Ich bin zu diesem Zeitpunkt in einer nicht zu beschreibenden körperlichen Verfassung…“

Quelle:
Freundeskreis Heinz Keßler (Hrsg.): Die Sache aufgeben, heißt sich selbst aufgeben, Festschrift für Heinz Keßler zum 90.Geburtstag, Verlag Wiljo Heinen Berlin, 2010, S.101-104.
(Die Bilder stammen aus sowjetischen Archiven)

Siehe auch:
Der politische Mord im Auftrag der Bourgeoisie
Ein sowjetischer General und der Massenmörder Müller

Leben in der DDR – Lebensweise und Familie

Oft wird die Frage gestellt: Was war eigentlich so anders im Leben der DDR-Bürger? Wie war der Alltag in der Familie? Und warum erinnern sich die meisten, die die DDR noch erlebt haben, trotz aller Probleme so gerne an dieses Land? Wie frei waren eigentlich die Bürger dieses Landes? Und – konnte man offen seine Meinung sagen?*

Es ist die Frage der neuen Lebensweise unter den Bedingungen des sozialistischen Aufbaus, der grundlegend anderen Beziehungen, die den Umgang der Menschen untereinander prägten. Natürlich gab es – wie überall, wo Menschen miteinander umgehen – auch Egoismus, Neid, Herzlosigkeit und andere menschliche Schwächen. Es gab Bevormundung und es gab Unterdrückung. Aber es gab eben auch unvergleichliche berufliche Entwicklungsmöglichkeiten für alle Kinder des Volkes. Es gab soziale Sicherheit und Geborgenheit, ein hervorragendes Bildungswesen und kostenlose medizinische Betreuung. Es gab den Schutz von Mutter und Kind, die Fürsorge im Alter. Und vor allem – es gab das Recht auf einen Arbeitsplatz. Arbeitslosigkeit war in der DDR ein Fremdwort.
Hier also nun etwas über die sozialistische Lebensweise:

Sozialistische Lebensweise und Familie

In der sozialistischen Gesellschaft entstehen neue Bedingungen für die Entwicklung der Persönlichkeit des Menschen, für die Gestaltung seines persönlichen Lebens und der Familie. „Die Ausprägung der sozialistischen Lebensweise bestimmt auch die Gestaltung von Ehe- und Familienbeziehungen, die sich auf Liebe und gegenseitige Achtung, Verständnis und gegenseitige Hilfe im Alltag und die gemeinsame Verantwortung für die Kinder gründen.“ [1]

Diese Orientierung bringt zum Ausdruck, daß die Familie in ihrem Inhalt und ihrer Funktion von den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen geprägt wird. Erst in der sozialistischen Gesellschaft befinden sich die Grundinteressen der Familie mit denen der Gesellschaft in Übereinstimmung. Sicherung des Friedens, umfassende soziale Sicherheit, das Glück der Menschen und die ständige Entfaltung ihrer Fähigkeiten und Talente sind grundlegende Ziele und Aufgaben der sozialistischen Gesellschaft, die zugleich der Entwicklung und Festigung der Familie voll entsprechen. „Die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik sind die feste Grundlage für die sozial gesicherte Existenz der Familie. Mit dem Aufbau des Sozialismus entstanden gesellschaftliche Bedingungen, die dazu führen, die Familienbeziehungen von den Entstellungen und Verzerrungen zu befreien, die durch die Ausbeutung des Menschen, die gesellschaftliche und rechtliche Herabsetzung der Frau, durch materielle Unsicherheit und andere Erscheinungen der bürgerlichen Gesellschaft bedingt waren.“ [2]
Soziale Fürsorge
Im Prozeß der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft sind die Familien maßgeblich an der Festigung des Bildungs- und Kulturniveaus der Familienangehörigen beteiligt; sie tragen große Verantwortung für eine gesunde Lebensführung, für eine sinnvolle Gestaltung der Freizeit. Von dem Milieu in der Familie gehen starke Impulse für die Persönlichkeitsentwicklung aus. Stabile Familien sind für die Verwirklichung sozialer Sicherheit und Geborgenheit unersetzbar, wie die soziale Sicherheit und Geborgenheit im Sozialismus eine wesentliche Grundlage dafür ist, daß sich die Familien dauerhaft und harmonisch entwickeln können. Welche prinzipielle Bedeutung soziale Sicherheit und Geborgenheit für die Entwicklung stabiler Familienbeziehungen besitzt, wird allein an solchen Tatsachen sichtbar, daß die Familie in der sozialistischen Gesellschaft weder den Druck der Arbeitslosigkeit, noch die Angst arbeitslos zu werden, noch Mietwucher, Inflation und die Sorge, für die Kinder eine gesicherte Berufsausbildung zu finden, kennt. Der Sozialismus hat im Verlaufe seiner geschichtlichen Entwicklung die Familienbeziehungen von diesen traditionellen Gebrechen der kapitalistischen Gesellschaft für immer befreit. Das bedeutet allerdings nicht, daß die Herausbildung und Festigung eines neuen Typs der Familie unkompliziert, konfliktlos oder reibungslos verläuft.

In der sozialistischen Gesellschaft ist die Familie eine auf der Gleichberechtigung von Mann und Frau beruhende Gemeinschaft. Diese Gleichberechtigung der Geschlechter beruht auf der Verwirklichung neuer sozialer Verhältnisse. Natürlich werden auch im Kapitalismus Hunderttausende Familien gegründet mit dem Ziel, die Beziehungen zwischen Mann und Frau nach hohen moralischen Werten zu gestalten, die Kinder zu anständigen Menschen zu erziehen. Dennoch trifft dieses subjektiv ehrliche Bemühen der Ehepartner immer wieder auf gesellschaftliche Schranken: auf das Privateigentum an den Produktionsmitteln und die darauf beruhenden Klassengegensätze, die die Familienbeziehungen mit sozialer Unsicherheit, Existenzangst vor dem morgigen Tag belasten; Standesvorurteile bewirken vielfach eine Erniedrigung der Ehefrau, und die Ehe wird zu einer „finanziellen Versorgungseinrichtung“. In der sozialistischen Gesellschaft verlieren Eigentums- und Standesinteressen, lebensfremde Tabus und überkommene Vorurteile nach und nach ihre Gültigkeit für die Gründung einer Ehe und Familie. Für die Ehe bleibt dann, wie Engels schrieb, „… kein andres Motiv mehr als die gegenseitige Zuneigung“ [3]. Die Liebe zwischen Mann und Frau kann so zum entscheidenden Motiv für die Gründung einer Ehe und Familie werden.
Hochzeit
Neue Familienbeziehungen entwickeln sich nicht unabhängig von den praktischen gesellschaftlichen Aufgaben. Berufstätigkeit und die berufliche Entwicklung, gesellschaftliche Arbeit und Qualifizierung, die Erziehung der Kinder zu hoher Allgemeinbildung und zu solchen täglichen Verhaltensweisen im Leben wie Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit und Achtung vor dem Alter stellen große Anforderungen an beide Ehepartner, an ihre gegenseitigen Beziehungen. Verantwortungsbewußte Erfüllung der Erziehungspflicht, das eigene Vorbild, die übereinstimmende Haltung der Eltern gegenüber den Kindern haben für ein harmonisches Familienleben, für die Erziehung der Kinder unersetzbare Bedeutung, Die Familie erfüllt mit der Erziehung der Kinder zu bewußten sozialistischen Staatsbürgern, mit der Herausbildung und Festigung solcher Familienbeziehungen, die die Verbundenheit zwischen sozialistischer Gesellschaft und Familie festigen, mit der Schaffung eines inhaltsreichen und kulturvollen Lebens in der Familie, das sich nachhaltig günstig auf die Haltung der Familienmitglieder in der Arbeit, im Lernprozeß, in der Gesellschaft überhaupt auswirkt, eine bedeutsame staatsbürgerliche Aufgabe und Verantwortung.

Allerdings vollziehen sich die Herausbildung und Festigung solcher Familien und Familienbeziehungen nicht losgelöst von den Problemen des Alltags. Gleichgültigkeit und Routine bei der Gestaltung des Familienlebens, überholte Anschauungen und Lebensgewohnheiten und auch oberflächliche Maßstäbe bei der Wahl des Ehepartners erschweren die Entwicklung harmonischer Familienbeziehungen oder führen dazu, daß Ehen geschieden werden müssen. Im Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik wird deshalb die Forderung erhoben, daß sich die künftigen Ehepartner ernsthaft prüfen, ob sie von ihrem Charakter, Interessen, ihrer Gesinnung sowie den gesamten Lebensumständen her die Voraussetzung haben, eine Ehe und Familie zu gründen. Die Verwirklichung dieser Forderung ist wesentlich davon abhängig, inwieweit vor allem junge Menschen ernsthaft prüfen, ob sie diesen Maßstäben in ihrem täglichen Leben auch entsprechen wollen. In der DDR stehen der Zahl der Eheschließungen eine Zahl von Scheidungen in Höhe von etwa 25 Prozent gegenüber (ca. 40.000). Das ist eine beachtliche Zahl, die widersprüchliche Entwicklungsprobleme widerspiegelt und eine verantwortungsvolle, differenzierte Wertung erfordert. Hier zeigen sich Probleme, die unmittelbar mit dem Zusammenleben der Ehepartner verbunden sind und die von ihnen nicht gemeinsam gelöst werden konnten. Das kann zu große Charakterunterschiede, illusionäre Erwartungen betreffen oder die Pflege und Erziehung der Kinder, das Berufsleben der Ehepartner und die sexuellen Beziehungen. Diese Zahl bringt aber auch zum Ausdruck, daß in der sozialistischen Gesellschaft weder die Frau noch der Mann aus Gründen überholter Vorurteile eine Ehe aufrechterhalten müssen, wenn Liebe, gegenseitige Achtung und Verständnis nicht mehr gegeben sind. Die soziale Sicherheit in der sozialistischen Gesellschaft verhindert weitgehend, daß Mann oder Frau eine sinnlos gewordene Ehe gewissermaßen für ihr ganzes Leben „erdulden“ müssen.

Diese und ähnliche Probleme verdeutlichen, daß der Bestand einer Ehe von vielen Bedingungen abhängig ist. Die bewußte Verwirklichung der Gleichberechtigung der Ehepartner, die gleichberechtigte Wahrnehmung der Pflichten für die Pflege und Erziehung der Kinder, für den Haushalt usw. sind entscheidende Voraussetzungen für stabile und harmonische Familienbeziehungen, für die Lösung von auftretenden Konflikten im Ehe- und Familienleben.

Die Entwicklung und Festigung neuer Familienbeziehungen ist ein historischer Prozeß, der an alle Familienmitglieder hohe Anforderungen stellt. Vielfältige Probleme sind zu losen, besonders dann, wenn Mann und Frau berufstätig sind. Viele Ehepartner erlernen neue Berufe, übernehmen höhere gesellschaftliche Verantwortung, verändern ihre soziale Stellung und sind mitunter aus beruflichen Gründen für längere Zeit nicht zu Hause. Gegenseitiges Verständnis, Taktgefühl sowie die Bereitschaft, solche Probleme auch im Interesse der Familie zu lösen, sind Eigenschaften, die zur Behebung von Konflikten beitragen bzw. sie verhindern. Die im Berufsleben, im Arbeitskollektiv gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen bei der Lösung von Widersprüchen sind dabei eine wertvolle Unterstützung, um die Beziehungen in der Familie zu festigen. Gleichzeitig gehen große Einflüsse vom Familienleben auf die Gesellschaft, auf das Verhalten der Familienmitglieder im Arbeitsprozeß, im Kinder- und Lernkollektiv oder in anderen Gemeinschaften aus.
Nationaleinkommen
Nationaleinkommen und Investitionen

Die sozialistische Gesellschaft hat durch die umfassende soziale Sicherheit und Geborgenheit solche Voraussetzungen geschaffen, daß ein inhaltsreiches und harmonisches Familienleben ermöglicht wird. Die soziale Sicherheit und Geborgenheit gibt auch der Ehe und Familie eine sichere Perspektive. Sie zu nutzen, liegt in der Verantwortung jedes einzelnen.

Zitate:
[1] Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, S.55.
[2] Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik mit wichtigen Nebengesetzen, Berlin 1970, S.19.
[3] F.Engels: Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats. In: Marx/Engels: Werke, Bd.21, S.82.

Quelle:
Autorenkollektiv, Wissenschaftlicher Kommunismus, VEB Verlag Deutscher Wissenschaften, Berlin 1985, S.410-413.

Lies auch:
Benjamin fragt: „Was denkst du über die DDR? Und was sagst Du zu Stalin?“
Gab es eigentlich einen Sozialismus in der DDR? (hier sind auch ein paar Bilder)
Kinderkrippen in der DDR
Ein kinderfreundliches Land
Die Sozialpolitik der DDR
Das Gesundheitswesen in der DDR
Die beruftätige Frau und Mutter in der DDR
Wohnungspolitik in der DDR
Die Familie in der DDR
Kurt Gossweiler: Über die DDR
Clara Zetkin: Über Frauenarbeit
Die DDR war ein Rechtsstaat.
Und wer Lust hat zum Weiterlesen: http://www.spurensicherung.org

*Ein kleiner Nachtrag zu den Fragen:
Ja, wir waren frei und wir konnten offen unsere Meinung sagen, auch im Staatsbürgerkunde-Unterricht, im Betrieb oder in der Kneipe. Niemand wurde dafür inhaftiert, weil er eine andere Meinung hatte. Auch wer andere Ansichten hatte, durfte bspw. studieren (wie die heutige Kandesbunzlerin). Wer allerdings offen oder versteckt gegen die DDR konspirierte, wer im Betrieb sabotierte, wer klaute oder betrog, der wurde auch in der DDR strafrechtlich verfolgt. Denn es war das Recht des Volkes, das Volkseigentum zu schützen und den Staat zu verteidigen. Auch in den Haftanstalten galten die Gesetze. Es gab keine Folter und keine Rechtsbeugung. Die Richter und Anwälte, Lehrer und Offiziere kamen meist aus der Arbeiterklasse. Allein durch die fleißige Arbeit der Werktätigen in der DDR und durch das wachsende Nationaleinkommen waren diese umfangreichen sozialpolitischen Maßnahmen möglich. (–> Kommentar „puschkin“)

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Und was waren denn nun die Fehler in der DDR?
Wenn Friedrich Wolff mit seinem Beitrag in ossietzky 11/2012 die „wahren Fehler“ der DDR zu erkennen vermeint, so ist ihm doch in einigen Punkten zu widersprechen. Nicht nur, daß er Erscheinungen für das Wesen nimmt („DDR-Politiker hielten nichts von Psychologie“), er fügt seinen Behauptungen auch noch weitere Unsinnigkeiten hinzu („Glaubwürdig war nur der Westen. Dort gab es Meinungsstreit.“) – Diese Art von „Argumentation“ ist wirklich ein bißchen billig. Ganz so einfach kann man es sich doch nicht machen…
Dazu schreibt E.Rasmus:
„Eine Antwort auf Friedrich Wolff“

Dolores Ibárruri – die legendäre spanische Freiheitskämpferin und Kommunistin

Pasionaria
Dolores Ibárruri (La Pasionaria) im Gespräch mit Soldaten

Alles Leid, das einer Proletarierfrau begegnen kann, erfuhr Dolores Ibárruri am eigenen Leibe. Lebendig erzählt sie in ihren Erinnerungen von den kargen Freuden der Jugend in der schmutzigen Bergarbeitersiedlung. Ihr sehnlichster Wunsch, einmal Lehrerin zu werden, blieb unerfüllt. Das trostlose, dumpfe Leben Tausender Bergarbeiterfrauen schien auch ihr Schicksal zu werden. Aber aus dem Schmerz um ihre Kinder, die sie eines nach dem anderen begraben mußte, und dem Leid das sie erfahren mußte, erwuchs in ihr die Empörung gegen das brutale und menschenverachtende Ausbeutersystem und der Wille diese schlechte Ordnung zu ändern. So fand sie den einzig möglichen Weg, den Weg zur revolutionären Arbeiterbewegung. Nach der Gründung der Kommunistischen Partei Spaniens wurde sie eines ihre aktivsten Mitglieder. Mit dem Sieg der Reaktion über die gerechte Sache des Volkes schließen die Erinnerungen, und doch erfüllt den Leser die Gewißheit, daß den toten Helden schon heute Rächer erstehen, daß die gerechte Sache siegen wird. Beispielhaft auch für die heutige Zeit beschreibt die legendäre spanische Kommunistin den harten und entbehrungsreichen Kampf des spanischen Proletariats gegen die internationale Monopolbourgeoisie. So auch die folgende Episode aus ihrem Leben:

Am 31. Oktober 1903 erreichten die Arbeiter nach mehreren Monaten des Kampfes, daß ihre Forderungen erfüllt wurden. Im Parlament legte der damalige Innenminister einen Gesetzentwurf vor, worin festgesetzt wurde, daß die Löhne den Arbeitern in barem Geld zu zahlen seien und daß man sie nicht nötigen dürfe, ihre Einkäufe in den Kantinen oder Läden der Grubenherren oder ihrer Verwalter vorzunehmen. Siegreich nahmen die Arbeiter ihre Arbeit wieder auf. Allerdings holten die Konflikte in den Gruben mit der Beendigung des Streiks noch nicht auf. Die Unternehmer verfolgten auch weiterhin eine für sie sprichwörtliche heimtückische Taktik: sie gaben nach, wenn ihnen nichts anderes übrigblieb, um wieder zum Angriff gegen die Arbeiter überzugehen, sobald sich ihnen dazu die Gelegenheit bot; dabei wälzten sie auf deren Schultern immer die Folgen der periodischen Krisen oder des Exportrückganges ab.

BERGARBEITERKINDER

In diesem Gebiet des Baskenlandes, der Geburtsstätte aufsässiger Menschen, täglicher Kämpfe, schändlicher Reaktion, von Fanatismus und mittelalterlichem Aberglauben, in diesem steilen und abschüssigen „Berg“ mit den Reichtümern in seinem Innern, in diesem von Stollen und Schluchten zerrissenen, von Halden und Schutthaufen verunstalteten Grubenbecken, das sich, nach Norden gewendet, mit der Stirn zum Kantabrischen Meer hin erhebt, dort lebten und litten meine Eltern. Dort wurde ich an einem Dezembertag des Jahres 1895 als Nummer acht der elf Kinder geboren, die die Nachkommenschaft von Antonio dem Luntenmann – so nannte man meinen Vater wegen seiner Spezialaufgabe in der Grube – bildeten. Alle meine Verwandten, Kastilier und Basken, waren Bergarbeiter. Mein Großvater mütterlicherseits starb, von einem Erzblock zerschmettert, in der Grube. Meine Mutter arbeitete bis zu ihrer Heirat in der Grube, und mein Vater von seinem achtzehnten Lebensjahr ab, nachdem er bei Ende des letzten Bürgerkrieges aus dem karlistischen Heer ausgeschieden war, bis er mit 67 Jahren starb. Bergleute waren meine Brüder, und Bergmann war auch mein Mann.

Ich stamme also aus einer echten Bergarbeiterfamilie. Enkelin, Tochter, Ehefrau und Schwester von Kumpeln. Und nichts vom Leben der Grubenleute ist mir fremd. Weder ihre Leiden noch ihre Sorgen, ihre Art zu reden nicht und auch nicht ihre rauhe Treuherzigkeit. Schwer war die Arbeit der Grubenmänner, wenn sie noch im Vollbesitz ihrer Kräfte waren. Unerträglich und unmenschlich wurde sie, wenn sie alt geworden waren. Und nicht so sehr, weil es ihnen an Energie gefehlt hätte, als vielmehr wegen der Arbeiten, die sie dann verrichten mußten, sofern sie das Glück hatten, daß man sie nicht aus der Grube hinauswarf.

Ich habe nichts vergessen. Und unter den schmerzlichen Erinnerungen an eine traurige Kindheit und eine illusionslose Jugend lebt vor allem die an meinen altgewordenen Vater, wie er in der Grube „Justa“ beim Reinigen und Sammeln des durch die Regengüsse von den Halden oder vom Wasser der Erzwäscher mitgerissenen Abraums arbeitete. Zusammen mit einem kleinen Trupp von ebenso alten Kumpeln, wie er selbst es war, hatte man ihn in einen schlammigen Bach gesteckt. Und da wateten sie in dem morastigen Wasser herum, die Hosen bis über die Knie aufgekrempelt, und warfen schaufelweise den mit kleinen Erzbrocken vermengten Lehm auf die Siebe. Stiegen sie dann endlich aus dem Wasser heraus, so konnten sie sich kaum mehr ihr Schuhzeug anziehen. Leichenblaß waren sie, zitternd vor Kälte, zu Tode erschöpft. Und konnten doch nicht auf diese mühevolle Arbeit verzichten. Sie waren nun alt geworden, und da gab es für sie keinen annehmbaren Ausweg. Oder aber jenen scheußlichen, unmenschlichen, demütigenden – zum Bettelstab zu greifen. Und das Betteln, das war das Grauen, die Erniedrigung, die Entwürdigung des Menschentums. Ein Stück Brot wie einem Hund hingeworfen. Zwei Centimes oder ein „Möge Gott dir helfen“. Eine Last für die Familie. Eine schmerzliche Verpflichtung für die Kinder und eine neue soziale Einstufung: „Bettelarm“. Besser als das war der Tod. Aber ein Tod in Würde, indem man arbeitete, bis es eines Tages Schluß war.

So lebten unsere Eltern, so war unser Leben. Wie in einer tiefen Grube ohne Horizont und Aussichten, wohin nie ein Sonnenstrahl drang. Und nur manchmal erhellte sie sich in tragischer Weise durch den blutigen Widerschein des Kampfes, der zu Gewalttaten aufflackerte, wenn die brutale Behandlung die Grenzen des menschlich Erträglichen erreichte. Wie eine bittere Hefe reicherte sich in meinem jungen Gemüt ein Gefühl verzweifelter, triebhafter Wut gegen alles und gegen alle an (bei mir zu Hause galt ich als unbezähmbar), ein Gefühl der Rebellion, aus dem dann später Bewußtheit wurde. Doch die Wandlung von einer einfachen Frau aus dem Volk zur kämpfenden Revolutionärin, zur Kommunistin, vollzog sich nicht in so unkomplizierter Weise und als natürliche Reaktion gegenüber der menschenunwürdigen Lebens Situation der Bergarbeiterfamilien; es bedurfte dafür vielmehr eines Entwicklungsprozesses, in dem der Einfluß der religiösen Erziehung, die ich in der Schule, in der Kirche und zu Hause erhielt, als Bremse, als negative Kraft wirkte.

Quelle:
Dolores Ibárruri, Der einzige Weg, Dietz Verlag Berlin (DDR), 1964, S.58-60

Siehe auch:
Die opportunistische Wandlung der Spanischen Kommunistischen Partei

Eine leichte Nachdenklichkeit…

Man muß nicht annehmen, daß die Menschen alle mit den heutigen Zuständen zufrieden sind. Ganz im Gegenteil. Wer ist als IT-Spezialist zum Beispiel schon gerne die ganze Woche von seiner Familie getrennt, weil er als Pendler ständig zwischen Wiesbaden und Nordhausen hin- und herfahren muß, weil es für ihn in Nordhausen keine Arbeit gibt (nebenbei: jeder 6.Thüringer ist Pendler). Oder wer verläßt als Zimmermann schon gerne seine Heimat in der Lausitz, lernt Norwegisch, um dann in Norwegen eine Arbeit zu finden. Oder welcher deutsche Arzt würde nicht auch gerne in seiner Heimat für seine Arbeit das doppelte Gehalt bekommen und zudem von allen bürokratischen Verpflichtungen gegenüber Dutzender Krankenkassen befreit sein. Wer könnte sich vorstellen, in der Landwirtschaft bei Torgau oder bei Münster (z.B. zum Spargelstechen) für einen Stundenlohn von nur zwei Euro zu arbeiten? Und wer würde nicht auch lieber arbeiten, anstatt von Almosen abhängig zu sein, und sich bei jedem neuen Antrag auf Weiterbewilligung für Sozialhilfe erneut demütigen zu lassen. Die oft auf angebliche 10% heruntergerechnete Arbeitslosigkeit (welche lügenhafte Statistik!) und der ständige Druck durch die Ausbeutung sind ein strukturelles Übel der heutigen kapitalistischen Gesellschaft (keineswegs nur ein »Konstruktionsfehler« – denn d e n könnte man ja beheben!)

Und damit nun diese Themen den Menschen nicht allzu schmerzlich bewußt werden, lenken die bürgerlichen Massenmedien ab von der Wirklichkeit, und sie berichten von den Problemen Übergewichtiger, von den rückständigeren Ländern, von irgendwelchen sportlichen Ereignissen, Volksfesten, oder zeigen nette und belanglose Filme über unsere schöne deutsche Heimat. Aber es gibt auch eine neue Nachdenklichkeit, wie der folgende Ausschnitt aus einer Zeitschrift des Mittelstandes zeigt:
Ausschnitt1Das sind natürlich zunächst nur Kleinigkeiten, doch dann folgt die Erklärung:

Ausschnitt2
Sic ! (anklicken zum Vergrößern!)

Siehe auch:
Quo vadis – Wohin geht die Gesellschaft?
Historische Parallelen?

Blutsonntag vor Amtseinführung Putins am 6.Mai 2012

Am Tage vor der Amtseinführung von Putin wütete seine Schlägertruppe in Moskau. Mit ihren Gummiknüppeln verprügelten die OMON-Truppen alles was ihnen vor’s Visier kam. Vor allem hatten sie es auf junge Menschen und Mädchen abgesehen. Sie jagten die Menschen über den Platz und droschen brutal auf alles ein, was sich bewegte. Und mit ihren Polizeistiefeln traten sie rücksichtslos auch auf die am Boden liegenden Menschen ein. Es gab zahlreiche Verletzte.
Moskau6Moskau3Moskau1Moskau4Moskau5Moskau2
Augenzeugenbericht (unbedingt lesen!):
–>kommunisten-online: Der Sumpf riecht nach Blut

(Dabei ist auch wichtig zu wissen, wer organisiert die Proteste und von wem gehen Provokationen aus? Wie ist das also mit der Meinungsfreiheit?)

siehe auch hier:
Was sind eigentlich Menschenrechte?
Ist Rußland ein okkupiertes Land?
Der politische Mord im Auftrag der Bourgeoisie
onlinenews.ge meldet: Putin is World’s Richest Man ($130 billion)